Nur wenige Tage, bevor der Bau der Rennstrecke von Degerloch nach Stuttgart-Süd beginnen sollte, wurde er schon wieder abgesagt. Offenbar brüten Spechte in dem Gebiet. Die Sportler sind sauer, weil sie schon seit Jahren für ihre Abfahrt kämpfen.

Stuttgart - Die seit Langem geplante Strecke für Downhillfahrer scheint sich zu einer unendlichen Geschichte zu entwickeln. Vergangene Woche, drei Tage vor dem geplanten Baubeginn, hat das Amt für Umweltschutz den Bau gestoppt. Die Begründung: Fachleute gehen davon aus, dass im direkten Baubereich seltene Vogelarten wie Mittelspecht, Grauspecht und Schwarzspecht brüten. Durch den Einsatz der Baumaschinen könnten die Tiere bei der Brut gefährdet werden. Das wäre ein Verstoß gegen das Artenschutzrecht.

 

Die Geschichte geht deshalb mal wieder in die Verlängerung. Bereits vor zehn Jahren haben Mountainbiker angeregt, eine offizielle Bergabstrecke von Degerloch in den Süden beim Eiernest auszuweisen. Wegen seiner Topografie ist Stuttgart beliebt bei Downhillern, und auch dem damaligen Oberbürgermeister Wolfgang Schuster leuchtete ein, dass es besser wäre, eine legale Strecke zu planen, als zu riskieren, dass sich die Sportler an vielen verschiedenen Stellen durch den Wald hinunterstürzen. Auch die Sportbürgermeisterin Susanne Eisenmann (CDU) setzte sich für die Strecke ein. Umso größer ist nun die Frustration bei den Fahrern.

Um seinen Unmut darüber zu bekunden, hat der Stadtrat Ralph Schertlen (Die Stadtisten) am Samstag zu einer Begehung der geplanten Strecke eingeladen. Rund sechzig Personen sind gekommen, davon etwa 40 mit schweren Downhillrädern und Schutzkleidung. Die Lust aufs Fahren ist manchen fast vergangen. Schertlen, der sich als gemäßigten Mountainbikefahrer beschreibt, sagte: „Wir wollen jetzt endlich mal Fakten bekommen und wissen, wie es weitergeht.“ Man könne doch wenigstens mit Arbeiten beginnen, die wenig Lärm verursachen würden, so Schertlen.

„Falsches Signal an die Biker“

Jannick Henzler, der sich seit vier Jahren in der Arbeitsgemeinschaft Downhill engagiert, ist noch deutlicher geworden: „Ich bin stinksauer. Mit dem Naturschutzbund war klar vereinbart, dass es durch die Strecke eine Kanalisierung gibt und dass wir dadurch aus dem Rest des Waldes rausgehen.“ Das würde der Natur eher helfen. Hendrik Ockenga von der Deutschen Initiative Mountainbike (DIMB) stört besonders die Art der Kommunikation. „Dieser Stopp wurde lieblos angesetzt. Das ist ein falsches Signal an Biker, die sich seit Jahren um die Legalisierung der Strecke kümmern. Es ist aber auch ein falsches Signal an die Natur, denn es geht auch darum, andere Gebiete zu entlasten.“

Es heißt, dass erst im Spätsommer begonnen werden kann, wenn die Brut und die Aufzucht beendet worden sind. Die Sportler befürchten, dass sich der Baubeginn in den Herbst ziehen könnte. Und das könnte wieder zu einer Verzögerung führen. Zeitweise waren die Bauarbeiten für den Herbst 2014 anberaumt, doch dann wurden sie auf den Frühling 2015 verschoben. Mit der Begründung, dass die Baumaschinen bei schlechtem Wetter im Matsch stecken bleiben könnten. Schon damals hat Susanne Eisenmann im Sportausschuss gesagt: „Ich habe keine Lust mehr, mich mit diesem Thema zu blamieren.“ Die Einweihung war fest für diesen Mai geplant.

Dass es ausgerechnet ökologische Gründe sind, die gegen den Baubeginn sprechen, lässt Jannick Henzler den Kopf schütteln: „Es wird dafür kein einziger Baum gefällt. Nur morsche Äste wurden entfernt, die auf die Strecke hätten krachen können.“

Für Fußgänger würde eine Brücke gebaut werden

Die Arbeiten würden sechs Wochen dauern und sich darauf beschränken, Hindernisse und Extras wie Schanzen und Steilwände einzubauen. Zudem würde eine Brücke gebaut werden, dass sich Fußgänger und Radfahrer nicht in die Quere kommen. Der Bau der Strecke soll rund 160 000 Euro kosten. Sie ist 1020 Meter lang, überwindet 120 Höhenmeter, hat ein durchschnittliches Gefälle von zwölf Prozent und liegt in einem Landschaftsschutzgebiet. Eine Talfahrt würde etwa zweieinhalb Minuten dauern – doch unklar ist, wie viele Monate noch vergehen, bis es so weit ist.