Am 18. Januar beginnt die Vesperkirche, die bedürftigen Menschen sieben Wochen lang einen festen Zufluchtsort bietet. Neben den Mahlzeiten gibt es medizinische Hilfe und Kultur.

Stuttgart - Die Vesperkirche hebt die Not der Menschen nicht auf, aber sie gibt ihnen sieben Wochen lang das Gefühl, willkommen zu sein.“ Mit diesen Worten stellte der evangelische Stadtdekan Søren Schwesig am Mittwoch die Planungen für die 21. Vesperkirche vor. Vom 18. Januar bis zum 7. März bekommen bedürftige Menschen in der Leonhardskirche wieder ein warmes Mittagessen für 1,20 Euro. Fester Bestandteil der Vesperkirche sind außerdem die sonntäglichen Konzerte. Die Künstler verzichten auf ihre Gage, der Eintritt ist frei, für Bedürftige genauso wie für Besserverdiener.

 

Aus Sicht der Diakoniepfarrerin Karin Ott hat sich die Situation der Menschen nach zehn Jahren mit Hartz IV deutlich verschlechtert. „Ich habe immer häufiger mit Familien zu tun, bei denen sich in den vergangenen Jahren durch Hartz IV ein gewaltiger Renovierungsstau in der Wohnung angesammelt hat.“ Veraltete Küchengeräte, durchgelegene Matratzen, kaputte Kühlschränke würden den Alltag schwierig machen. „Der Geldbeutel der Menschen ist leer, sie können diese zusätzlichen Ausgaben nicht stemmen“, sagte Ott. Umso wichtiger sei es, dass Erwerbslose, Menschen in prekären Arbeitsverhältnissen, Rentner mit Grundsicherung und arme Familien in die Vesperkirche kommen könnten: „Dort findet eine Begegnung auf Augenhöhe statt“, so Ott.

Essen und medizinsche Versorgung in der Vesperkirche

In der Vesperkirche wird nicht nur Essen serviert, den Besuchern wird auch eine medizinische Versorgung geboten. Sieben Ärzte und eine Zahnärztin halten zu bestimmten Zeiten Sprechstunden in der Kirche ab. Zweimal in der Woche wird zudem Tierfutter ausgegeben für die Bedürftigen, die ein Tier mitversorgen. Finanziert wird die Vesperkirche ausschließlich aus Spenden. Auch diesmal werden rund 260 000 Euro notwendig sein, um das Angebot zu tragen. „Noch haben wir die Summe nicht zusammen“, sagte Ott.

Ganz anders sieht es bei den Ehrenamtlichen aus, dort kann die Organisatorin Karin Ott auf einen festen Stamm zählen. Schon haben sich 730 Menschen gemeldet, die mithelfen wollen, das sind weniger als in den Vorjahren, aber immer noch genug. „Wir sind fast froh über den Rückgang, weil wir in den vergangenen Jahren Schwierigkeiten hatten, alle einzusetzen, und wir niemanden abweisen wollen“, so Ott.

Der evangelische Kirchentag in Stuttgart im nächsten Juni wirft bereits seine Schatten voraus. „Wir wollen allen Menschen, die am Kirchentag teilnehmen wollen, dies auch ermöglichen“, sagte Diakoniepfarrerin Ott. Während der Vesperkirche sollen bedürftige Menschen, die Interesse am Kirchentag bekunden, mit Eintrittskarten versorgt werden und auch als Mitwirkende für einzelne Veranstaltungen gewonnen werden. „Gesellschaftliche Teilhabe ist wichtig, wir wollen niemanden ausschließen“, so Ott.