Die Wochen, in denen die Vesperkirche geöffnet ist, bedeutet für die Großküche des Rudolf-Sophien-Stifts noch mehr Stress als gewöhnlich. Denn dort entstehen dann statt 700 jeden Tag 1300 Essen – eine logistische Herausforderung.

Stuttgart - Die sieben Wochen, in denen im Innenraum der Leonhardskirche die Tische, Stühle und Theken aufgestellt werden und mehr als 600 Besucher täglich Essen und Trinken bekommen, sind für Bernd Fischer besonders stressig. Er ist der Leiter der Küche im Rudolf-Sophien-Stift und Herr über 700 Mittagessen täglich – normalerweise. „Zur Zeit der Vesperkirche herrscht Ausnahmezustand“, berichtet er und ergänzt: „Da werden fast doppelt so viele Essen benötigt wie die restlichen Wochen im Jahr.“

 

Von seinem Schreibtisch aus kann er durch eine Glasfront direkt in die Großküche blicken, hinter ihm hängt eine große Pinnwand voller Essenspläne für die kommenden Wochen: Altersheime, Kindergärten und eine Ecke nur für die Vesperkirche. Es ist vor allen Dingen ein logistischer Aufwand, die rund 1300 Essen täglich zu kochen, sagt Fischer: „Unsere Küche ist ja eigentlich gar nicht auf diese Menge ausgelegt, da müssen wir dann schon schauen, dass wir mit den Utensilien auskommen.“ Soße beispielsweise wird in der Zeit der Vesperkirche eher selten gekocht, denn: „Dazu bräuchten wir dann ja einen extra Topf, der dann für die Zubereitung der anderen Speisen fehlen würde.“ Fischers Lösung für das Problem: Gemüse in Rahmsoße. „Das kann man in einem Gefäß zubereiten und wir haben zwei Essenskomponenten in einem.“

Nudeln werden zwei Tage früher vorgekocht und dann gefroren

Um die große Anzahl der Speisen zu stemmen, beginnt das Team in der Küche bereits zwei Tage vor dem eigentlichen Termin mit der Zubereitung des Essens. Die Nudeln, die der Koch Florian Ebner an diesem Tag in der Großküche für die Vesperkirche vorbereitet, sind schon vorgekocht. Zwei Minuten hält er sie jetzt nur noch in kochendes Wasser und füllt sie anschließend in die Thermoboxen. Regeneration wird dieses Verfahren in den Großküchen genannt, erklärt Fischer: „Wir kochen die Nudeln, anschließend kommen sie in die Schockkühlung. Dort werden sie zwei Tage später rausgeholt und erwärmt.“

Für den sicheren Transport des Essens vom Stift runter in die Stadt ist Helmut zuständig. Mehrmals am Tag belädt der ehemalige Besucher der Vesperkirche und jetziges Mitglied des ehrenamtlichen Putzteams den kleinen Transporter – die erste Lieferung des frisch gebrühten Kaffees und Tees startet um 7.30 Uhr, die letzte des Tages dann acht Stunden später. Nicht nur die 600 Essensportionen müssen in die Stadt, auch die Behälter mit den warmen Getränken für die Besucher der Vesperkirche und die frisch gespülten Tassen fährt Helmut quer durch die Stadt. „Stressig ist eigentlich nur die erste Tour“, sagt er, denn: „Da ist der Berufsverkehr im vollen Gange und meistens Stau im Tunnel.“ Die eine Stunde, die er Zeit für die komplette Tour hat – Einladen, Hinfahrt, Ausladen, Rückfahrt – kann dann schon mal knapp werden. „Bisher hat es aber immer irgendwie geklappt“, sagt Helmut gelassen.

Ein Ausfall würde den strikten Zeitplan durcheinander bringen

Das sagt auch Küchenleiter Fischer, obwohl „es zwischen 10 und 11 Uhr schon ganz schön hektisch sein kann“. Denn zu der Zeit wird das Essen sowohl zur Vesperkirsche als auch zu den anderen Einrichtungen gleichzeitig zunächst regeneriert und anschließend ausgefahren. Alle Töpfe in der Großküche sind zu der Zeit in Benutzung, er herrscht geordnete Hektik. Den rauen Ton, den man es aus Sterne-Küchen kennt, gibt es hier nicht. Das hat einen ganz einfachen Grund, sagt Fischer: „Wir haben einen genauen Plan, jeder weiß, was wann zu tun ist.“ Sollte mal ein Gerät ausfallen, würde das den strikten Zeitplan zwar durcheinander bringen, aber: „Das ist noch nie passiert.“ Bis 15 Uhr sind ohne Zwischenfälle alle Essen ausgeliefert, das Geschirr gewaschen und die Mahlzeiten für den nächsten Tag vorbereitet.