Sebastian Vettel hat im vergangenen Jahr die Formel 1 dominiert. Dass es in dieser Saison anders läuft, damit hat der Hesse so eine Probleme.

Sport: Dominik Ignée (doi)

Stuttgart - In Monaco ist die Anspannung im Hause Vettel spürbar. Vater Norbert beantwortet nach dem ersten Training die Frage eines Red-Bull-Mitarbeiters nach dem allgemeinen Befinden mit einem Achselzucken. Keiner weiß in dieser Saison, wer am Sonntag um 16 Uhr als Sieger feststeht, dabei sind Prognosen im vergangenen Jahr doch so einfach abzugeben gewesen: im Zweifel Sebastian Vettel.

 

Wie der Vater, so der Sohn – auch der Junior kann mit der neuen Situation noch nicht richtig umgehen. Den Nimbus des Unbesiegbaren ist er los. Seine Körpersprache drückt aus, dass für den Sonnenschein aus Heppenheim eher wolkige Zeiten angebrochen sind – obwohl er als Wertungszweiter natürlich noch ganz dick im WM-Rennen ist. Trotzdem ist Vettel angespannter denn je. Seine Interviewrunden werden kurz gehalten, sind erstaunlich unergiebig, und wenn er witzig sein will, wirkt es verkrampft. Die Pointen sitzen nicht mehr so wie früher. Angesprochen auf die Löcher am Unterboden seines Red-Bull-Autos, über die sich die Branche im Zuge unlauteren Wettbewerbs mächtig ärgert, lässt der Doppelweltmeister den Fragesteller im Nirgendwo zurück mit der Antwort: „In Monaco gibt es viele Löcher.“

Gut für die Zuschauer, schlecht für den Heppenheimer

Am Sonntag geht es auf dem Circuit de Gilles Villeneuve in Montreal in die nächste Runde. Die Experten erwarten möglicherweise den siebten Sieger im siebten Rennen, diesmal führen sie den McLaren-Mann Lewis Hamilton oben auf dem Tippzettel, er ist der einzige hochdekorierte Pilot, der als Saisonsieger noch nicht dran war. Vettel-Erfolge sind keine Selbstläufer mehr, in Monaco wurde er Vierter, immerhin. Er macht aus der Not eine Tugend, konzentriert sich auf das Hamstern von Punkten, in der Hoffnung wie einst nur Michael Schumacher und Juan Manuel Fangio dreimal nacheinander Weltmeister zu werden. „Für die Zuschauer ist die Abwechslung auf dem Podest gut, aber für uns ist es schwierig vorherzusehen, was passiert“, sagt der 24 Jahre alte Doppelchampion aus Südhessen. Punkte sammeln, wieder und wieder, nur darum gehe es in diesem Jahr. „Das ist für mich entscheidend.“

Zur neuen Spannung in der Formel 1 gesellt sich für den Deutschen der Umstand, dass die Konkurrenz das Red-Bull-Auto mächtig ins Visier nimmt. Mit den Löchern im Unterboden glaubte die britisch-österreichische Fahrgemeinschaft, ein Schlupfloch im Regelwerk ausgemacht zu haben – doch kurzerhand hat der Weltverband Fia Red Bull verboten, auch in Montreal mit löchrigem Unterboden anzutreten, denn dadurch werden aerodynamische Vorteile vermutet. „Ich glaube, es ist normal, dass die Teams untereinander immer ein bisschen zu feilschen versuchen“, spielt Vettel die angebliche Schummeltour herunter. Er und sein Teamkollege Mark Webber haben Glück, dass es die Strafverfolger der Fia beim Verbot für die Zukunft belassen und ihnen nicht auch noch die bisher eingefahrenen WM-Zähler zusammenstreichen.

Der Kampf gegen Mark Webber geht weiter

Webber ist im Übrigen auch so ein Problem für Vettel, der Monaco-Sieg bringt den Australier zurück ins Spiel. Die Frage nach der Nummer eins im Team wird also erst über die künftigen Resultate geregelt. Ein harter Zweikampf in der eigenen Firma, und dann ist da auch noch der Mehrkampf gegen gestandene Weltmeister und Überraschungssieger wie den Venezolaner Pastor Maldonado, die aufgrund der Reifenlotterie allesamt zu Sieganwärtern werden – die Saison hat es für Vettel in sich wie keine zuvor. Das zum Teil etwas patzig anmutende Auftreten des Deutschen zeigt, wie sehr er sich unter Druck setzt und wie ehrgeizig er tatsächlich ist. Immer schon. Nur früher, im Erfolgsfall, da ließ es sich hinter seinem Lausbubenlächeln verbergen.

Als die britische Presse ihm jüngst einen Vorvertrag bei Ferrari andichten wollte, dementierte Sebastian Vettel umgehend eine Liebelei mit den Italienern und erzürnte sich über den Berichterstatter. „Da hatte wohl jemand einen freien Platz in seiner Zeitung“, sprach er ernsten Blickes – so klingen die gewöhnungsbedürftigen, neuen Töne aus Heppenheim.