In Spanien hat sich gezeigt, dass es 2017 zwischen Sebastian Vettel und Lewis Hamilton heiß hergehen könnte. Ist es mit dem Frieden bald vorbei?

Sport: Dominik Ignée (doi)

Barcelona - Die Art und Weise, wie Lewis Hamilton und Sebastian Vettel nach dem Spanien-Grand-Prix miteinander umgegangen sind, war ungewöhnlich. Es wurden fast nur nette Worte über den anderen verloren, da ging es richtig kuschelig zu. Das wird sich im Verlauf der Saison vermutlich ändern. Der zweitplatzierte Deutsche ärgerte sich zwar über den faulen Trick, mit dem ihn Mercedes hinter Valtteri Bottas einbremste – doch das WM-Jahr ist jung. Und der Ferrari-Mann Vettel führt ja noch mit sechs Punkten vor dem Spanien-Sieger Hamilton, der nach seinem Erfolg in einem packenden Rennen ganz aufgewühlt war: „Wow, ich spreche so lange wie du normalerweise, wenn du gewinnst“, sagt der sonst eher coole Pilot.

 

Noch werden Nettigkeien ausgetauscht

Vettel ging derweil auch nicht an die Decke, sondern zollte dem Engländer Respekt dafür, „den besseren Job gemacht und fair gewonnen“ zu haben. Auch der Brite, was Wunder, streute nach seinem Erfolg plötzlich Rosen. „Sebastian ist so fantastisch gefahren – es ist ein Privileg, gegen so einen Fahrer anzutreten“, säuselte er, so dass sich mancher den unterhaltsamen „Krieg der Sterne“ zwischen Lewis Hamilton und Nico Rosberg zurückwünschte – da flogen wenigstens die Fetzen.

Es lief ja im Prinzip auch prächtig für beide: Platz eins und zwei, dazu noch die Ausfälle der wenig aufmüpfigen Stallrivalen Valtteri Bottas und Kimi Räikkönen – nach dem Großen Preis von Spanien steht beinahe fest, wer 2017 die Hauptdarsteller im Kampf um die Krone sind: Hamilton und Vettel, sonst keiner, sie spürten es. Sie durften sich in Barcelona einordnen als die künftig dominierenden Figuren – fünf Rennen brauchte es, um sie zu finden.

Hinter den ähnlich positiven Befindlichkeiten stecken unterschiedliche Geschichten. Sebastian Vettel ist froh über die Erkenntnis, dass sein Ferrari nach drei Jahren des bitteren Hinterherfahrens dem Mercedes-Renner endlich wieder ebenbürtig ist. Und Lewis Hamilton kämpft viel lieber gegen ein anderes Fabrikat mit einem frischen Mann am Steuer, ging ihm doch der teaminterne Ärger mit dem selbstbewussten Herr Rosberg auf die Nerven. Jetzt ist Vettel da. Ihn empfängt der Engländer mit offenen Armen.

Die Situation ist neu. Doch sei auch einmal daran erinnert, dass Hamilton nun das hohe Lied auf seinen WM-Rivalen singt, obwohl er dessen Titel-Serie bei Red Bull nicht nur einmal auf den dominanten Rennwagen des Brauseherstellers zurückführte – und nicht auf die Fähigkeiten des Piloten. Oft erhärtete sich der Eindruck, Hamilton halte Vettel sportlich eher für ein Leichtgewicht, und wenn er mal von einem echten Gegner auf Augenhöhe sprach, fiel der Name Fernando Alonso.

Plötzlich ist alles wunderbar

Doch plötzlich ist alles wunderbar. „Ich hoffe, dass das Duell so bleibt, das ist Motorsport, wie er sein soll“, sagte der Mercedes-Teamchef Toto Wolff nach einem der aufregendsten Rennen, das es am Circuit de Catalunya jemals gab. Als Hamilton in der 44. Runde unfassbar zügig an Vettel vorbeibrauste, schlug Wolff im Beisein des Daimler-Konzernchefs Dieter Zetsche vor Erleichterung so gewaltig auf den Tisch, dass er gut und gerne auch hätte kaputtgehen können. Dieses Bild zeigte vor allem, wie gewaltig der Druck des Siegenmüssens auf Wolff und der Mercedes-Mannschaft liegt. Und es zeigt, dass die spielerische Dominanz der Silberpfeile der Vergangenheit angehört. Ferrari ist jetzt wieder zu fürchten. Und auch vor Sebastian Vettel haben sie in Stuttgart und den Fabriken in England höchsten Respekt.

Der Deutsche hat vier WM-Titel gewonnen, sein britischer Gegner erst drei – Lewis Hamilton muss also gleichziehen, sonst spielt der Hesse irgendwann in den Geschichtsbüchern des Motorsports die größere Rolle. Das wird er nicht auf sich sitzen lassen. Auch dieser Umstand macht das Duell in diesem Jahr so brisant. Die internationale Presse war nach dem Spanien-Grand-Prix jedenfalls kaum zu bremsen. „La Repubblica“ freut sich auf „die Wiederauferstehung der Duelle der Vergangenheit“ und „L’Equipe“ sieht „diese zwei Männer mehr denn je allein auf dieser Welt“.

Nur war das Klima bei legendären Schlachten wie zwischen Nigel Mansell und Nelson Piquet oder Alain Prost und Ayrton Senna vergiftet. Aber das kriegen Sebastian Vettel und Lewis Hamilton bestimmt auch noch hin.