Timo Baumgartl glänzte zum Auftakt der Rückrunde als Abwehrchef des VfB Stuttgart. Trainer und Sportvorstand sind voll des Lobes – haben aber auch gewisse Erwartungen an den 21-Jährigen.

Sport: Dirk Preiß (dip)

Stuttgart - Das Spiel gegen Hertha BSC war gerade abgepfiffen worden, vor dem Stuttgarter Strafraum bildete sich eine Jubeltraube – und als Michael Reschke mit schnellen Schritten auf den Platz drängte, erschien eben dieser Pulk aus VfB-Spielern das logische Ziel des Sportvorstands. Doch der hatte einen anderen Plan.

 

Reschke – so könnte man im Fußballer-Neudeutsch sagen – kippte nach rechts ab, nahm einen allein stehenden ins Visier, und drückte diesen dann herzlich an sich. Der Name des Geherzten: Timo Baumgartl. Sein Job: Abwehrchef des VfB Stuttgart.

Abwehrchef? Als solcher gilt beim Aufsteiger seit dieser Saison eigentlich Holger Badstuber. Doch weil der sich zwar kurz vor dem Rückrundenauftakt nach Adduktorenbeschwerden fit gemeldet hatte, man sich aber unsicher war, wie dessen eben erst kurierte Muskulatur nach längerer Spielzeit reagieren würde, saß der gebürtige Memminger zunächst auf der Bank. Und auf dem Feld schlüpfte eben Baumgartl in die Rolle, die keine unbekannte für ihn ist.

Außerdem im Video: Rückblick auf das Spiel gegen Hertha.

Reif für die Nationalmannschaft?

Bereits in der zweiten Liga war Baumgartl derjenige, der in der Abwehrkette das wichtigste Glied war. Er spielte eine solide Saison, leistete sich kaum Schnitzer und entwickelte sich stetig weiter. Was sich in der Vorrunde meist an der Seite von Holger Badstuber fortsetzte und nun in einer Leistung zum Rückrundenauftakt mündete, die Michael Reschke als „nationalmannschaftsreif“ einstufte. Timo Baumgartl – ein Kandidat für die WM?

So weit wollte der Sportvorstand des VfB nicht gehen. Er wollte damit nicht sagen, sein Schützling müsse schnellstmöglich bei Joachim Löw vorspielen. Und auch der VfB-Trainer Hannes Wolf reagierte zurückhaltend, als er von Reschkes Würdigung für Baumgartl erfuhr. Herausheben wollten aber beide die Leistung des 21-Jährigen. „Er ist schon die ganze Saison über stabil“, sagte Wolf, „gegen Hertha war er auch gut.“ Reschke ging noch weiter: „Das war ein Spiel auf ganz hohem Niveau.“

90 Prozent von Baumgartls Pässen kommen an

Egal, ob Davie Selke, Salomon Kalou oder der eingewechselte Vedad Ibisevic als Zweikampfgegner auftauchten, Baumgartl gewann fast 80 Prozent der direkten Duelle. Manch ein Beobachter wunderte sich über seine körperliche Präsenz, und auch die Aufgaben der hinteren Reihe im Spielaufbau übernahm er fast vollständig (bei 90 Prozent angekommener Pässe). „Das war seine stärkste Leistung in dieser Saison“, lobte Reschke. Wolf betonte: „Diese Stärke und dieses Selbstvertrauen hat er sich hart erarbeitet.“ Dazu komme: „Er ist die ganze Zeit gesund und fit.“ Wegen einer Gehirnerschütterung verpasste Baumgartl lediglich das erste Spiel der Saison, danach spielte er 17-mal durch.

Weil so eine Bilanz schnell Begehrlichkeiten wecken kann, hat der VfB den Vertrag des U-21-Nationalspieler vorzeitig bis Mitte 2022 verlängert. Bis dahin – und schon in den nächsten Monaten – soll sich Baumgartl weiter entwickeln und sich auf Top-Niveau stabilisieren. „Voll konzentriert“ müsse der Defensivmann weiter arbeiten, forderte Wolf. Und Reschke will sich mit Leistungen unterhalb des gezeigten nicht mehr zufrieden geben: „Er muss dieses Spiel als Messlatte nehmen.“

Was Timo Baumgartl zu alldem sagte? Am Wochenende erst einmal nichts. Er ließ lieber Taten sprechen.