Der VfB Stuttgart hat den ersten Sieg der Saison gefeiert und dabei neue Akzente in der Offensive gesetzt. Dass aber längst noch nicht alles gut ist, zeigt unsere Analyse.

Sport: Dirk Preiß (dip)

Stuttgart - Der Knoten ist geplatzt: Am sechsten Spieltag hat der VfB Stuttgart gegen Werder Bremen seinen ersten Saisonsieg gefeiert. Doch bis der Erfolg unter Dach und Fach war musste das Team Schwerstarbeit verrichten – und zeigte neben neuem Schwung in der Offensive noch zahlreiche Lücken im Abwehrverbund. In unserer Analyse arbeiten wir die Partie noch einmal auf.

 

Spielidee:VfB-Trainer Tayfun Korkut überraschte diesmal so richtig mit seiner Aufstellung. Dass die Zeit reif für einen Startelf-Einsatz von Anastasios Donis war, konnte man noch erahnen. Mit Daniel Didavi war aber nicht zu rechnen, da der Mittelfeldspieler aufgrund einer Reizung an der Achillessehne zuletzt fast gar nicht mit der Mannschaft trainieren konnte. Am Freitag aber besprachen Korkut und Didavi den Plan – am Samstag lief der Rückkehrer dann auf und durfte auf seiner Lieblingsposition hinter den Spitzen ran. Dafür organisierte der Coach sein Team in eine 4-4-2-Ordnung mit Mittelfeldraute um. Der Spielverkauf und zwei Verletzungen sorgten dafür, dass Korkut dann aber noch zweimal umbauen musste. Erst in ein 4-4-2-System mit flacher Mittelfeldkette, am Ende wurde es ein 4-3-3. „Es gab ständige Veränderungen“, sagte der Trainer.

Spielentscheidend: „Wille, Einsatz, Leidenschaft – das war alles da“, sagte VfB-Kapitän Christian Gentner – und drückte damit aus, dass nicht unbedingt die spielerische Klasse ausschlaggebend war für den ersten Saisonsieg der Stuttgarter. Die Bremer kamen selbst in Unterzahl (ab der 36. Minute) zu zahlreichen Chancen, trafen zweimal den Pfosten und konnten sich immer wieder durch den Stuttgarter Defensivbereich kombinieren. „Wir haben Fehler gemacht, die untypisch waren für uns, wir waren schlecht“, sagte Gentner – und war umso glücklicher, dass sich am Ende alle für die Verteidigung des Vorsprungs aufopferten. Dafür, dass es diesen Vorsprung überhaupt gab, war der neue Offensivgeist des VfB verantwortlich. Trainer Korkut wechselte mutig und signalisierte seinem Team, dass nur der Sieg zählt.

Spielentscheider: Bei 100 Prozent physischer Stärke sei er nach der langen Zwangspause noch nicht, sagte VfB-Sportchef Michael Reschke über Daniel Didavi. Was die Mentalität angeht, sei er im Spiel gegen die Bremer aber bei 150 Prozent gewesen. Der Spielmacher musste – anders als geplant – sogar durchspielen. „Ich wollte helfen, so lange es geht“, sagte Didavi, „eigentlich ist es Wahnsinn, dass ich 90 Minuten gespielt habe.“ So taugte er aber als Vorbild für den Rest des Teams. Mindestens ebenso wichtig: sein genialer Pass auf Anastasios Donis vor dem 1:0 des Griechen. Auch das Foul, das zur Gelb-Roten Karte von Werder-Verteidiger Milos Veljkovic führte, wurde an Didavi verübt. So war der Nürtinger der entscheidende Mann für den VfB.

 

Wortspiel: „Ich bin glücklich, aber auch fertig mit den Nerven.“ Sagte Gonzalo Castro. Der Neuzugang war gegen Werder Bremen in der 52. Minute eingewechselt worden und erzielte später den wichtigen Siegtreffer. Nicht nur er war aber der Meinung, dass sich der VfB einiges Zittern hätte ersparen können, wenn die Chancen zum 3:1 genutzt worden wären. So blieb es spannend bis zum Schluss – und bis Geburtstagskind Michael Reschke (61) zufrieden und entspannt zum Feiern auf den Wasen gehen konnte.

Spielplan: Beim VfB hoffen sie nach dem hart erkämpften Sieg über Werder auf dessen befreiende Wirkung. „Wir nehmen“, sagte Sportvorstand Michael Reschke, „ganz viel Positives mit.“ Nach Hannover. Dort treten die Stuttgarter am kommenden Samstag (15.30 Uhr) an. Nicht mit dabei sind dann Dennis Aogo und Anastasios Donis. Beide zogen sich in der Partie gegen die Bremer höchstwahrscheinlich einen Muskelfaserriss zu.