Der VfB Stuttgart hat den Wunschkandidaten des Aufsichtsrates für das Präsidentenamt vorgestellt. Der Adidas-Manager Bernd Wahler soll dem Fußball-Bundesligisten frische Impulse bringen – wenn ihn die Mitglieder am 22. Juli wählen.

Stuttgart - Der Anruf nach Herzogenaurach führt am Dienstagvormittag zu nichts. Die Telefonistin des in der fränkischen Kleinstadt beheimateten Sportartikelherstellers Adidas verbindet zwar sofort mit dem Vorzimmer von Bernd Wahler (55). Aber dann sagt die Sekretärin dort, dass ihr Chef nicht im Hause sei und diese Woche auch nicht mehr erwartet werde. Es ist 11.03 Uhr. Da weiß die Dame noch gar nicht, dass sie sich voraussichtlich bald ohnehin an ein neues Gesicht in ihrem Büro gewöhnen muss. Denn genau zehn Minuten zuvor hatte der VfB eine schriftliche Mitteilung verschickt. Demnach soll Bernd Wahler neuer Präsident werden. Adidas braucht also Ersatz.

 

Damit ist das Geheimnis gelüftet, nachdem es dem Stuttgarter Aufsichtsrat bis zuletzt gelungen war, den Namen des Wunschkandidaten unter Verschluss zu halten. Jetzt wurde der Name des Mannes präsentiert, der auf der Mitgliederversammlung am 22. Juli offiziell zur Wahl vorgeschlagen wird. Wahler erfülle alle Punkte des Anforderungsprofils, sagt vorab der Aufsichtsratsvorsitzende Joachim Schmidt – und zählt diese Kriterien dann der Reihe nach auf: „Er ist eine hoch angesehene Führungskraft einer Weltmarke, er kennt sich im Fußball aus, er pflegt ein internationales Netzwerk, er stammt aus der Region und ist ein VfBler.“ Punkt. Das war’s von Schmidt. Jetzt kommt Wahler.

Kommt der Stimmungsumschwung an der Basis?

Schmidt hat seinen Job erledigt und nach dem Rücktritt seines Vorgängers Dieter Hundt vor gut zwei Wochen eine Lösung gefunden, die nun noch von den Mitgliedern angenommen werden muss. Ob Wahler in den wenigen Tagen bis zum 22. Juli jedoch für einen Stimmungsumschwung an der kritischen Basis sorgen kann, ist ungewiss. Die verbleibende Zeit sei sehr knapp, sagt Oliver Schaal vom Fanausschuss, „aber diese Spanne müssen die Vereinsgremien nun intensiv nutzen, um bei den Mitgliedern für Vertrauen zu werben.“

Das dürfte nicht ganz einfach werden, doch Wahler ist bereit. Am Freitag erklärt er sich in einer Pressekonferenz. Danach macht er Wahlkampf bei den Anhängern, wobei ihn Fredi Bobic unterstützt, der sich für ihn ausspricht. „Er ist ein Teamplayer, steht für Dynamik und bringt garantiert eigene Ideen ein“, sagt der VfB-Manager.

Am Dienstag legte sich auch der Aufsichtsrat einstimmig auf Wahler fest, da lange noch ein anderer Bewerber gut im Rennen lag. Nach StZ-Informationen handelte es sich dabei um den Stuttgarter Messechef Ulrich Kromer. Er hinterließ wie Wahler bei den jeweils rund 30 Minuten dauernden Vorstellungsgesprächen am 21. Juni einen hervorragenden Eindruck.

Wahler hat schon in der C- und B-Jugend des VfB gekickt

Aber Wahler konnte am Ende auf seine vielfältigen Erfahrungen im Sport und speziell im Fußball verweisen – da sogar praktischer Natur. Denn in der C- und B-Jugend kickte er beim VfB, dessen Bundesligaheimspiele er in der Vergangenheit so oft wie möglich besuchte. Ehe er vor mehr als 25 Jahren zu Adidas wechselte, studierte der im Remstal aufgewachsene Schwabe in Tübingen Biologie und Sportwissenschaft, im Anschluss Marketing. In Herzogenaurach bekleidete er mehrere Führungspositionen. So steuerte er die Projekte des Unternehmens bei den Fußball-Weltmeisterschaften 1994 in den USA, 2006 in Deutschland und 2010 in Südafrika. Aktuell ist er Vizepräsident für den Bereich Innovation.

Erneuerung und frischen Wind soll Wahler auch beim VfB bringen, der sich intern spätestens seit dem Amtsantritt des alten Präsidenten Gerd Mäuser im Juli 2011 selbst blockiert hat. Seitdem bewegte sich beim Verein für Bewegungsspiele auf höchster Ebene nichts mehr. Wenn Wahler auf der Versammlung am 22. Juli eine Mehrheit erhält, könnte sich das ändern. Denn schon gestern erreichten die Mitarbeiter auf der Geschäftsstelle viele positive Rückmeldungen, als sie sich nach den Referenzen ihres Chefs in spe erkundigten.

Wahler gilt als Entwickler, der die Dinge zügig vorantreibt. Im Umgang wird er bei Adidas als kommunikativ und locker beschrieben. Deshalb lässt ihn der Konzern auch nur ungern ziehen.

Im Büro des Musikliebhabers liegt übrigens eine Gitarre. Vielleicht spielt er seiner Sekretärin darauf ja wenigstens noch ein kleines Abschiedslied.