Nicht nur beim VfB Stuttgart ist die finanzielle Lage ernst: Den Vorstandsvorsitzenden Alexander Wehrle beschäftigen auch noch andere Baustellen.

Sportlich läuft es alles andere als rund beim VfB, der Abstieg droht. Zugleich gibt es ein Thema abseits der Krise auf dem Rasen, das den Vorstandsvorsitzenden Alexander Wehrle ebenso stark beschäftigt: die Finanzen – und das nicht nur bei seinem Club.

 

Für alle, die sich große Sorgen um den VfB machen, hat Wehrle nun eine gute Nachricht verbreitet. Demnach drohe selbst im Falle des Abstiegs kein Ausverkauf des Teams. „Alle Spieler haben für die zweite Liga gültige Vertrage“, sagte Wehrle dem „Kicker“, „nur die wenigsten haben eine Ausstiegsklausel.“ Ob die Profis, mit denen man gerne weiterarbeiten würde, dann aber auch gehalten werden können? Ist offen. Denn im nächsten Sommer wird der VfB wieder einen Transferüberschuss erzielen müssen, um die Bilanz auszugleichen. Erst ab der Saison 2025/26, über diese Planung hat Alexander Wehrle schon öfter gesprochen, soll es wieder möglich sein, Mehreinnahmen in die Mannschaft zu reinvestieren.

Wie hoch war der Transferüberschuss in der Ära Mislintat?

In diesem Zusammenhang erklärte der Vorstandsboss allerdings auch, dass es in der Amtszeit des früheren Sportdirektors Sven Mislintat kein Transferplus in dreistelliger Millionenhöhe gegeben habe. „Ich weiß nicht, woher diese Zahl kommt“, sagte Wehrle dem „Kicker“, „wenn wir Beteiligungen von Vereinen, Spielern und Beraterprovisionen berücksichtigen, genauso wie auf der anderen Seite unsere eigenen Transferinvestitionen für Spieler und Berater, sind wir in der Netto-Betrachtung ganz weit weg von 100 Millionen Überschuss.“ Wie hoch die tatsächliche Summe sei, wollte er nicht sagen: „Diese Zahlen sind intern.“

Dass Sven Mislintat diese Informationspolitik seines früheren Chefs nicht gefallen dürfte, liegt auf der Hand – auch wenn er sich auf Anfrage unserer Zeitung zu dem Thema nicht äußern wollte. Vieles ist aber ohnehin bekannt. Zum Beispiel, dass beim Wechsel eines Spielers höchst selten die komplette Ablösesumme auf dem Konto des abgebenden Vereins landet, dazu wollen bei einem Transfer zu viele Parteien mitverdienen. Als branchenüblich gilt, dass von den kolportierten Einnahmen zwischen 15 und 20 Prozent gleich wieder abgezogen werden müssen. Das ist ein erheblicher Anteil. Und trotzdem würde das in der Ära Mislintat erzielte Transferüberschuss des VfB laut dieser Rechnung immer noch zwischen 80 und 85 Millionen Euro liegen. Auch das wäre ein erklecklicher Betrag, der nicht wieder in den Kader floss.

Zehn Arbeitsgruppen suchen Einsparmöglichkeiten

Mit einer schwierigen finanziellen Situation hat der VfB-Boss übrigens nicht nur im Verein zu kämpfen. Sondern auch beim Deutschen Fußball-Bund. Dort ist Alexander Wehrle (48) Aufsichtsratsvorsitzender der DFB GmbH & Co. KG, die für die wirtschaftlichen Aktivitäten des größten Sportverbandes der Welt verantwortlich ist – der laut seiner mittelfristigen Planung mit einem jährlichen operativen Verlust in Höhe von 20 Millionen Euro rechnet. „Wir haben ein erhebliches Strukturproblem vorgefunden“, sagte Wehrle, „wir brauchen einen tiefgreifenden Wandel, es kann kein Weiter-so geben. Daher haben wir zehn Arbeitsgruppen für ein Einsparungsprogramm berufen.“ Und eine dritte Baustelle gibt es auch noch.

Im Gegensatz zu einigen anderen Bundesligisten gehört der VfB zu den Clubs, die den Einstieg eines Liga-Investors befürworten würden. „Das Thema polarisiert enorm. Es darf keinen Abschluss um jeden Preis geben, aber wir finden es richtig, sich im Kontext internationaler Wettbewerbsfähigkeit mit einem Liga-Investor zu beschäftigen“, erklärte Wehrle, der zugleich für den VfB weitere Geldgeber neben Ankerinvestor Mercedes sucht: „Wir wollen einen Partner, der uns in strategischen Themenfeldern weiterbringt, keinen reinen Finanzinvestor. Wir haben unsere strategische Ausrichtung finalisiert und sind mit einigen möglichen Partnern im Gespräch.“