Die VfB-Clique trinkt Sekt und wandelt auch sonst auf ganz neuen Wegen. Schließlich haben die fünf Freunde nach dem Auswärtssieg von Köln eine ungewohnte Flut an positiven Gefühlen zu verarbeiten.

Stuttgart - Evangelos Athanassopoulos, genannt Vangi, ist ein Gastwirt, der sich nur ungern lumpen lässt – schon gar nicht an einem Abend wie diesem. Unaufgefordert stellt der Patron des Sportrestaurants im Neckarpark zur Begrüßung eine Flasche Rilling-Sekt auf den Tisch der VfB-Clique und ruft schon wenig später in Richtung Bar: „Macht gleich noch eine Pulle auf, es gibt was zu feiern!“

 

Auf den Flachbildschirmen unter der Decke stürmen die deutschen Handballer gerade auf wundersame Weise ins EM-Halbfinale – doch das ist an diesem Mittwochabend nicht der Grund für die ausgelassene Festtagsstimmung. Es ist der furiose Rückrundenauftakt des VfB, der 3:1-Sieg in Köln, der den fünf Freunden der VfB-Clique auch noch vier Tage später den Glanz in die Augen zaubert. Und so schäumt der Sekt, obwohl das nun wirklich nicht das Getränk ist, mit dem sich Fußballfans üblicherweise am Stammtisch zuprosten.

Katerfrühstück mit dem Kölner Dreigestirn

Seit Köln aber ist vieles anders. Jogi, Jürgen und Joachim waren sogar live dabei, Anreise samstags, Abreise sonntags. Ein „ganz pfundiges Wochenende“ sei es gewesen, erzählt Joachim, berichtet von den 105 Bieren, die sie am Samstagabend zu acht in einem Brauhaus in Mühlheim getrunken haben, und davon, dass ihnen beim Herings-Katerfrühstück am nächsten Morgen im Friesenviertel das Kölner Karnevals-Dreigestirn im kompletten Wichs begegnet sei. Und als Krönung natürlich das Spiel in Müngersdorf. „Einfach nur gigantisch“, sagt Jürgen, „Balsam auf unsere Seelen.“

Es gibt so vieles, worüber die Freunde erst gestaunt und dann gejubelt haben. Die neue Kampfeslust, der neue Teamgeist, die neue Siegermentalität – all die Tugenden, die die Clique bei ihrem Lieblingsverein lange vermisst hat. Noch viele weitere Lobeshymnen könnte sie singen – käme in genau diesem Moment nicht wieder Vangi mit einigem Getöse an den Tisch. Diesmal lässt er ausnahmsweise nicht den nächsten Sektkorken knallen, jetzt serviert er allen eine Portion saure Kutteln mit Bratkartoffeln, „ein kleiner Gruß aus der Küche“.

Lange lässt sich die Clique von den sehr schmackhaften Rinder-Innereien allerdings nicht aufhalten. Schließlich muss auch noch Kevin Großkreutz gewürdigt werden, der Weltmeister, der neuerdings das VfB-Trikot trägt. „Ein absoluter Glücksfall“, findet nicht nur Alex. Thommi fühlt sich an Thomas Berthold erinnert, der einst ebenfalls als tief gefallener Weltmeister zum VfB gekommen war: „Den wollte damals auch niemand haben – und dann ist er für uns ganz wichtig geworden.“ Klar, Großkreutz werde immer ein schwarz-gelber Borusse aus Dortmund bleiben – „aber er kann auch mal ein Roter werden“.

„Ball flach halten“, rät Thommi

Der Kuss aufs Wappen, vor dem im modernen Profifußball auch die größten Söldner nicht zurückscheuen, dürfte im Fall Großkreutz noch eine Weile auf sich warten lassen – ausgeschlossen ist aber auch das nicht, wenn es beim VfB so weitergeht. An diesem Samstag geht es gegen Hamburg, danach folgen Frankfurt und Hertha – alles keine unschlagbaren Gegner. „Wenn wir diese Punkte schnappen, haben wir Ruhe in der Kiste“, ruft Joachim. „Ball flach halten“, rät Thommi, was sonst gar nicht seine Art ist. „Ich wäre schon zufrieden, wenn wir nicht absteigen.“ Auch Jogi empfiehlt das Backen von „kleinen Brötchen“, er will „von Spiel zu Spiel denken“ – kann es sich dann aber doch nicht ganz verkneifen, in der Bundesligatabelle einen kurzen Blick nach oben zu riskieren: „Es sind nur noch elf Punkte bis zur Champions League.“

Da ist er wieder, der passende Moment für Vangis nächsten Auftritt. Nach Cannstatter Sekt und schwäbischen Kutteln konzentriert sich der griechische Gastwirt auf seine Kernkompetenz – und füllt die Gläser mit kristallklarem Ouzo. „Mein bester“, sagt Vangi und schenkt nach.