„Er hätte einen würdigeren Abschied verdient“: Der VfB Ehrenratsvorsitzende spricht über den Abgang von Dieter Hundt, über die Präsidentensuche und über seine Gefühle angesichts der aktuellen Entwicklungen.

Stuttgart – Alfred Grupp, 74, leitet den Ehrenrat des VfB Stuttgart. Das Gremium hat sich klar gegen Dieter Hundt positioniert. Jetzt geht der Blick nach vorne.
Herr Grupp, Sie haben im Namen des gesamten Ehrenrats zuletzt den sofortigen Rücktritt des Aufsichtsratschefs Dieter Hundt gefordert. Das ist nun passiert. Ist das eine Bestätigung für Sie?
Mir ist es nie um mich gegangen, sondern immer nur darum, was das Beste für den Verein ist. Und diesbezüglich war der Schritt von Dieter Hundt unausweichlich.

Wie bewerten Sie seine Entscheidung jetzt?
Ich bin gespalten. Einerseits freue ich mich, weil Dieter Hundt am Ende doch die Einsicht hatte, dass es so nicht mehr weitergehen kann. Es gab einfach keine andere Lösung, um weiteren Schaden vom VfB abzuwenden. Der Karren war total verfahren.

Und andererseits?
Ich meine, dass Dieter Hundt einen würdigeren Abschied verdient gehabt hätte. Dass er nun so sang- und klanglos geht, tut mir wirklich leid.

Wie hätte dieser würdigere Abschied denn aussehen können?
Eine Möglichkeit wäre beispielsweise gewesen, den Schritt im Rahmen des Pokalfinales am 1. Juni in Berlin zu vollziehen. Aber diese Chance wurde verpasst.

Hundt übte sein Amt elf Jahre aus. In dieser Zeit wurde der VfB einmal Meister, qualifizierte sich dreimal für die Champions League und war fast in jeder Saison international dabei. Alles kann demnach nicht schlecht gewesen sein.
Mit Sicherheit nicht. Keine Frage, wir hatten in dieser Zeit große Erfolge. Unstrittig ist, dass wir in den letzten Jahren zu den erfolgreichsten Vereinen in der Bundesliga gehörten. Daran hatten viele Leute ihren Anteil – auch Dieter Hundt.

Seine Ära ist vorbei. Was wird nun in Bezug auf die Mitgliederversammlung am 22. Juli das Wichtigste sein?
Der entscheidende Punkt ist, dass wir da einen Präsidenten vorschlagen können, der den Beifall der Mitglieder findet. Ich denke, da sind wir auf einem guten Weg. Alles andere ist im Augenblick völlig bedeutungslos. Am Mittwoch laufen die Gespräche des Aufsichtsrats mit den Kandidaten an. Wir brauchen einen überzeugenden Namen und einen starken Mann.

Glauben Sie, dass sich nach dem Rückzug von Hundt nun Leute für das Amt interessieren, die das zuvor abgelehnt haben?
Das denke ich schon – wenn auch nicht viele, aber wenigstens zwei oder drei.

Ein Kandidat ist der Bietigheimer Oberbürgermeister Jürgen Kessing.
Das habe ich auch gehört. Aber Details kenne ich nicht – und auch keine weiteren Namen, außer jenen, die sowieso schon in der Zeitung gestanden sind.

Wie geht es jetzt im Aufsichtsrat weiter?
Alles ist noch zu frisch, um darauf bereits eine finale Antwort zu haben. Aber das Gremium ist ja noch bis 2014 gewählt. Nun muss ein neuer Vorsitzender bestimmt werden – aller Voraussicht nach wird das Joachim Schmidt sein, der bislang der Vertreter von Dieter Hundt gewesen ist.

Was wünschen Sie sich in den nächsten Wochen am meisten?
Dass bei uns wieder Ruhe einkehrt und dass der Sport wieder im Vordergrund steht. Zufälligerweise spielen wir ja auch noch Fußball.