Der VfB empfängt am Sonntag Dynamo Dresden – im Uefa-Pokal-Halbfinale standen sich beide Vereine schon einmal gegenüber. Unser Redakteur erinnert sich an jenen Abend, an dem er noch jung war und vergaß, im Neckarstadion Brötchen zu verkaufen.

Stuttgart - Es hat eine Zeit im Fußball gegeben, das war das Duell zwischen dem VfB Stuttgart und Dynamo Dresden kein Zweitligaspiel – sondern das Halbfinale des Uefa-Pokals. 5. April 1989, ein Mittwochabend, ein halbes Jahr vor dem Mauerfall, das deutsch-deutsche Prestigeduell im Neckarstadion. Karl Allgöwer, Asgeir Sigurvinsson und Jürgen Klinsmann im Trikot des VfB, Matthias Sammer, damals 21 und mit feuerroten Haaren, im gelben Dress von Dynamo. Ein Fußball-Feiertag in Stuttgart.

 

Ich war 17, glühender VfB-Fan und wollte das Spiel unbedingt sehen. Das Problem: Ich hatte keine Eintrittskarte. Was tun? Ein Anruf bei der Stadiongastronomie – ob vielleicht noch kurzfristig ein Mitarbeiter benötigt werde? Komm vorbei, so lautete die Antwort, einen tüchtigen Brötchenverkäufer könne man immer gebrauchen.

Ein Bauchladen voller belegter Wurt- und Käseweckle

Ich fand mich pünktlich ein, wurde mit einem Bauchladen voller belegter Wurst- und Käseweckle ins Stadion geschickt und erhielt den Auftrag, sofort wieder zum Nachladen zurückzukehren, sobald alles verkauft ist. Zwei Mark sollte ein Brötchen kosten, eine Provision von 50 Pfennig ging an mich. Dummerweise war mein Geschäftssinn weit weniger ausgeprägt als meine Leidenschaft für den Fußball.

Mein Einsatzgebiet war die Gegengerade, doch ans Brötchenverkaufen dachte ich nicht. Ich wollte nur das Spiel sehen und postierte mich mit meinem Bauchladen auf Höhe der Mittellinie. Einen so guten Blick hatte ich noch nie, sonst stand ich ja immer nur in der Cannstatter Kurve. Irgendwann waren zu meiner Überraschung trotzdem alle Weckle verkauft. Auftragsgemäß begab ich mich zurück in die Stadiongaststätte, um Nachschub zu holen. Die Halbzeit schien mir dafür der geeignete Zeitpunkt zu sein, so konnte ich nichts verpassen. Nicht die beste Idee, wie sich rasch zeigte.

Auch Toni Schumacher wurde einst in der Pause vor die Tür gesetzt

„Bist du wahnsinnig“, so brüllte mir mein Chef entgegen, „warum kommst du jetzt erst? In der Pause werden die meisten Brötchen verkauft, darauf musst du doch vorbereitet sein.“ Ich zog den Kopf ein, zuckte mit den Schultern – und wurde gefeuert, und zwar hochkant. In der Halbzeitpause entlassen zu werden – das brachte Jahre später nur noch Toni Schumacher fertig, der sich als Trainer von Fortuna Köln ganz ähnliche letzte Worte von Präsident Jean Löring anhören musste: „Raus hier! Du hast hier nichts mehr zu sagen.“

Meine Enttäuschung hielt sich in Grenzen. Der Bauchladen wurde mir zwar entzogen, nicht aber die Einlasskarte fürs Stadion. Ungestört konnte ich jubeln, als Karl Allgöwer in der zweiten Halbzeit den 1:0-Siegtreffer erzielte. Das Tor sollte zum Finaleinzug gegen Maradonas Napoli reichen, denn im Rückspiel in Dresden folgte ein 1:1.

VfB Stuttgart - 2. Bundesliga

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