Beim 2:0-Sieg der Stuttgarter gegen Moskau im Play-off-Hinspiel um den Einzug in die Gruppenphase der Europa League sorgen besonders die Einwechselspieler Ibrahima Traoré, Tunay Torun und Cacau für frischen Schwung.

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)

Stuttgart - Da war die Belegschaft von Dynamo Moskau im Anschluss an das 0:2 beim VfB glatt ohne ihn nach Russland abgeflogen – was Kevin Kuranyi am späten Mittwochabend als Glück im Unglück empfand. Kuranyi war nach dem Play-off-Hinspiel der Europa League zur Dopingprobe ausgelost worden. Doch wie zuvor auf dem Platz lief für den 30-Jährigen auch beim Wasserlassen nicht viel zusammen. Immerhin konnte der Stürmer, als er kurz vor 22 Uhr endlich erfolgreich war, die Nacht vor seinem Heimflug nun bei der Familie in Stuttgart-Sonnenberg verbringen. Was Kuranyi über dem Kinnbärtchen ein schelmisches Grinsen entlockte.

 

Zuvor hatte der Dynamo-Spielführer aber wenig zu lachen gehabt. „Wir haben in der Vorbereitung leider nicht so hart gearbeitet. Das haben wir heute richtig gemerkt“, sagte Kuranyi nach bestandener Geduldsprobe. Auf dem Feld wurde der physische Leistungsabfall des Ex-Stuttgarters bereits in der 62. Minute offenkundig, als ihn erste Krämpfen plagten – und er danach fast um die Auswechslung bettelte.Nach einer zähen ersten Stunde wurde es für die Elf von Trainer Bruno Labbadia am Ende also leichter, gegen die extrem defensiv eingestellten Russen mit ihrer Zweiriegeltaktik erfolgreich zu spielen. „Jeder im Stadion hat gesehen, dass meine Spieler nicht fit sind“, sagte der Gästecoach Dan Petrescu, der erst am Montag das Amt von Sergej Silkin übernommen hatte. Hat Dynamo am nächsten Dienstag, wenn um 18 Uhr deutscher Zeit in der Moskauer Arena Khimki das Rückspiel angepfiffen wird, also überhaupt noch eine Chance auf das Erreichen der Gruppenphase? „Wir werden unser Möglichstes versuchen, aber wir haben ein ganz dickes Problem. Stuttgart ist der klare Favorit“, sagte Dan Petrescu – und Kevin Kuranyi ergänzte wenig überzeugend: „Ich verliere die Hoffnung nie.“

Sonderlob für Ibrahima Traoré

Bruno Labbadia hatte naturgemäß seine eigene Sichtweise, weshalb die VfB-Tore durch Vedad Ibisevic (72./90.) so spät gefallen waren. „Wir waren ständig in Ballbesitz und haben den Gegner damit müde gespielt“, lobte der VfB-Trainer, „ich habe der Mannschaft schon in der Pause gesagt, dass wir die Nerven bewahren und auf unsere Chancen warten müssen.“

Neben Geduld und Beharrlichkeit sorgten aber auch Labbadias Einwechslungen für das Happy End. Die für Shinji Okazaki und den enttäuschenden Martin Harnik beim Stand von 0:0 gekommenen Tunay Torun und Ibrahima Traoré (61.) sowie die Hereinnahme von Cacau (77.) nach dem Treffer zum 1:0 brachten viel frischen Wind in das lange Zeit zu statische VfB-Kollektiv. Darüber war auch Labbadia sehr erfreut. „Ich habe immer gesagt, dass wir in einer Saison mit drei Wettbewerben mehr als nur elf Spieler benötigen“, sagte der 46-Jährige – und verteilte ein Sonderlob: „Der Ibo kam rein und sorgte gleich für richtig Wirbel – das war klasse.“Mit dem Mut zum Risiko und zum Dribbling, der den Kollegen Christian Gentner und Tamás Hajnal im Mittelfeld oft abging, bereitete der schmächtige, aber antrittsschnelle Ibrahima Traoré nicht nur den Kopfballtreffer von Ibisevic zum 2:0-Endstand gekonnt vor; der kleine Afrikaner, der im vergangenen Sommer vom FC Augsburg nach Stuttgart gekommen war, zeigte darüber hinaus mehrfach, dass bei ihm nach einem durchwachsenen Auftaktjahr beim VfB der Knoten geplatzt zu sein scheint. Der 24-jährige Traoré war schon in den Testspielen ein Aktivposten – und könnte bei den Stuttgartern zu einer der Entdeckungen der Saison werden.

Obwohl die meisten Lorbeeren oft die Torschützen, gegen Dynamo also der zweimal erfolgreiche Vedad Ibisevic einheimsen, war diesmal ein anderer Spieler bester VfB-Akteur: Es war der Linksverteidiger Arthur Boka , der mit seinen Flanken zu gefallen wusste und dem sein neuer, leistungsbezogener Vertrag offenbar gutzutun scheint. Im Duell mit Cristian Molinaro liegt der engagierte, defensiv kaum geforderte Ivorer jedenfalls klar vorne.

Auch gegen Wolfsburg wird Arthur Boka morgen zum Bundesligaauftakt (Anpfiff ist um 20.45 Uhr) also in der Startelf stehen. Eine Option für das Mittelfeld ist für Bruno Labbadia dann der international rot-gesperrte Zdravko Kuzmanovic, dem zuletzt die Achillessehne zu schaffen machte.