Die unattraktive Spielweise des VfB-Gegners verdirbt nicht nur den Borussen-Fans die Laune. Auch die Vereinsführung ist mit der defensiven Taktik des Trainers Lucien Favre unzufrieden.
Mönchengladbach - Max Eberl ist heilfroh, dass er die Verpflichtung von Max Kruse am Donnerstag endlich offiziell vermelden konnte. Gute Nachrichten waren nämlich dringend erforderlich in diesen grauen Tagen am Borussia-Park. Seit Wochen warteten die Anhänger des Fußball-Bundesligisten auf Vollzug, nun sagte der Sportdirektor Eberl, der neue Mann aus Freiburg sei ein „schneller, technisch starker und flexibel einsetzbarer Spieler, der unsere Offensive verstärken wird“.
Auf den ersten Blick erscheinen diese Sätze wie die übliche Schmeichelei, die in solchen Fällen zur Routine der Öffentlichkeitsarbeit gehört, doch in diesem Fall steckte mehr hinter der Erklärung. Tempo, Flexibilität und technische Finesse sind nämlich exakt jene Elemente, die dem Gladbacher Spiel derzeit fehlen. Und diese Tatsache hat vielen Anhängern zuletzt den Spaß an ihrem Club verdorben.
Lange ließen die Gemüter sich mit der erfreulichen Ausgangslage im Wettlauf um die Europapokalplätze beruhigen, doch zuletzt im Heimspiel gegen Greuther Fürth (1:0) verlor ein Teil des Publikums die Contenance angesichts der Magerkost, die das Team des Trainers Lucien Favre den Zuschauern wieder einmal vorsetzte. Die Leute pfiffen die Mannschaft und ganz besonders Oscar Wendt aus, dem Schweden waren ein paar leichte Fehler unterlaufen. Wendt antwortete mit ausgestrecktem Mittelfinger, und der Torhüter Marc-André ter Stegen sagte: „Ich finde es unverschämt, wenn man einen eigenen Spieler auspfeift. Dafür habe ich kein Verständnis, und das macht mich ein Stück weit traurig.“
Sogar der Vizepräsident kritisiert die eigene Elf
Man kann das so sehen, aber die Kritik ist nicht ohne Substanz. Sogar der Vizepräsident Rainer Bonhof hatte auf der vereinseigenen Internetseite gegrantelt: „Wenn man kein Risiko eingeht, kann man auch keine Chance kreieren.“ Favre, der Hauptadressat des Vorwurfs, erwiderte gekränkt: „Was der sagt, interessiert mich nicht.“ Später soll er sich für diese Replik entschuldigt haben, aber die Stimmung ist miserabel beim Gegner des VfB Stuttgart.
Eberl erklärt die Probleme auf dem Rasen immer noch mit dem „Jahr des eklatanten Umbruchs“, in dem die Borussia sich befinde, nachdem Roman Neustädter, Marco Reus und Dante ersetzt werden mussten. „Wir sind ein Club, der 16 Jahre lang in der Versenkung verschwunden war, jetzt spielen wir wieder um die Europapokalplätze und haben die Vorrunde in der Europa League überstanden. Das soll zu wenig sein?“, fragt der Sportdirektor.
Das Fußballmagazin „11 Freunde“ hat solcherlei Rechtfertigungen in dieser Woche auf seiner Internetseite ungewöhnlich kritisch bewertet. Eberl und Favre hätten „das Umfeld mit konsequenter Tiefstapelei geradezu hypnotisiert“ und damit „sowohl eine Wohlfühloase als auch ein Blanko-Alibi“ geschaffen, heißt es in einem Kommentar. Schließlich befand sich der Club nach dem Aderlass in der komfortablen Position, über 30 Millionen Euro für neue Spieler investieren zu können. Das Problem ist, dass die Millionentransfers Álvaro Domínguez, Luuk de Jong und Granit Xhaka zwar durchaus helfen Punkte zu sammeln, das spielerische Niveau aber nicht anheben. Wobei ein Großteil der Probleme mit den missglückten Integrationsversuchen des Granit Xhaka zusammenhängen.
Neuzugang Granit Xhaka bleibt die große Enttäuschung
Der Schweizer Nationalspieler, für den die Borussia acht Millionen Euro an den FC Basel überwies, sollte die spielerische Qualität erhöhen, die Schaltzentrale der Mannschaft sein, Ideen entwickeln, schnell umschalten und Torgefahr aus dem Mittelfeld erzeugen. Nachdem er in den ersten Partien einen fatalen Fehler an den nächsten reihte, landete er auf der Bank, wo er bis heute versauert. Xhaka habe sich immer noch nicht an das höhere Tempo in der Bundesliga gewöhnt, sagt Favre, der im Herbst und Winter unzählige Mittelfeldkonstellationen ausprobierte und erst jetzt eine Art Stammoffensive mit der Dreierkette Herrmann-Arango-Younes hinter der einzigen Spitze de Jong gefunden hat.
Das führte aber weniger dazu, dass die Mannschaft sich viele Chancen, oder gar Tore erspielt, vielmehr verteidigt Gladbach nun besser und stellt mit elf Gegentreffern hinter dem FC Bayern die zweitbeste Defensive des Jahres 2013. Das freut Favre, aber ein Publikum geht nun einmal nicht ins Stadion, um zu sehen, wie gut Domínguez antizipiert und wie geschickt Thorben Marx Räume zuläuft. Die Leute wollen Tore bejubeln, und dieses Vergnügen hatten Fans der Borussia seit Anfang Februar bestenfalls ein einziges Mal pro Spiel.