Seit Patrick Herrmann bei Mönchengladbach in die Rolle von Marco Reus gerückt ist, läuft es für die Borussia besser. Auch am Samstag gegen den VfB Stuttgart will der 21-Jährige wieder auftrumpfen.
Mönchengladbach - Zwei Monate lang haben die Überflieger der Vorsaison mit sich selbst gefremdelt, doch langsam erkennen Mönchengladbachs Fußballer die guten, noch gar nicht so alten Zeiten wieder. Mike Hanke hatte zum Beispiel gerade so ein Déjà-vu. Vor sechs Tagen in Fürth, als er bei Borussias 4:2-Erfolg zwar in der Torschützenliste fehlte, aber trotzdem reichlich Lob abbekam. „Das war doch in der letzten Saison genauso“, sagte der Stürmer und widmete sich dann dem Kollegen Patrick Herrmann, dessen interner Werdegang besonders stark an die traumhafte letzte Runde der Niederrheinischen erinnert.
Begonnen hatte damals alles mit dem Pech des belgischen Nationalstürmers Igor de Camargo. Weil der sich am 11. Oktober 2011, dem Tag vor dem EM-Qualifikationsspiel gegen Deutschland, im Training eine schwere Knieverletzung zuzog, beorderte Mönchengladbachs Trainer Lucien Favre Marco Reus auf die zentrale Position hinter den Stürmer Hanke – und Herrmann auf Reus’ Platz im rechten Mittelfeld. Der spielt nun längst in Dortmund und gehört zur Stammformation der Nationalelf, und weil Favre einen Herbst später bei seiner experimentierfreudigen Suche nach einer hängenden Spitze einfach nicht fündig wurde, beerbt der Außenbahnwusler Herrmann den ehemaligen Kollegen Reus nun eben noch ein zweites Mal. Diesmal im zentralen Mittelfeld. Auch am Samstag (15.30 Uhr) im Heimspiel gegen den VfB Stuttgart.
Favre lobt Herrmanns Effizienz
Hinter dem gesetzten, aber derzeit verletzten Zwölf-Millionen-Euro-Einkauf Luuk de Jong hat Favre seit Sommer schon einige Kandidaten getestet. Doch weder Hanke noch de Camargo, nicht Tolga Cigerci und auch nicht Granit Xhaka konnten den Trainer überzeugen. Sondern Fliegengewicht Herrmann, der seine 69 Kilogramm auf 179 Zentimeter verteilt und beim Sieg in Fürth erst durch einen herausgeholten Platzverweis, dann als Passgeber zum 1:1 und schließlich als Schütze des 3:2-Führungstreffers auffiel.
„Er war sehr effizient“, lobte Favre den gebürtigen Saarbrücker, der Borussias Offensivspiel die lange vermisste Geschwindigkeit beschert. „Ich spiele da, wo der Trainer mich hinstellt. Außerdem habe ich in der Jugend schon oft im Sturm agiert“, sagt der 21-jährige Umschüler dazu. Vor seiner Verpflanzung bildete er mit Juan Arango ein Jahr lang eine ständig rotierende Flügelzange, seine neue Rolle bekleidete er erstmals beim Europa-League-Heimspiel gegen Marseille am 25. Oktober.
Nicht nur Dortmunds Trainer Jürgen Klopp bescheinigt Patrick Herrmann prinzipiell „ein Riesentalent“, der Gebauchpinselte sagt zu dem immer wiederkehrenden Vergleich zwischen ihm und seinem Vorgänger Reus aber nur kühl: „Marco ist ein ganz anderes Kaliber!“ In puncto Dribbelstärke und Tempo, darauf lässt sich Herrmann noch ein, zeigten seine und Reus’ Spielweise gewisse Parallelen. Umfassendere Vergleiche erklärt Herrmann jedoch für unzulässig.
Gladbachs Südamerikaner nennen ihn „Flaco“
Zumal er, zwei Jahre jünger als Reus, ja auch noch Zeit hat. 2008 vom 1. FC Saarbrücken nach Mönchengladbach gewechselt, fand er zunächst als Schüler des Gladbacher Jugendinternats im Borussia-Park ein Zuhause. Bis vor zweieinhalb Jahren lebte Herrmann dort glücklich auf seinen 20 Quadratmetern, durfte nach dem Ende der A-Jugendzeit sogar noch ein halbes Jahr länger da wohnen. Dann zog er aus. Und mit ihm das Poster der deutschen Nationalmannschaft, das er zuvor vom heimischen Kinderzimmer mitgebracht hatte.
Beim Umzug in das erste eigene Reich wurde das gute Stück dann aussortiert. „In meine Wohnung passt es nicht mehr so gut rein. Mit der Zeit wird man ja auch ein bisschen erwachsener“, sagt Herrmann. Die kleine südamerikanische Fraktion in Gladbach hat diese Erwachsenwerdung ihrerseits mit einem Spitznamen für den U-21-Nationalspieler garniert. „Flaco“, den „Schmächtigen“, rufen sie ihn. Ein schmales Hemd, aber mit viel Aufwind.