Erstmals nach drei Jahren gibt es in der dritten Liga wieder ein Derby VfB Stuttgart II gegen die Kickers. Vor dem Spiel am Samstag trafen sich die beiden Kapitäne Tobias Rathgeb und Enzo Marchese im Gazi-Stadion.

Sport: Joachim Klumpp (ump)
Erstmals seit drei Jahren gibt es in der dritten Liga am Samstag (14 Uhr) wieder das Derby VfB II gegen Kickers. „Auch dafür gibt es nur drei Punkte“, sagt Kickers-Kapitän Enzo Marchese.
Herr Rathgeb, Herr Marchese, wer erinnert sich noch, wie das letzte Derby ausging?
Rathgeb: Das war 2008/09 . . .

. . . stimmt, das war aber nicht die Frage. Also 3:0 für den VfB. Was spricht für oder gegen ein solches Ergebnis am Samstag?
Marchese: Dagegen spricht, dass jetzt bei uns eine ganz andere Mannschaft auf dem Platz steht, die sich schon länger kennt.
Rathgeb: Vielleicht haben wir einen kleinen Vorteil, weil wir zuletzt schon das Derby gegen den KSC gespielt haben. Ich denke aber auch, dass es schwer zu vergleichen ist, weil sich die Mannschaft beim VfB jedes Jahr ändert. Die Jungs wissen schon, dass es ein besonders Spiel ist, aber sie kennen sich auch – die Rivalität geht auf keinen Fall so weit, dass man sich hasst.

Herr Rathgeb, Sie sind beim VfB ja gesetzt, Herr Marchese, Sie haben am Mittwoch gegen Halle zunächst auf die Bank müssen, wie bitter ist das als Kapitän?
Marchese: Der Trainer hat mir gesagt, es war eine Bauchentscheidung, die knapp gegen mich ausgefallen ist. Was bleibt mir anderes übrig, als sie zu akzeptieren.
Rathgeb: Klar ist, dass ich gerne gegen Enzo spielen würde, wir waren ja schon ein paar Mal zusammen essen.

Woher kommt die Verbindung?
Rathgeb: Eigentlich über Marco Grüttner. Aber ich war letzte Saison auch bei vielen Spielen der Kickers, es ist für mich wichtig, dass man hier Profifußball hat. Ebenso, dass beide Vereine nächste Saison weiter in der dritten Liga sind.

Hatten Sie am Mittwoch im Stadion etwas Mitleid mit den Kickers gegen die robusten Hallenser?
Rathgeb: Mitleid nicht, so ist Fußball. Aber wenn man zwei, drei solcher Chancen hat, muss man gegen Halle eine nutzen. Enzos Einwechslung war ein wichtiges Zeichen an die Mannschaft. Schade, dass er die Chance am Schluss nicht gemacht hat, aber man muss auch sagen, dass der Torwart eine Klasse für sich war. Ein Spiel mit weniger Aufwand und einem Sieg wäre mal wichtig für die Kickers. So eins war bisher noch nicht dabei.

Kommt das am Samstag, Herr Marchese?
Marchese: Ich hätte nichts dagegen. Wir waren in allen vier Spielen bisher mindestens ebenbürtig, haben mehr investiert, stehen aber mit nur zwei Punkten da. Das ist für unseren Aufwand eindeutig zu wenig. Aber wenn wir so weitermachen, werden die Dreier nach und nach kommen.
Rathgeb: Ab nächster Woche haben die Kickers ja noch genügend Spiele dafür.

Wenn Sie beide sagen, dass Sie die Spiele gegenseitig anschauen, warum herrscht bei den Spielern ein so geringer Austausch zwischen den beiden Vereinen?
Rathgeb: Bei uns wurden eben schon viele Spieler direkt aus der A-Jugend übernommen, so dass von den 25 Spielern nicht noch die Hälfte zu den Kickers kann.
Marchese: Ich denke, die Spieler der zweiten Mannschaft beim VfB haben mittelfristig das Ziel, oben bei den Profis reinzurutschen. Und wer es nicht schafft, der geht vielleicht zu einem Zweitligisten.
Rathgeb: Die Kickers in der zweiten Liga wären da sicher perfekt, um den Schritt machen zu können, wie bei Alexander Riemann, der nach Sandhausen ist. Aber jetzt müssen die Kickers erst einmal schauen, dass sie sich in der dritten Liga halten, da gehört einiges dazu.

Was vor allem?
Rathgeb: Ein guter Charakter in der Mannschaft, Stehvermögen, aber wie ich das so höre, funktioniert das bei den Kickers, sonst wären sie gar nicht aufgestiegen. Und beim ersten Spiel bei meinem Ex-Club in Rostock waren sie klar stärker als der Gegner. Da ist es fast zu gut gelaufen. Dann nicht zu gewinnen, das steckt natürlich in den Köpfen drin.

Haben Sie Bedenken um den Klassenverbleib?
Marchese: Absolut nicht. Ich weiß ja, dass wir die Niederlagen und Unentschieden wegstecken. Aber die Punkte müssen demnächst kommen, denn irgendwann werden die Plätze schlechter – und dann gibt es auf diesen Böden Schlachten, was für uns ein Nachteil sein könnte, weil wir eigentlich vieles spielerisch lösen wollen.

Herr Rathgeb, Sie haben früher schon mit Sami Khedira oder Serdar Tasci zusammen gespielt. Wenn Sie Ihre Karriere betrachten, sind Sie dann zufrieden?
Man darf nicht vergessen, dass in meiner besten Zeit in Rostock die Verletzungspause wegen einer Knie- und Leistenoperation kam, wo sie den Nerv getroffen haben, und aus drei Wochen Pause neun Monate wurden. Da sind viele Spieler gar nicht mehr zurückgekommen. Und dann bin ich als Vizekapitän vor die Tür gesetzt worden, das muss man erst mal verkraften. Dann kam der Anruf vom VfB, ob ich mir vorstellen könnte, eine junge Mannschaft zu führen – im Endeffekt hat sich das so gut entwickelt, dass ich mich entscheiden habe hierzubleiben – auch längerfristig.

Wie sieht es bei Ihnen aus, Herr Marchese, entspricht die dritte Liga Ihrem Wunsch?
Sicher. Ich bin ja 2009 zu den Kickers zurückgekommen, da hatten wir den Dreijahresplan mit dem Ziel Aufstieg. So gesehen ist alles im Soll. Jetzt gilt es erst einmal, die Klasse zu halten, auch wenn die Kickers mittelfristig in die zweite Liga wollen.

Ihre Zuschauerprognose?
Marchese: 6000 bis 7000.
Rathgeb: Das hoffe ich auch. Bei so einem Derby muss was los sein. Ich bin nur mal gespannt, ob es ein Heimspiel für uns wird. Bei uns gibt es ja seit Jahren das Problem, dass einige Zuschauer die Spiele hier oben boykottieren. Deswegen haben wir ja auch Aufrufe an die Fanclubs gestartet und hoffen, dass sie uns nach dem Sieg gegen den KSC auch hier oben unterstützen. Das war schließlich ein Sieg für die Ewigkeit.

Und wie geht das Derby aus?
Rathgeb: Ich glaube 2:1.
Marchese: 0:1 – ich hätte nichts dagegen, wenn der Torschütze Marchese heißt.

Dann klären Sie uns doch endlich auf, warum Sie den Spitznamen Porno-Enzo haben?
Marchese: Nein, nein. Da gibt’s so viele Gerüchte.