Neuzugang Dennis Aogo will beim VfB Stuttgart seine vielleicht letzte Chance ergreifen, in der Bundesliga noch einmal Fuß zu fassen.

Sport: Gregor Preiß (gp)

Stuttgart - Behaupte noch einer, der VfB Stuttgart habe eine zu unerfahrene Mannschaft. Und nur junges Gemüse verpflichtet. Stimmt so nicht. 213 Bundesliga-Einsätze für den SC Freiburg, den Hamburger SV und den FC Schalke 04, zwölf Länderspiele, 2010 in Südafrika mit der Nationalmannschaft WM-Dritter. Vorhang auf für Dennis Aogo!

 

Mit seinen 30 Jahren hebt der Neuzugang den Altersschnitt der Aufsteigermannschaft merklich. So wundert es auch nicht, dass der neue Sportchef Michael Reschke die Erfahrung als einen hervorstechenden Grund für die Verpflichtung des Linksfußes nennt.

Doch da ist auch die Kehrseite des Transfers – der erste des neuen VfB-Managers übrigens. Auf ganze 267 Minuten Einsatzzeit brachte es der gebürtige Karlsruher in der vergangenen Spielzeit. Sein Einsatzort bewegte sich meist zwischen Bank und Tribüne. Bei den Schalker Fans verlor er so nach und nach das Vertrauen. Daher war es auch keine Überraschung, als der Vertrag des 30-Jährigen nicht verlängert wurde.

Plötzlich im fußballerischen Niemandsland

Und Aogo sich plötzlich im fußballerischen Niemandsland wiederfand. Marschieren statt Mannschaftstraining, Kraftraum statt Kollegen. „Es war furchtbar“, erinnert sich der Vater einer kleinen Tochter an sein persönliches Fitnessprogramm. Das von der ständigen Frage überlagert war: Was kommt danach?

Für das Camp der vertragslosen Fußballer hatte Aogo noch zu hohe Ambitionen, ein Wechsel ins Ausland stand im Raum. Bis Michael Reschke anrief. „Ich war gerade auf dem Weg zum Training, als sich mein Berater meldete und sagte: Dreh um!’“ erzählt der frühere Nationalspieler. Dann ging alles ganz schnell. Kein langes Verhandeln, kein Vertiefen in Vertragsdetails. „Ich habe nur gesagt: Auf geht’s!“

Jetzt sitzt der auf Schalke Ausgemusterte an der Mercedesstraße in Stuttgart und schaltet in den Angriffsmodus: „Ich bin fit, ich bin vital, ich bin voll motiviert für die neue Aufgabe.“ Die, das schiebt Aogo hinterher, er ohne den Ballast von früher angehen wird. Er habe viel Zeit gehabt nachzudenken und Dinge zu ändern. Seinen Berater hat er ausgetauscht, seine Ernährung umgestellt. Weniger Weizen, weniger Milchprodukte – schon waren drei Kilogramm weg. Dass er auch seine Einstellung überdacht hat, deutet er zumindest an.

Auf Schalke, so heißt es, habe sich der frühere Nutella-Werbeboy der Nationalelf gegenüber seiner Hamburger Zeit zurückentwickelt. Und meist mit wenig zufrieden gegeben. Was sich auch auf sein Spiel auswirkte. Viele Quer- und Rückpässe, ohne erkennbaren Mut zum Risiko. Auf der Sechserposition im defensiven Mittelfeld fühlte sich der Linksfuß aber auch deutlich unwohler als im linken Glied der Abwehrkette. Wo er auf Schalke aber zuletzt nicht am starken Sead Kolasinac vorbeikam. „Das muss man als Spieler dann auch mal so akzeptieren.“

Fans sind skeptisch

In Stuttgart, wo Aogo einen Zweijahres-Vertrag unterschrieben hat und die Nummer drei auf dem Rücken trägt, stellt sich die Situation ein wenig einfacher dar. Vorerst zumindest. Nach der Verletzung von Emiliano Insua, der mit einer Risswunde im Knie womöglich drei Monate ausfällt, ist die Position des Linksverteidigers vakant. Außer Aogo kommt eigentlich niemand in Frage – denn beim ursprünglichen Insua-Ersatz Ailton liegt in puncto Fitness und taktischer Disziplin noch ein weiter Weg bis zur Bundesliga-Reife.

Also Aogo. Auch wenn der nach der langen Wettkampfpause noch mit Adduktorenproblemen zu kämpfen hat. Bis Samstag (15.30 Uhr), wenn der VfB in der Hauptstadt gegen Hertha BSC sein Bundesliga-Comeback gibt, sollte es aber reichen. Glaubhaft versichert er: „Ich kann es kaum erwarten, bis es endlich losgeht.“

Ein Stück weit weniger euphorisch begleiteten die Stuttgarter Anhänger den Neuanfang des Badeners mit nigerianischen Wurzeln. Von der Rückkehr der Resterampe war die Rede, weil der VfB schon früher schlechte Erfahrungen gemacht hat, mit Spielern, die anderswo nicht mehr gebraucht wurden. Dennis Aogo würde lügen, wenn er behauptete, das ginge spurlos an ihm vorüber. „Wir sind schließlich alles Menschen.“ Andererseits hat er mit Schalke und Hamburg auch schon zwei Stahlbäder hinter sich – was kann einen da noch erschüttern! „Das hilft mir, mit Druck leichter umzugehen.“ Was beim VfB Stuttgart sicher nicht schaden kann.

VfB Stuttgart - 1. Bundesliga

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