Im Abstiegskampf denkt der Präsident Bernd Wahler darüber nach, wie er den VfB in eine goldene Zukunft führen könnte. Teil seiner Überlegungen sind auch Sami Khedira und Mario Gomez.

Stuttgart - Als VfB-Präsident wird man für so manches verantwortlich gemacht – auch dafür, dass viele Jugendliche ständig auf den Boden spucken. Wortreich jedenfalls empört sich der Bademeister des Freibades in Stetten im Remstal darüber, dass seine jungen Besucher damit der unschönen Sitte der Fußballprofis nacheiferten, und fordert Einhalt. Bernd Wahler hat durchaus Verständnis für den Verdruss des Mannes – um alle Probleme der Welt kann aber auch er sich nicht kümmern. „Sonst spielt unsere Mannschaft irgendwann in Ihrem Freibad.“

 

Es ist ein Heimspiel für den VfB-Chef. Bei der von den StZ-Journalisten Oskar Beck und Harald Beck moderierten Podiumsdiskussion in der Alten Kelter in Strümpfelbach ist er an diesem Donnerstagabend vom engsten Kreis seiner Vertrauten umgeben. Die 83-jährige Mutter sitzt in der ersten Reihe neben seinem Bruder Fritz, seine Frau Petra ist ebenfalls da. Weil jedoch die Lage bei seinem Club im Abstiegskampf immer düsterer wird, begleiten Wahler auch in der alten und neuen Heimat viele kritische Fragen.

Wahler benennt auch die vielen Defizite

Also bleibt dem VfB-Präsident nichts anderes übrig, als die Defizite schonungslos anzuerkennen. Das gilt für die Zusammenstellung der Mannschaft („Die Führungsspieler, die stabilen Säulen fehlen“); für die nicht zu erkennende Spielphilosophie („In der Jugend ist sie sichtbar, weiter oben aber nicht mehr – und das ist schlecht“); auch die taktischen Kniffe seiner Trainer will er nicht schönreden: „Auch ich habe mich über manche Auswechslung gewundert.“

Verständnis hat Wahler auch für die Kritik an Fredi Bobic, der bei den Fans schwer unter Beschuss geraten ist: „Er ist für den Sport verantwortlich und muss sich dieser Kritik stellen.“ Doch macht der Präsident auch mildernde Umstände geltend, da der Manager enge Vorgaben umsetzen müsse und wenig Geld zur Verfügung habe. Und: „Fredi ist ein hundertprozentiger VfBler und will nur das Beste für den Verein.“ Sich selbst sieht Wahler als „Korrektiv“: „Ich mische mich sehr wohl ein und setzte mich mit den sportlichen Dingen auseinander.“

In der neuen Saison soll der Generalangriff folgen

Das will der Präsident künftig noch stärker tun – und, sofern der Klassenverbleib in der Bundesliga gelingt, in der neuen Saison zum Generalangriff blasen. Noch immer spricht Wahler („Ich weiß, das klingt gerade verrückt“) von der Champions League und hat „einen ziemlich genauen Plan, wie wir das verwirklichen können“.

Der sieht so aus: „Wenn ich zu den Besten gehören will, brauche ich die besten Leute.“ Das gilt einerseits für die sportliche Leitung. Vorerst ist Wahler froh, dass Huub Stevens als Retter gekommen ist – für die Zukunft aber denkt er an andere Leute, möglichst mit VfB-Vergangenheit. Die „ein, zwei Namen“, die er im Kopf habe, will er zwar nicht verraten, doch kann man nach wie vor fest davon ausgehen, dass es sich um den Mainzer Trainer Thomas Tuchel handelt und um Ralf Rangnick, den Sportdirektor der Red-Bull-Fußballabteilung (die StZ berichtete). Es sei „nicht unmöglich, jene Leute zu holen, die der größte Garant für den Erfolg sind“, sagt Wahler.

„Wir wollen internationale Stars holen“

Andererseits denkt er auch im Bezug auf Verstärkungen für die Mannschaft in den größtmöglichen Dimensionen. Künftig sollen beim VfB „keine Ergänzungsspieler mehr“ verpflichtet werden, sondern „internationale Stars, die die Jungen führen“. Wer das sein könnte? „Ich möchte nicht ausschließen, dass irgendwann Sami Khedira zurückkommt. Das würde mir gefallen.“ Und weil’s so schön wäre, gilt Gleiches auch für Mario Gomez: „Grundsätzlich sind das Überlegungen, die wir anstellen.“ Eines kann man dem früheren Adidas-Manager also spätestens seit diesem Abend in Strümpfelbach nicht mehr vorwerfen: dass er keine Visionen hätte.

Wahler weiß auch schon, wo das nötige Kleingeld herkommen soll, um die tollkühnen Vorhaben in die Tat umzusetzen. Dazu gehört die Ausgliederung der Profiabteilung aus dem Gesamtverein; und damit einher geht die Rekrutierung neuer finanzstarker Sponsoren. Viele Klinken habe der Präsident in den vergangenen Wochen und Monaten bei Wirtschaftsunternehmen in der Region geputzt – und dabei „ein gutes Echo“ auf seine Pläne vernommen. Einige Firmen seien „bereit, mehr zu investieren“, sagt Wahler und ist folglich „guter Dinge, dass wir in Zukunft mehr Geld generieren, das wir in die Mannschaft stecken können“.

Die Realität heißt Abstiegskampf

Vorerst aber, das könnte fast in Vergessenheit geraten, heißt die Realität des VfB Stuttgart: Abstiegskampf. Und wie ruppig es dort zugeht, hat Bernd Wahler erst am vergangenen Samstag erlebt, als er nach dem 2:2 gegen Braunschweig von den Fans („Wir woll’n den Vorstand sehen“) in die Kurve zitiert und angespuckt wurde. Der Bademeister aus Stetten kennt das Problem. Immerhin trifft es in seiner Anstalt aber nur den frisch gemähten Rasen.