Die Fans unterstützen den neuen Mann, denn im VfB-Fanausschuss ist die Zustimmung für den Präsidentschaftskandidaten Bernd Wahler so groß, dass seine Wahl am 22. Juli als Formsache erscheint.

Stuttgart - Bernd Wahler (55) gilt als Weinliebhaber. Am Abend des 22. Juli wird er dann voraussichtlich ein Fläschchen entkorken und auf seinen Erfolg anstoßen können – vielleicht sogar mit Gerhard Mayer-Vorfelder, der einen guten Tropfen auch zu schätzen weiß. Dazu würde ein Trinkspruch auf den VfB Stuttgart passen, für den Wahler auf der an diesem Tag stattfindenden Mitgliederversammlung als Präsidentschaftskandidat ins Rennen geht. Dass er wie einst der heutige Ehrenpräsident Mayer-Vorfelder fast 100 Prozent der Stimmen erhält, ist zwar unwahrscheinlich. Aber zu einer soliden Mehrheit sollte es reichen – meinen zumindest Oliver Schaal, Heinz Münch und Andreas Göz, die wissen, wie die Stimmung an der Basis ist.

 

Die drei Vertreter aus dem Fanausschuss sind schon lange dabei. Zuletzt haben sie sich große Sorgen um ihren Club gemacht, doch jetzt gibt es Hoffnung auf Besserung. Der Hoffnungsträger heißt Wahler, der die Nachfolge des unbeliebten Gerd Mäuser (55) antreten soll. „Mäuser hat vor zwei Jahren ja nur 58 Prozent der Stimmen bekommen. Das war ein katastrophales Signal, das sich jetzt nicht wiederholen darf“, sagt Münch, der vermutet, dass es Wahler auf „70 bis 80 Prozent“ bringt.

Hundt ist Vergangenheit

So schnell ändern sich die Vorzeichen.Wenn Wahler bis zum 22. Juli keine für Fans absurde Vorschläge wie die komplette Ausgliederung des Kartenvorverkaufs an den umstrittenen Ticketanbieter Viagogo liefert, hat er nichts zu befürchten. Dabei steht für Schaal, Münch und Göz fest, dass er keine Chance gehabt hätte, wenn er von Dieter Hundt nominiert worden wäre. Aber der Aufsichtsratschef ist am 17. Juni zurückgetreten. „Unter ihm war das System darauf ausgerichtet, dass die Machtverhältnisse bestehen bleiben. Daraus muss sich der VfB befreien“, sagt Schaal, der Sprecher des Commandos Cannstatt.

Hundt ist Vergangenheit. Die Zukunft heißt Wahler. Positiv sei, dass er keiner Partei angehöre und nicht wie zuvor Mäuser von Uhingen aus gesteuert werde, sagt Göz. In Uhingen ist der Firmensitz von Hundt. Wahlers wichtigster Ansprechpartner im Aufsichtsrat ist jetzt Joachim Schmidt, der den Posten von Hundt übernommen hat.

Am bisherigen Auftritt des Daimler-Managers hat der Fanausschuss nichts auszusetzen. Er habe für das Präsidentenamt ein Stellenprofil geschaffen und nach dieser Vorgabe sei die Suche diskret abgelaufen, sagt Schaal, „das war anders als früher.“ Aber es müsse nach der Mitgliederversammlung weitergehen, die Kultur beim VfB müsse sich ändern. „Der Aufsichtsrat muss erklären, wo er mit dem Club hin will“, sagt Schaal. Es genüge nicht, ein Leitbild nur zu formulieren – „man muss das auch leben. Papier ist geduldig. In den letzten beiden Jahren wurde viel erzählt, aber wenig getan.“

„Wir wollen spüren, dass neuer Schwung entstehen kann“

So viel zur Ära Hundt. Ohne ihn hat der Aufsichtsrat vorerst wieder Kredit – wie Wahler. Der Fanausschuss wünscht sich vor der Versammlung am 22. Juli nur, dass sich der Bewerber mal in einem den Mitgliedern zugänglichen Rahmen präsentiert. „Wir müssen die Gelegenheit haben, ihn kennenzulernen“, sagt Münch. Zunächst einmal stellt sich Wahler jedoch heute auf einer Pressekonferenz vor – sein erster öffentlicher Termin für den VfB. „Darauf wartet jeder gespannt“, sagt Schaal. Dass Wahler gleich ein fertiges Konzept auf den Tisch legt, verlangt keiner. In den nächsten beiden Wochen könne es für Wahler nur darum gehen, Sympathiepunkte zu sammeln, sagt Göz, „er soll uns bloß mitnehmen und sagen: Auf geht’s Leute, lass’ uns auf die Reise gehen. Wir wollen spüren, dass neuer Schwung entstehen kann.“

Wahler muss anders agieren

Damit nicht wieder der Eindruck wie unter Hundt vorherrscht, „dass verschiedene Interessengruppen beim VfB ihr Süppchen kochen“ (Münch). Dadurch sei Vertrauen in die Vereinsführung verloren gegangen. Das zeigt sich, wenn es um Sachthemen wie die Abspaltung der Profiabteilung geht – ein Ziel, das der VfB mittelfristig verfolgt. „Wir wollen Transparenz und offene Diskussionen über die Strukturen des Clubs“, sagt Schaal, „man muss uns erklären, was da passiert und was man danach als Mitglied noch zu melden hat.“

Mayer-Vorfelder hat solche Vorhaben früher einfach durchgepeitscht. Das entspricht nicht mehr dem Zeitgeist. Wahler muss anders agieren. Aber spätestens beim Wein finden der Präsident in spe und der Ehrenpräsident dann ja wieder zusammen.