Der VfB Stuttgart kostet die öffentliche Hand viel Geld. Daraus ist eine Verpflichtung zu partnerschaftlichem Handeln erwachsen. Diese Partnerschaft lebe der Verein aber nicht, meint StZ-Autor Jörg Nauke.

Stuttgart - Von der Bewerbungsrede des neuen Präsidenten des VfB Stuttgart, Wolfgang Dietrich, ist in Erinnerung geblieben, dass er in die Nachwuchsarbeit investieren und den Verein wieder näher bei den Menschen in Stadt und Region verortet haben will. Gerade an der Identifikation mit den Repräsentanten des krisengeschüttelten Absteigers mangelt es bekanntlich. Das gilt unabhängig vom Zuschauer- und Sponsoreninteresse im Jahr eins in Liga zwei. Dietrich tut also gut daran, sich dieser Baustelle anzunehmen.

 

Schulen vor vollendete Tatsachen gestellt

Ein derart respektloser Umgang, wie ihn der Präsident nun aber mit den Eliteschulen pflegt, dürfte nicht als vertrauensbildende Maßnahme verstanden werden. Unter dem Motto „VfB First“ wird ein etabliertes Förderkonzept perforiert; man kündigt die gute Zusammenarbeit ohne Vorwarnung auf und stellt die zuverlässigen Partner im Verbundsystem vor vollendete Tatsachen. Mit dieser Aktion macht sich der VfB keine Freunde. Zudem ist nur schwer zu verstehen, warum sich der Club in einer Privatschule einen besser auf die Bedürfnisse seines Nachwuchses abgestimmten Unterricht verspricht als in den von Fachkompetenz und persönlichem Engagement geprägten Schulen in der Nachbarschaft. Diese Idee scheint nicht zu Ende gedacht.

Strippenzieher an der Kolping-Spitze

Dass sich die Kolping-Akademie angedient hat, muss nicht verwundern. Geschäftsführer Klaus Vogt verfügt als Mitglied eines VfB-Freundeskreises über die nötigen Kontakte im Verein. Der Ex-Wirtschaftsförderer der Stadt gilt als cleverer und geschmeidiger Strippenzieher – so konnte in kurzer Zeit aus einem Dietrich-Gegner ein Dietrich-Freund werden.

Der VfB hat das Glück, einen stets zuverlässigen Partner an seiner Seite zu wissen. Gleich wer dem Verein zuletzt vorstand, die Besuche im Rathaus dienten meist nur dem Zweck, die Übernahme von Kosten zu erreichen. Die Stadt gab reichlich – Zuschüsse für das Leistungszentrum, für Sportplätze oder sie kürzte die Stadionpacht. Diese besonderen Nehmerqualitäten in Kombination mit überheblicher Attitüde der Clubchefs erzeugten aber auch Frust.

Das Verhältnis ist latent belastet, der aktuelle Vorgang trägt nicht zur Besserung bei, auch wenn die Bürgermeister Schairer und Fezer so tun, als ginge die Stadt das Ganze nichts an. Die fehlende fachliche Zuständigkeit schließt natürlich ein Bekenntnis zum Spitzensport und zu seinen Förderschulen nicht aus. Darauf fußt bekanntlich der Ruf Stuttgarts als Sporthauptstadt. Auch heute unterstützt sie herausragende Events im Tanzen und Turnen. Sie beteiligte sich an der Sanierung des Olympiastützpunkts, plant den Bau eines Sportbads sowie Fußballplätze, auch für den Profikicker-Nachwuchs – in Bad Cannstatt, nicht in Fellbach. Deshalb sollte die Stadt gegenüber dem VfB endlich klare Kante zeigen.