Prominente Stuttgarter Fans sprechen über ihr Verhältnis zum Fußball und zum VfB – und das in einer Kneipe ihrer Wahl. Dieses Mal: Christoph Sonntag im Danziger Stüble.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Peter Stolterfoht (sto)

Stuttgart - Hier haut das Tresenpublikum so schnell nichts vom Hocker. Auch nicht, dass gerade ein stadtbekannter Kabarettist sich die Schuhe auszieht, auf die Bank klettert und unter einem VfB-Schal für das Zeitungsfoto eine Jubelpose einnimmt. Genauer gesagt interessiert das an der Bar niemanden. Willkommen im Danziger Stüble, wo bierfeuchte Männerträume wahr werden, wo man nämlich ungestört in sein Pilsglas starren und dem Schaum beim Wenigerwerden zuschauen darf. An diesem frühen Spätsommerabend hat Christoph Sonntag in seine Stammkneipe gebeten, wo der zweite Teil der StZ-Serie „Heimspiel“ über die Bühne geht. „Hier fühle ich mich wohl“, sagt Sonntag über den selbst gewählten Austragungsort für das Prominentengespräch über Fußball und den VfB.

 

Das Danziger Stüble mit seinem rauen Charme ist eine Perle der Stuttgarter Kneipenkultur und gleichzeitig so etwas wie der an der Nürnberger Straße gelegene Grenzposten zwischen Cannstatt und Fellbach vis-à-vis der Funkerkaserne. „Sieht hier doch fast aus wie in einer Strandbar“, sagt Christoph Sonntag mit einem Weizen in der Hand zufrieden auf der Terrasse sitzend. Das Danziger Stüble wiederum ist in griechischer Hand. Und weil die Chefin Geburtstag hat, serviert die freundliche Bedienung Christina gleich noch einen Gratis-Ouzo dazu. Neben solchen kleinen Aufmerksamkeiten schätzt Christoph Sonntag an seiner Stammkneipe, die nur wenige Gehminuten von seinem Zuhause entfernt ist, dass hier noch die alte Theken-Philosophie „leben und leben lassen, Prost“ beherzigt wird. „Keine Show, keine großen Sprüche“, zählt der 56-Jährige weitere Vorteile seiner Kneipe auf, die mittlerweile auch sein 20 Jahre alter Sohn Samuel zu schätzen weiß. Das Danziger Stüble ist bei den Sonntags eine Art Vater-Sohn-Kiste, in der auch regelmäßig Fußball geschaut und darüber gesprochen wird. Im Mittelpunkt steht der VfB. „Mein Sohn ist der Experte, der zu jedem Ausleihgeschäft auch noch die exakte Gebühr nennen kann, während ich mehr über die Emotionalität komme“, sagt Christoph Sonntag, der auf der Haupttribüne kein grummelnder Bruddler, sondern eher Typ lauter Schreier sei.

Am Freitagabend beim Spiel gegen Düsseldorf wird es deshalb leiser in der Mercedes-Benz-Arena sein, weil Christoph Sonntag zeitgleich mit seinem Programm „Bloß keinen Trend verpennt“ im Theaterhaus auftritt. „Für alle, die keine Karte mehr für das Spiel bekommen haben“, sagt er.

Schnell die rebellische Anti-Fußball-Haltung aufgegeben

Christoph Sonntag bleibt auch nach dem Bundesligastart mit drei sieglosen VfB-Spielen optimistisch: „Ich bin mir allerdings nicht mehr so sicher, ob meine Vorhersage mit Platz sieben am Saisonende mit zwischenzeitlichen Höhenflügen bis auf Position vier so noch eintritt.“ An eine Sieglosserie will er gar nicht denken, weil er Trainerwechsel nicht mag. „Ich lerne die Trainer ja immer alle irgendwann kennen, finde sie nett, und dann tut es mir leid, wenn sie gehen müssen.“

Dann spricht er darüber, wie verzweifelt er nach dem Abstieg war und über bundesweiten Spott Richtung Schwaben. „Vieles bei uns hier ist absolut spektakulär. Und wenn wir dann auch noch über Wasser laufen, dann heißt es, schau an, die können nicht einmal schwimmen.“

In seinem Elternhaus in Waiblingen ist Christoph Sonntag früh mit Fußball in Kontakt gekommen. Sein Vater, von Beruf städtischer Landschaftsplaner, setzte sich jeden Samstag vor das Radio und drehte die Bundesliga-Berichterstattung demonstrativ auf volle laute Stärke: „Er wollte von nichts und niemandem gestört werden. Zu diesem Bild gehört auch sein ständig wippender Fuß.“

Zur jugendlichen Rebellion von Christoph Sonntag gehörte es, sich nicht wie der Vater für Fußball zu interessieren. Dieser Widerstand brach im Laufe der Zeit aber komplett in sich zusammen. „Ein guter Kicker bin ich aber leider nicht geworden. Der Höhepunkt meiner Karriere war das Abschlussspiel beim Zivildienstlehrgang im Hohenlohischen“, erzählt er. „Nachdem ich am Anfang einen Ball mit links volley versenkt hatte, dachten die Mitspieler, ich hätte es drauf und gaben die Taktik aus, mich ständig anzuspielen. Irgendwann wurde ihnen aber klar, dass ich doch nicht so gut bin, wie sie dachten. Aber immerhin 20 Minuten lang hatte ich den Ruf als eiskalter Knipser“, sagt Christoph Sonntag – bevor er nach Hause dribbelt.