Beim Testspiel gegen Heidenheim erhält der VfB-Coach Armin Veh immer mehr eine Ahnung davon, warum die Stuttgarter zuletzt im Abstiegskampf steckten. Doch immerhin passen beim 4:2-Sieg die Standardsituationen. Auf Dauer dürfte das zu wenig sein.

Sport: Carlos Ubina (cu)

Heidenheim - In der 70. Minute hat sich dann doch noch etwas Leichtigkeit in das schwerfällige Spiel des VfB Stuttgart geschlichen. Daniel Didavi nahm Anlauf, traf den ruhenden Ball irgendwo zwischen Voll- und Innenspann seines linken Fußes, die Kugel nahm dann eine wunderbare Flugkurve über die Heidenheimer Mauer hinweg und landete direkt im oberen Toreck.

 

2:2 stand es anschließend, weil der Torhüter Jan Zimmermann zwar schaute und zuckte, aber letztlich nichts mehr ausrichten konnte gegen den Freistoß. „Entweder man kann’s oder man kann’s nicht“, sagte Frank Schmidt, der Trainer des 1. FC Heidenheim, „da spielen dann auch die schweren Beine keine Rolle mehr.“ Und Didavi kann’s eben, wie auch sein Trainer Armin Veh versicherte: „Das war kein Zufall. Der macht das auch im Training so.“

Zwei Freistoßspezialisten im VfB-Team

Mit einer sehr ausgefeilten Schusstechnik geht Didavi zu Werke. Ebenso wie sein Mittelfeldkompagnon Alexandru Maxim – was dem VfB gegen den Zweitliga-Aufsteiger schließlich einen 4:2-Sieg und den damit verbundenen Max-Liebhaber-Pokal bescherte. Denn dank der Qualitäten der beiden Freistoßspezialisten hatten die Stuttgarter das Ergebnis von 1:2 auf 3:2 gestellt, da Vedad Ibisevic nach einer Freistoßflanke von Maxim per Kopf traf (80.).

Die Vorbereitungsgeschichten der VfB-Tore – zuvor und danach waren noch Ibisevic (54.) und Marco Rojas (90.) erfolgreich – liest sich dann auch wie die Klassiker aus dem Fußball: Flanke, Freistoß, Konter. Es sind die einfachen Dinge, die beim Bundesligisten funktioniert haben – und wohl funktionieren müssen. Auch gegen einen Kontrahenten wie Heidenheim, der eine Woche vor seinem Zweitligadebüt spritziger wirkte, aber vor allem eine klare und gut strukturierte Spielanlage zeigte.

Kaum Ideen im Angrifsspiel

„Sie haben uns einige Probleme bereitet“, sagte Veh. Wobei sich der VfB die Probleme ein Stück weit auch selbst bereitete, da es in der mit 10 000 Zuschauern gut gefüllten Voith-Arena lange den Anschein hatte, als hätten die Stuttgarter ihre mäßige Form aus der Vorsaison konserviert: Die Abwehr war nicht wirklich stabil, das Mittelfeld verlor ständig den Ball und bis in den Angriff drang kaum eine Idee vor, wie man die Heidenheimer aushebeln könnte.

So erhält der neue VfB-Coach immer mehr eine Ahnung davon, warum die Stuttgarter zuletzt im Abstiegskampf steckten. Trotz eines vermeintlich guten Kaders. Für die Leistung in Heidenheim hatte Veh dennoch eine Erklärung: „Ich habe schon nach wenigen Minuten gesehen, dass die Mannschaft müde ist.“ Wie sich das Team aus der körperlich und spielerisch misslichen Lage befreite, war für den Trainer dann aber die positive Erkenntnis des Abends. „Für die Spieler ist es wichtig zu merken, dass sie auch Tore erzielen können, wenn es mal nicht läuft“, sagte Veh.

Die Transferwünsche des Trainers

Doch unabhängig von Vehs Realismus ist auch klar, dass der VfB personell noch nachlegen muss, um zumindest die bisherigen Abgänge abzufangen. Seine Wünsche diesbezüglich hat der Trainer bei Manager Fredi Bobic hinterlegt. Gefragt ist zum Beispiel ein offensiver Außenbahnspieler wie Filip Kostic (FC Groningen), der Ibrahima Traoré nicht nur formal ersetzt, sondern mehr Tempo in die Aktionen bringt.

Treiben lassen will sich in Sachen Verpflichtungen aber niemand beim VfB. Dennoch gehen sie im Club davon aus, dass Vehs erste Beobachtungsphase abgeschlossen ist – und seine Geduld nicht strapaziert werden sollte. Denn von sechs Testspielen haben die Stuttgarter zwar fünf gewonnen, ohne jedoch spielerisch zu gefallen.

„Es ist bekannt, dass wir noch etwas machen wollen – und auch auf welchen Positionen“, sagte der Trainer erneut. Mit großer Gelassenheit. Was allerdings nicht so bleiben muss, wenn sich bei dem 53-Jährigen der Eindruck verdichtet, dass bei den Transfers nichts vorangeht. Dann nimmt Veh für gewöhnlich die Sache selbst in die Hand – und seine Begleitworte in der Öffentlichkeit können letztlich so präzise und schneidend sein wie Didavis Freistöße.

Mitgliederversammlung Am Montag findet in der Porsche-Arena die Mitgliederversammlung des VfB Stuttgart statt. Beginn ist um 18 Uhr.