Der 20-jährige Stürmer Christoph Hemlein spielt sich mit seiner unerschrockenen Art beim VfB-Stuttgart immer mehr in den Vordergrund.

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)

Stuttgart - Natürlich hat er auch den einstigen Tennisstar Boris Becker schon mehrfach hautnah erlebt. Schließlich betrieben seine Großeltern in dem 119-Seelen-Weiler namens Lingental, einem Ortsteil von Leimen, einst das einzige Hotel mit angeschlossenem Restaurant. Im Lingentaler Hof, den jetzt der Onkel des VfB-Stürmers Christoph Hemlein führt, geht noch heute Boris Beckers Mutter Elvira regelmäßig ein und aus.

 

Hemlein, der Junge vom Dorf, hat sich inzwischen zumindest einen kleinen Teil der großen Sportwelt selbst erobert. Zwar muss sich der 20-Jährige noch immer in der Kabine der Stuttgarter U23 umziehen, wie beim VfB die Drittligamannschaft intern genannt wird. Doch der Stürmer mit den blauen Augen und dem blonden Lockenkopf trainiert jetzt schon eine Weile unter der Regie des Stuttgarter Chefcoachs Bruno Labbadia bei den Profis mit. Mehr noch: Hemlein kann bis jetzt drei Teileinsätze in der Bundesliga (in Nürnberg und Mainz sowie gegen Dortmund) und ein DFB-Pokalspiel gegen den FSV Frankfurt vorweisen, in dem er sogar in der Anfangsformation stand. "Ich habe jetzt Appetit bekommen - und will natürlich mehr. Ich möchte bei den Profis dazu lernen und mich weiterentwickeln", sagt der Sohn eines Druckereibesitzers.

Kaum Berührungsängste

Dabei ist es auch seine unerschrockene, erfrischende Art, mit der sich der Nachwuchsstürmer beim VfB in den Vordergrund gespielt hat. Als er am 22. Oktober in Nürnberg in der Bundesliga von der 76.Minute an debütierte, da gelang dem Innenverteidiger Maza wenig später per Kopf der Ausgleich zum 2:2-Endstand. Danach drückte der Novize Hemlein den Mexikaner derart intensiv an seine Brust, als würden sich die beiden schon seit 15 Jahren kennen. "Egal, in welcher Mannschaft ich spiele, ich identifiziere mich immer voll mit dem, was auf dem Platz passiert", sagt Hemlein, der junge Springinsfeld mit dem Profivertrag bis ins Jahr 2014, der offenbar kaum Berührungsängste kennt.

Allerdings macht sich der 20-Jährige einige Gedanken. Also konnte der junge Mann in der Nacht nach seinem bis dato letzten Profieinsatz, dem turbulenten 1:3 beim FSV Mainz, lange nicht einschlafen. Zu sehr beschäftigte ihn die Szene acht Minuten vor dem Schluss, als er nach seiner Einwechslung frei vor dem Tor am Boden liegend am Ball vorbeischlug: "Da hatte ich so eine einfache Chance, meinen ersten Bundesligatreffer zu machen - und dann so etwas", erzählt Hemlein, der weiß, dass er seine Einsätze im Fußball-Oberhaus auch den Verletzungen der Stürmer Pawel Pogrebnjak und Julian Schieber verdankt.

Hemlein sorgt für ein Novum

"Er zeigt viel Einsatz und ist ein großes Talent, das aber noch reifen muss", sagt Bruno Labbadia über den Neuprofi mit der Nummer 36, der bis zur C-Jugend beim FVNußloch spielte, ehe die Scouts vom Karlsruher SC, dem SC Freiburg und der TSG 1899 Hoffenheim auf ihn aufmerksam wurden. Letztlich entschied sich Hemlein für Hoffenheim, kam dort aber nach der Jugend nicht entscheidend weiter.

"Ich hatte im Sommer auch ein Angebot von Borussia Dortmund", erzählt der junge Mann, "aber beim VfB Stuttgart erschienen mir die Perspektiven am besten." Also sorgte Hemlein für ein Novum: Während Spieler wie etwa Tobias Weis, Andreas Beck, Sebastian Rudy oder Boris Vukcevic vom VfB zu 1899 wechselten, ging der Fachabiturient Hemlein den umgekehrten Weg.

Jugendliche Unbekümmertheit

Ganz leicht ist ihm diese Entscheidung nicht gefallen, denn der Blondschopf ist bereits mit 18 Jahren Vater geworden. Seine nun zweijährige Tochter Sanja Elena lebt bei der Mutter in Sandhausen, aber auch Hemleins Eltern passen oft auf die Kleine auf. "Wann immer ich Zeit habe, ist Sanja auch bei mir", sagt Hemlein. "Ich habe zwar nicht geplant, so jung Vater zu werden - aber ich bin jetzt sehr glücklich."

Seine jugendliche Unbekümmertheit sieht Christoph Hemlein auch auf dem Fußballplatz als sein großes Plus an. "Dass ich technisch nicht der beste Fußballer bin, das weiß ich selber. Ich lebe auf dem Platz von meiner Dynamik und meiner Schnelligkeit", sagt der gebürtige Heidelberger, "außerdem habe ich einen großen Willen - und ein sehr großes Herz."