Kein Bundesligaspieler hat mit 20 mehr Spiele bestritten als Timo Werner. Längst steht der VfB-Stürmer daher unter der Beobachtung anderer Clubs. Doch die Stuttgarter denken nicht daran, das Eigengewächs abzugeben.

Stuttgart - Timo Werner übte wie üblich den Torabschluss, als die Diskussionen um seine Person wieder einmal eine neue Wendung nahmen. Nicht mehr um vergebene Chancen ging es diesmal, sondern um die Zukunft des VfB-Stürmers. Zum „Super-Werner“ ernannte ihn am Mittwoch balkendick die „Sport-Bild“ und berichtete davon, dass Borussia Dortmund hinter ihm her sei und RB Leipzig eine Ablöse von bis zu 20 Millionen Euro biete. Bei solche Summen und Spekulationen kann einem jungen Spieler schon mal schwindelig werden – zumindest dann, wenn man nicht Timo Werner heißt.

 

„Jung und erfahren, das gibt es nur auf dem Straßenstrich“ – diesen kernigen Spruch aus der TV-Serie „Stromberg“ hat der frühere VfB-Torwart Sven Ulreich einst auf den Profifußball übertragen. Timo Werner, seit vergangenem Sonntag 20 Jahre alt, ist dabei, den Gegenbeweis anzutreten. 94 Bundesligaspiele hat er bereits bestritten, mehr als jeder andere in diesem Alter. Es ist nur einer der Rekorde, mit denen er in die Bundesligahistorie Eingang gefunden hat. Man wird also nicht fürchten müssen, dass Werner mit seinem Kopf woanders ist, wenn er am Samstag in Ingolstadt sein 95. Bundesligaspiel macht.

Werners Vertrag läuft bis 2018

Ohnehin braucht sich Werner, dessen Vertrag bis 2018 läuft und keine Ausstiegsklausel enthält, nicht allzu viele Gedanken über die Verlockungen anderer Clubs machen. Vom VfB hat das Eigengewächs den Stempel „unverkäuflich“ aufgedrückt bekommen. Das hat bereits der Manager Robin Dutt erklärt und auf Daniel Didavi verwiesen, bei dem der VfB im Sommer trotz aller Millionenangebote hart geblieben war. Jürgen Kramny bekräftigt diese Haltung: „Die Fronten sind klar abgesteckt – Timo ist ein ganz wichtiger Spieler, und das wird er auch bleiben“, sagt der Trainer. „Wir können stolz darauf sein, dass Timo beim VfB spielt. Er hat schon eine gute Karriere hinter sich und wird noch eine viel bessere machen.“

Intensiv beschäftigt sich Kramny seit seinem ersten Tag mit dem Stürmer, der nach fast jedem Training Zusatzschichten macht. „Wir sprechen täglich miteinander“, sagt Kramny und empfindet es als „meine Aufgabe, ihm zu vermitteln, dass er einen Trainer hat, der ihm zu hundert Prozent vertraut.“ Das hat zwar noch nicht verhindern können, dass Werner in dieser Saison 15 Großchancen ausgelassen hat, mehr als jeder andere Bundesligastürmer. Eine Weiterentwicklung aber ist deutlich sichtbar – und ließ sich bei 5:1 am Samstag gegen Hoffenheim eindeutig belegen: Da reichte Werner eine einzige Torchance, um seine sechsten Saisontreffer zu erzielen.

Gegen Hoffenheim bewährte sich Werner als Joker

Als Joker kam er in dieser Partie ins Spiel, nachdem er in den Monaten zuvor im VfB-Angriff fest gesetzt war. Zum Abschluss der englischen Woche wollte Kramny ihn ein wenig schonen – und registrierte dann beeindruckt, wie sich Werner nach der Einwechslung präsentierte: „Es tut ihm auch mal gut, wenn der Gegner schon etwas müde ist und er Räume bekommt. Mit seiner Geschwindigkeit kann er dann jeder Mannschaft wehtun.“

In Ingolstadt wird Werner mit großer Wahrscheinlichkeit trotzdem wieder in der Startelf stehen. Was mit seinem Treffer zu tun hat, aber auch damit, dass sein Vertreter Artem Kravets einige gute Chancen und damit die Gelegenheit ausließ, sich vorerst festzuspielen. Groß war der Einsatz des Leihstürmers aus der Ukraine, überschaubar der Ertrag – ein Schicksal, das auch Werner nicht fremd ist. Seine Tauglichkeit hat Kravets dennoch bereits erkennen lassen: Beim 2:1 gegen Hamburg stellte er im ersten Heimspiel der Rückrunde kurz vor Schluss mit einem schönen Kopfballtreffer den wichtigen Sieg sicher.

Kravets hat gute Chancen, fest verpflichtet zu werden

Für den 26-Jährigen gilt somit aller Voraussicht nach das Gleiche wie für Werner: Auch auf ihn wird der VfB in der neuen Saison nicht verzichten wollen. Bis Saisonende muss sich der Verein entscheiden, ob er Kravets zurück nach Kiew schickt oder für rund drei Millionen Euro fest verpflichtet. Dass sich Daniel Ginczek das Kreuzband gerissen hat und noch lange ausfällt, hat seine Chancen zusätzlich vergrößert, den erhofften Anschlussvertrag zu bekommen.

Bei Martin Harnik dagegen dürften die Zeichen eher auf Abschied stehen. Werbung in eigener Sache kann der Österreicher vorerst nicht machen. Nachdem er lange wegen einer Knieverletzung gefehlt hatte, fällt Harnik nun mit einem Faszienriss in der Wade aus. An Timo Werner wäre er derzeit aber sowieso nicht vorbeigekommen.