VfB Stuttgart bei Eintracht Frankfurt Die erstaunliche Entwicklung des Omar Marmoush
Der frühere Stuttgarter ist beim kommenden Gegner Eintracht Frankfurt der Mann der Stunde. Wie hat er sein Offensivspiel verändert?
Der frühere Stuttgarter ist beim kommenden Gegner Eintracht Frankfurt der Mann der Stunde. Wie hat er sein Offensivspiel verändert?
Es ist noch gar nicht lange her, da plagte Eintracht Frankfurt eine handfeste Stürmerkrise. Das Toreschießen war nach dem Abgang von Randal Kolo Muani im September eine echte Mühsal, magere vier Treffer standen nach den ersten fünf Bundesliga-Spieltagen zu Buche – und Cheftrainer Dino Toppmöller sah noch genau zwei Optionen: „Entweder muss sich jetzt einer entwickeln, oder wir wechseln uns selbst ein.“ Um ein Comeback kam der 43-jährige Ex-Stürmer dann doch herum, da einer seiner Schützlinge den erhofften Schub machte: Omar Marmoush.
Fünf Tore gelangen ihm zuletzt in vier Partien – was auch deshalb erwähnenswert ist, weil der 24-Jährige bis dato nicht als Torjäger vom Dienst aufgefallen war und er in der gesamten vergangenen Saison für den VfL Wolfsburg ebenfalls fünf Treffer erzielt hatte. Die jüngsten Frankfurter Gegner waren zudem beileibe keine Laufkundschaft, unter anderem Borussia Dortmund und die TSG Hoffenheim. Keine Frage, Marmoush ist der Spieler der Stunde am Main – und als Kolo-Muani-Ersatz im Sturmzentrum ein entscheidender Faktor, dass die seit acht Pflichtspielen unbesiegten Hessen vor dem Heimspiel gegen den VfB Stuttgart an diesem Samstag (18.30 Uhr) wieder in der Erfolgsspur sind.
Für Marmoush wird die Partie ein Treffen mit alten Bekannten – aber in neuer Rolle: Als der Ägypter 2021/22 leihweise ein Jahr für den VfB spielte, war das Sturmzentrum noch alles andere als seine Heimat. Meist kam er als Dribbler über den Flügel, manchmal agierte er als hängende Spitze, ein Knipser in der vordersten Linie war er nie. Schon eher ein wendiger Techniker, der mit seinem feinen rechten Fuß immer für besondere Momente gut war. Sein direkt verwandelter Freistoß gegen den FC Augsburg (3:2) im März 2022 fällt in diese Kategorie, auch die scharfe Ecke zum rettenden 2:1 durch Wataru Endo gegen den 1. FC Köln wenige Wochen später.
Das ist die eine Seite. In seinem Stuttgart-Jahr gab es aber auch den anderen Omar Marmoush – der Chancen fahrlässig liegen ließ, mit einem Hang zum Eigensinn auffiel und auch mal polarisierte. Ein mittelschweres Echo rief sein Elfmeter im Dezember 2021 beim 2:0-Sieg gegen den VfL Wolfsburg hervor, den er aufreizend lässig an die Latte chippte. Selbst VfB-Mitspieler Philipp Förster war im Anschluss ungehalten und sprach von mangelndem Respekt.
Heute? Schießt Marmoush die Strafstöße anders. Humorlos in die Mitte zimmerte er den Ball kürzlich, als er gegen den BVB zur Frankfurter Führung traf. Auch seine anderen Tore erzielte er zuletzt auf seriös-effiziente Art. Ein schlichter Abstauber nach einem Konter war dabei, ein ansatzloser Drehschuss aus 15 Metern ebenfalls.
Zudem nutzt Marmoush sein großes Tempo oft dazu, in die Position ganz vorne zu sprinten, anstatt sie von vornherein zu besetzen. „Er hat durch seine Geschwindigkeit immer wieder Momente, die für einen Verteidiger unangenehm sind, wenn er in die Tiefe geht“, sagt Toppmöller über seinen etwas anderen Mittelstürmer, der anfangs eigentlich als Ersatz für Außenspieler Jesper Lindström (zur SSC Neapel) vorgesehen war. Dann kam der kurzfristige Abgang Kolo Muanis (zu Paris Saint-Germain), für den am letzten Transfertag kein adäquater Ersatz mehr zu finden war. Marmoush stieß in ebenjene Lücke.
„Omar ist ein sehr guter Spieler“, sagt Toppmöller, „der das Toreschießen jetzt ein bisschen entdeckt hat.“ Wenige Wochen hat die Umstellung hin zur neuen Rolle im Sturmzentrum gedauert – vielleicht auch deshalb, weil Marmoush schon Erfahrung in puncto Tapetenwechsel und neuen Konstellationen hat: Für immerhin vier Vereine – den FC St. Pauli, den VfB, die Wolfsburger und die Frankfurter – spielte er in den vergangenen knapp drei Jahren.
Sein jetziges Formhoch haben sie natürlich auch in Bad Cannstatt registriert. „Er spielt eine richtig gute Saison und ist in der zentralen Position vorne gefährlich unterwegs“, sagt VfB-Trainer Sebastian Hoeneß über Marmoush, dem er eine zentrale Rolle im Frankfurter Spiel attestiert. Aber, ergänzt der Stuttgarter Coach: „Wir haben auch Qualität.“ Die Voraussetzungen seien daher gegeben für eine packende Partie.
Die ist für Marmoush übrigens nicht nur aufgrund seiner Stuttgarter Vergangenheit keine wie jede andere: Sein erstes Pflichtspiel für den VfB absolvierte er im September 2021 ausgerechnet in Frankfurt und traf dabei auch noch auf Anhieb zum 1:1-Ausgleich. In Unterzahl, kurz vor Schluss, obendrein mit seinem allerersten Bundesliga-Tor. Inzwischen sind 13 weitere dazugekommen – und der VfB ist gewarnt.