VfB Stuttgart bei RB Leipzig Die Standortbestimmung: Wo der VfB Ligaspitze ist – und wo noch nicht

Umkämpftes Duell: Stuttgarts Deniz Undav (rechts) gegen Leipzigs Nicolas Seiwald Foto: Baumann

Im Verfolgerduell in Leipzig präsentieren sich die Stuttgarter in mehreren Bereichen mindestens ebenbürtig – aber nicht in allen. Die Erkenntnisse und Folgerungen.

Sport: David Scheu (dsc)

Wo steht der VfB Stuttgart? Die Frage begleitete die Spieler und Verantwortlichen am frühen Samstagabend nach dem 1:3 bei RB Leipzig in nahezu jedem Interview – und war rein tabellarisch ja ganz simpel zu beantworten: weiterhin auf Rang vier, in der erweiterten Spitzengruppe der Bundesliga. Im Kern aber ging es natürlich nicht um Zahlen und Plätze, sondern um Erkenntnisse. Auf einen Gegner mit der Qualität und den Ambitionen der zweitplatzierten Leipziger waren die Stuttgarter in dieser Saison noch nicht getroffen, die Standortbestimmung verlangte fast schon nach dem übergeordneten Blick.

 

Sebastian Hoeneß tat dabei im Anschluss zunächst das, was Trainer aus guten Gründen regelmäßig tun – und betrachtete den Auftritt seiner Mannschaft losgelöst vom reinen Resultat. „Wir sind mit der Leistung absolut zufrieden und nehmen mit, dass wir auf Augenhöhe agiert haben in Leipzig“, betonte der VfB-Trainer. Vor allem mit Blick auf die erste halbe Stunde würde da niemand widersprechen: Die Stuttgarter bestimmten das Geschehen und den Rhythmus mit viel Ballbesitz, präsentierten sich spielerisch mindestens ebenbürtig, ließen RB nicht zur Entfaltung kommen. „Zu wenig Entlastung“ monierte RB-Trainer Ole Werner in dieser Phase, während Hoeneß von einem „nahezu perfekten“ Auftritt sprach. Aber eben nur nahezu, da das Tor fehlte.

Fabian Wohlgemuth sieht Verbesserungspotenzial im letzten Drittel

Womit ein zentraler Unterschied zwischen beiden Mannschaften im Topspiel angesprochen war. Zufällig kam der Leipziger Erfolg nämlich mitnichten zustande – sondern fußte auf einer größeren offensiven Durchschlagskraft und Zielstrebigkeit, die das Team ab der 30. Minute auf den Rasen brachte. Mit seinem hohen Tempo bereitete RB dem VfB immer wieder Probleme, vor allem der 18-jährige Youngster Yan Diomande war auf dem rechten Flügel kaum zu stoppen und für die ersten beiden Tore verantwortlich. Erst erzwang er mit einer scharfen Hereingabe ein Eigentor von Jeff Chabot (45.), dann wurde er von Ramon Hendriks und Maximilian Mittelstädt nicht entscheidend gestört und traf in die kurze Ecke (53.). Der VfB verkürzte durch den eingewechselten Tiago Tomas (65.), ehe Romulo in der Nachspielzeit nach einem vertändelten Ball des ansonsten starken VfB-Torhüters Alexander Nübel zum 3:1-Endstand einschob.

Der eingewechselte Tiago Tomás verkürzte für den VfB. Foto: Baumann

So sprach Werner von einem unter dem Strich verdienten Sieg seines Teams, „weil unsere Chancen ein bisschen klarer waren.“ Das sah man auch aufseiten der Stuttgarter nicht anders. „Wir haben uns gut nach vorne durchgespielt“, sagte der Sportvorstand Fabian Wohlgemuth, „waren aber im letzten Drittel nicht ganz so präzise.“ Dort müsse man sich in puncto Klarheit und Entschlossenheit verbessern.

Das wiederum ist kein alleiniges Thema des Leipzig-Spiels, sondern ein wiederkehrendes in dieser Saison. Der fehlende letzte Punch sorgte schon das eine oder andere Mal dafür, dass aus überlegen geführten Spielen am Ende nichts Zählbares heraussprang. Das Fehlen eines klassischen Mittelstürmers durch den Ausfall von Ermedin Demirovic seit Anfang Oktober hat die Arbeit an der offensiven Wucht zudem nicht weniger anspruchsvoll werden lassen – mit 14 Saisontoren haben die Stuttgarter die wenigsten unter den Mannschaften im vorderen Tabellendrittel. „Wir kommen in gute Ausgangssituationen, die noch nicht immer zu richtig guten Chancen führen“, konstatierte Hoeneß nach dem Leipzig-Spiel, „du musst deine Angriffe zu Ende bringen.“ Das gelte umso mehr gegen umschaltstarke Teams wie RB, um nicht in Konter zu laufen.

RB-Trainer Ole Werner: Spitzenspiel auf Augenhöhe

Was also nimmt der VfB aus Leipzig mit? Zum einen zwar die Erkenntnis, dass es im Angriffsdrittel im Vergleich zur absoluten Ligaspitze noch Steigerungspotenzial gibt. Zum anderen aber auch die Gewissheit, in Summe auf diesem Niveau konkurrenzfähig zu sein – was nach Platz neun in der Vorsaison und einem anspruchsvollen Saisonstart mit Verletzungssorgen im Angriffszentrum ja durchaus eine Erwähnung wert ist.

Dabei passt es ins Bild, dass die Stuttgarter von ihrem Gegner am Wochenende explizit als direkter Rivale wahrgenommen wurden. Der Leipziger Außenverteidiger David Raum sprach von einem „Topspiel gegen einen Mit-Kontrahenten um die Plätze, die wir haben wollen“, während RB-Trainer Werner betonte: „Es war ein echtes Spitzenspiel zweier Mannschaften, die sich auf Augenhöhe begegnet sind mit ihren unterschiedlichen Stärken.“

Trotz der Niederlage geht der VfB die kommenden Aufgaben damit zuversichtlich an. „Ich bin grundsätzlich zufrieden mit der Richtung, die wir eingeschlagen haben“, sagt Hoeneß, „jetzt versuchen wir, noch mehr Klares aus unseren Aktionen zu entwickeln.“ Die nächste Chance kommt inmitten der englischen Wochen bereits am Donnerstag (21 Uhr), wenn Feyenoord Rotterdam in der Europa League in Bad Cannstatt gastiert.

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