Der Coach Bruno Labbadia hat sich im Trainingslager des VfB Stuttgart über das unprofessionelle Verhalten einiger Spieler geärgert – was auch beim Bundesligisten zu Irritationen führt.

Sport: Carlos Ubina (cu)

Stuttgart - Der Fußball ist ja ein ziemlich gläsernes Spiel geworden. Nahezu jede Bewegung auf dem Platz lässt sich digital erfassen und auswerten, so dass ein Trainer jederzeit weiß, wie viel, wie schnell und auch wohin seine Spieler gelaufen sind. Die moderne Technik macht es aber auch möglich, dass die Aktivitäten der Profis selbst in ihrer fußballfreien Zeit über Pulsuhren kontrolliert werden. Was dazu geführt hat, dass Bruno Labbadia zu Beginn der Vorbereitungsphase dicke Überraschungen erlebt und nach dem Trainingslager des VfB Stuttgart in Donaueschingen offenbart hat: einige Spieler haben geschludert und ihre Vorgaben nicht eingehalten.

 

„Damit haben sie sich selbst gestraft, aber auch die Mannschaft“, sagt Labbadia. Er klingt dabei ziemlich missmutig, weil er seinen Akteuren 23 Tage Urlaub gegönnt hat und nun das Vertrauen ein Stück weit missbraucht wähnt. In der Tat ist es für jeden Bundesligatrainer ein Ärgernis, wenn er einem Teil seines Teams unprofessionelles Verhalten vorwerfen muss. Zumal Labbadia beim Blick auf den nächsten Monat weiß, dass der VfB im Optimalfall acht Pflichtspiele im August bestreitet, dazwischen kaum Zeit bleibt, um konditionelle Defizite aufzuarbeiten und der Trainer sich schon jetzt personeller Alternativen beraubt sieht.

Atmosphärisch darf Labbadias Auftritt vor dem 2:0 im Test gegen den türkischen Erstligisten Belediyesport aber als irritierend eingeordnet werden. Auch im Verein, wo sie nach der Führungskrise und den sportlich zähen Jahren bemüht sind, eine Aufbruchstimmung zu erzeugen, oder die positive Stimmung zumindest nicht gleich wieder zu dämpfen. Nette Geschichtchen wären das also gewesen über den aufstrebenden VfB und seine beiden jungen Torschützen Antonio Rüdiger und Timo Werner in Friedrichshafen – wenn alle nach ihrem Trainingsplan gelaufen wären.

Einige Probleme in der Offensive

Doch von Alexandru Maxim ist bekannt, dass er sich mit Übergewicht zurückgemeldet hat. Von Sercan Sararer weiß man, dass er nach längerer Verletzungspause nur schwer in die Gänge kommt. Von Mohammed Abdellaoue, dem 3,5-Millionen-Euro-Zugang aus Hannover, hört man, dass er noch nie so hart trainiert hätte. Dazu gesellen sich die normalen Vorbereitungswehwehchen, beispielsweise bei Martin Harnik und dem erneut angeschlagenen Tunay Torun. Und Cacau ist nach der schweren Knieverletzung aus der Vorsaison auch noch nicht im Vollbesitz seiner Kräfte.

Zusammengenommen ganz schön viel, was den Coach verärgert und vor allem das Einüben von Offensivabläufen erschwert. „Es betrifft aber nur zehn Prozent, 90 Prozent läuft gut“, sagt Labbadia. Doch diese verdammten zehn Prozent sind auch deshalb so wichtig, weil sie sportlich den Unterschied ausmachen, zumindest in dem Segment, in dem sich der VfB bewegt.

Es stellt sich jedoch auch die Frage, warum Labbadia die Versäumnisse weniger Profis zur Kernbotschaft kurz vor dem Hinspiel der Europa-League-Qualifikation gegen Botev Plovdiv am Donnerstag und zwei Wochen vor dem Bundesligastart in Mainz erhebt. Wieso er zwar erwähnt, dass hochintensiv und hochkonzentriert gearbeitet wurde, ebenso dass die Mannschaft mit einer Ausnahme in Gent eine gute defensive Ordnung in den Testpartien gezeigt habe. Er jedoch vorrangig mitteilt, dass Spieler in puncto Fitness erst einmal kräftig aufholen müssten, damit die Breite des Kaders überhaupt zum Tragen komme.

Sucht Labbadia nach Ausflüchten?

„Das sollen keine Ausflüchte sein“, sagt Labbadia noch. Könnte aber so aufgefasst werden, da ja der Manager Fredi Bobic das klare sportliche Saisonziel ausgegeben hat, sich über die Bundesliga für das internationale Geschäft qualifizieren zu wollen und der neue Präsident Bernd Wahler den Fokus darauf legt, dass der VfB als Marke wieder erkennbar werden soll – bundesweit.

Das sind zweifelsfrei hohe Ansprüche, die viel Arbeit und eine entsprechende Außendarstellung erfordern. Und daran wird sich Labbadia messen lassen müssen. Womit der Trainer einerseits kein Problem hat, weil er ja selbst akribisch und ambitioniert ist, um die neu formierte Mannschaft zu entwickeln. Andererseits vermittelt der 47-Jährige immer wieder den Eindruck, als empfinde er die Erwartungshaltung rund um die Stuttgarter als Belastung. Auch wenn er betont: „Wir in der sportlichen Leitung haben die größten Erwartungen.“