Nach dem deprimierenden Aus im Europapokal gibt es kaum Anzeichen, die Besserung versprechen. Für den VfB Stuttgart dürfte es besser sein, dass es nicht so gekommen – und die Europa-League-Runde nun beendet ist.

Stuttgart - Über sein kleines, persönliches Erfolgserlebnis kann sich Georg Niedermeier nicht lange freuen. Mit einer brachialen Grätsche hat der Innenverteidiger des VfB Stuttgart eben an der Außenlinie seinen Gegenspieler Libor Kozak nicht nur vom Ball getrennt, er hat dabei den Mann, der die ersten beiden Tore für Lazio Rom geschossen hat, auch noch krachend zu Boden befördert. Benommen ist der Tscheche zunächst liegen geblieben – dann folgt seine Rache, und die ist gnadenlos. Kurz vor Schluss erzielt Kozak per Kopf sein drittes Tor zum 3:1-Endstand.

 

Es passt ins Bild, dass es der Ersatz des Ersatzstürmers von Lazio war, der den VfB am Donnerstagabend vollends aus der Europa League gekegelt hat. Ganz und gar chancenlos waren die Stuttgarter in diesem Achtelfinale der Europa League – sie sind nicht nur ausgeschieden, sich haben sich phasenweise blamiert. Gut für den VfB, dass, von den Honoratioren beider Clubs abgesehen, keine Besucher ins Stadion durften. Schlecht jedoch, dass die Partie in Deutschland live im frei empfangbaren Fernsehen übertragen wurde. Sofern es die Zuschauer nicht schon vorher wussten, konnten sie sich davon überzeugen, dass der momentane Zustand des VfB Besorgnis erregend ist. „Wir waren eine Klasse schlechter“, sagte Niedermeier.

Von dieser sehr realitätsnahen Erkenntnis abgesehen war es fast schon unfreiwillig komisch, wie sich die Beteiligten hinterher mühten, der niederschmetternden Niederlage etwas Positives abzugewinnen. „In den ersten fünf Minuten“ habe die Mannschaft „sehr engagiert gespielt“, sagte der Kapitän Serdar Tasci. Dumm nur, dass der VfB dem Gegner zwischen der Minute sechs und acht zwei einfache Tore ermöglicht und sich dabei angestellt hat wie ein Kreisligist.

Niedermeier: „Jetzt können wir uns auf die Liga konzentrieren“

„Unzählige Chancen“ zählte der VfB-Manager Fredi Bobic nach der Pause und fand es „wichtig, dass die Jungs sich nicht haben hängen lassen“. Allerdings hatte Lazio zu diesem Zeitpunkt den eigenen Aufwand längst auf ein Minimum zurückgefahren, was locker reichte, um alles unter Kontrolle zu halten. Der VfB-Trainer Bruno Labbadia war trotzdem auch hinterher noch „zu hundert Prozent überzeugt davon, dass wir es hätten schaffen können“.

Für den VfB dürfte es besser sein, dass es nicht so gekommen und die Europa-League-Runde nun beendet ist. „Jetzt können wir uns auf die Bundesliga konzentrieren“, sagt Niedermeier – was schwer genug werden dürfte angesichts des Eindrucks, den der VfB derzeit vermittelt. Die Ratlosigkeit jedenfalls, wie die Abwärtsspirale zu stoppen ist, wird immer größer.

Ein Erfolgserlebnis sei nötig, sagen Spieler und sportliche Leitung, dann gehe es wieder aufwärts. So einfach scheinen die Dinge aber nicht zu liegen. Mehrere Krisen haben Labbadia und seine Mannschaft in den vergangenen zwei Jahren gemeinsam bewältigt. Gewaltige Kraftakte waren dafür jeweils notwendig. Nun scheinen die Spieler offenbar an einem Punkt angekommen zu sein, an dem sie physisch und mental völlig ausgelaugt sind – was kein Widerspruch ist zu der häufig betonten Tatsache, dass es an der Mentalität der Mannschaft wenig auszusetzen gebe. Ein erneutes Aufbäumen ist schlicht nicht in Sicht. Der VfB taumelt mit leerem Tank Richtung Abgrund, und der Stürmer Vedad Ibisevic sagt: „Wir dürfen uns nicht aufgeben.“

DFB-Pokalspiel gegen den SC Freiburg ist terminiert

Lange bittet Labbadia seine Spieler nach der Rückkehr aus Rom zur Mannschaftsbesprechung – und findet anschließend keine richtige Antwort auf die Frage, welche Maßnahmen zu ergreifen sind, um die Talfahrt zu stoppen. „Das ist schwierig, denn es sind immer wieder andere Spieler, die die Fehler machen“, sagt der Trainer. Auch auf ihn wächst der Druck, weil sich diese individuellen Fehler permanent wiederholen, weil spielerisch kein Plan erkennbar ist, weil der Unmut der Fans über die zumeist unansehnlichen Darbietungen immer größer wird. Einen Ausweg hat der Trainer noch nicht gefunden.

Von gewaltiger Bedeutung ist daher das Auswärtsspiel am Sonntag bei Eintracht Frankfurt, dem Tabellenfünften. Im Falle einer weiteren Niederlage droht der VfB, noch weiter in den Abstiegskampf verstrickt zu werden. Psychologisch wäre dies denkbar schlecht, da anschließend die Länderspielpause folgt, an deren Ende der deutsche Meister Borussia Dortmund als nächster Gegner nach Stuttgart kommt.

Das Pokalhalbfinale gegen den SC Freiburg, das die Saison retten soll, wird daher vorerst ausgeblendet – „zunächst ist alles auf das Spiel in Frankfurt ausgerichtet“, sagt Labbadia und hofft darauf, dass sein Team bei der Eintracht „ein ordentliches Bild“ abgeben möge. Ein klein wenig mehr erwartet Fredi Bobic: „Die Mannschaft ist in der Pflicht, in Frankfurt zu punkten. Sie muss sich auch mal wieder für den hohen Aufwand belohnen.“

DFB-Pokal
Die Halbfinals sind terminiert: Der VfB empfängt am Mittwoch, 17. April (20.30 Uhr/ARD) den SC Freiburg. Am Tag zuvor spielt der FC Bayern gegen den VfL Wolfsburg.