Dem Trainer Tayfun Korkut bieten sich beim VfB Stuttgart jede Menge personelle Möglichkeiten. Doch das führt beim Fußball-Bundesligisten zu einigen Härtefällen.

Sport: Carlos Ubina (cu)

Stuttgart - Eine gute Viertelstunde hat er diesmal bekommen. Mehr nicht – und für einen wie Anastasios Donis ist das nicht viel. Für einen Offensivspieler seines Zuschnitts und mit seinen Ansprüchen ist es sogar ausgesprochen wenig Spielzeit, denn der 21-jährige Grieche gilt als das, was man in der Fußballsprache gemeinhin als „Waffe“ bezeichnet.

 

Schnell, unberechenbar in seinen Dribblings, torgefährlich. Donis verkörpert einen Spielertyp, den viele Vereine suchen – und der VfB Stuttgart hat ihn in seinen Reihen. Nur: Bei Trainer Tayfun Korkut kommt Donis offenbar nicht über die Rolle des Ergänzungsspielers hinaus. Und der Trainer ist bisher nicht dadurch aufgefallen, dass er sein Personal rege wechselt.

Dennoch denkt der Bundesligist nicht daran, sein Angriffsarsenal abzubauen und Donis abzugeben. Einigen Interessenten zum Trotz. Das Talent soll sich in Stuttgart weiterentwickeln. Beim 1:1 im Test gegen Atlético Madrid durfte er seine Fähigkeiten aber einmal mehr nur andeuten. Kaum zu verteidigen ist er, wenn er Tempo aufnimmt. Seine Aktionen erscheinen oft aber wild und bilden somit den Gegensatz zu einem seiner Rivalen mit ausgereifterer Spielanlage: Erik Thommy. Auch er hat gut gegen Atlético gespielt. Der Flügelspieler besaß per Foulelfmeter sogar die Chance auf den Siegtreffer, doch der Ball klatschte an die Latte (73.).

Erik Thommy steht hoch im Kurs

Ärgerlich für Thommy, aber an seinem Stellenwert ändert der Fehlschuss nichts. Korkut schätzt ihn, weil der 23-Jährige mannschaftsdienlich spielt, Positionen sofort wieder einnimmt und taktische Aufträge erfüllt. Und mit Blick auf das Ganze sieht er das Team mit Thommys Zuverlässigkeit besser austariert als mit Donis’ Sturm und Drang.

82 Minuten durfte Thommy gegen den Europa-League-Gewinner aus Spanien ran, was in dieser Phase der Vorbereitung schon als Signal verstanden werden darf: Die Startformation gegen Atlético verdichtet bereits jetzt den Anfangsverdacht auf eine Anfangself, wenn es in knapp zwei Wochen mit der Pokalpartie beim Drittligisten Hansa Rostock für den VfB ernst wird.

Im Tor Zieler, in der Abwehr Maffeo, Baumgartl, Badstuber und Insua, das Mittelfeld mit Castro, Aogo, Didavi, Thommy und im Angriff Gomez und Gonzalez. Aus dieser Namensreihe will Korkut natürlich nicht zu viel ableiten, aber acht bis neun Elftel einer Aufstellung sind es schon. „Wir haben am Samstag noch einen guten Test gegen Real Sociedad San Sebastian vor uns, und wir werden sicher nicht mit elf Spielern durch die Saison kommen“, sagt der Chefcoach.

Zumal die Personalfrage Thommy oder Donis ja nur einen potenziellen Brennpunkt benennt. Schließlich gibt es da noch Christian Gentner und Santiago Ascacibar. Beide zuletzt angeschlagen, aber beide Mittelfeldspieler darf man sich getrost in Korkuts Mannschaftspuzzle fest dazudenken – was das vermeintliche Luxusproblem mit sich bringt, dass der Coach Platz schaffen muss.

Tayfun Korkut freut sich über die Qual der Wahl

„Keine Sorge“, sagt Korkut, „ich habe dieses Problem gerne und werde diesbezüglich auch die Entscheidungen gerne treffen.“ Im Grunde ist es ja auch ein großes Trainerglück, dass die Stuttgarter erstmals seit Jahren über einen Kader verfügen, der jede Menge Möglichkeiten bietet. Stabilisiert durch die Erfolge der vergangenen Rückrunde und angereichert mit Qualitätsspielern wie Daniel Didavi und Gonzalo Castro sowie Perspektivspielern wie Nicolas Gonzalez und Marc Oliver Kempf.

Und das zu einem Zeitpunkt, an dem andere Clubs noch nach Verstärkungen Ausschau halten. „Unser Management war schnell, und das ist ein Vorteil“, sagt Korkut. Seit dem Vorbereitungsbeginn arbeitet der 44-Jährige nahezu mit allen Profis. Ob die ersten bei der Kaderzusammenstellung aber letzten Endes die besten sein werden, vermag aber noch niemand zu beurteilen.

Variabilität bietet das Personaltableau jedoch reichlich, da es dem Trainer die Chance eröffnet, streng nach taktischen Gesichtspunkten aufzustellen – ohne das Gesamtkonstrukt ins Wanken zu bringen. „Wir verfügen über einen großen Kern an Spielern, von dem wir genau wissen, was wir bekommen“, sagt Korkut. Von den Neuen hat er Daniel Didavi mal auf der rechten Seite statt zentral und Pablo Maffeo im Mittelfeld statt in der Abwehr ausprobiert. Denn mit Andreas Beck drängt eine bewährte Kraft auf den Posten des Rechtsverteidigers. Viele Optionen sind das, und Donis von der Bank bringen zu können, hält der Trainer nicht für die schlechteste.