Der VfB Stuttgart ist im Abstiegskampf noch lange nicht durch. Nach der 1:3-Niederlage gegen den FC Bayern wächst die Sorge, dass es noch ganz eng werden könnte.

Sport: Carlos Ubina (cu)

Stuttgart - Jürgen Kramny hat die Hände lässig in die Hosentaschen gesteckt. Sein Blick war fest, und die Aussagen waren klar. Wie immer, wenn der Trainer des VfB Stuttgart kurz nach dem Abpfiff ein Spiel des Fußball-Bundesligisten analysiert. Aus seiner Sicht hat sich ja auch nichts Großartiges getan. Gerade weil der Meister aus München in der Stadt war. 1:3 verloren. Damit war zu rechnen. Und jetzt steckt der VfB eben weiter im Schlamassel.

 

Tiefer, als es viele selbst im Verein vor wenigen Wochen gehofft und erwartet hatten. Denn damals glaubte man, der VfB befände sich auf dem Weg nach oben – und erachtete die verlorenen Punkte aus der Begegnung mit dem Tabellenletzten Hannover 96 aus dieser Perspektive als wenig dramatisch. Doch jetzt kommen diese Zähler wieder ins Spiel. Allerdings ganz anders.

Kramny gehörte jedoch nicht zu jenem Kreis der Superoptimisten. Er hat stets betont, dass die Stuttgarter noch nicht durch sind, bis sie eben durch sind. Und nichts anderes macht der Chefcoach jetzt auch. Unaufgeregt, wie es seinem Naturell entspricht, behält er den Blick für die Realität – und die besagt: „Wir haben immer noch fünf Punkte Vorsprung auf den Relegationsplatz.“ Das ist unter den Vereinen in Abstiegsnöten immer noch die beste Ausgangsposition. Findet auch Robin Dutt. „Wir haben den Vorteil, dass wir in unserer Situation nicht zu sehr auf die anderen schauen müssen“, sagt der Manager: „Und ich glaube, dass es da unten einige Clubs gibt, die einen höheren Druck verspüren als wir.“

Kramny und Dutt geben sich gelassen

Doch wenn Kramny und Dutt – aller demonstrativen Gelassenheit zum Trotz – auf die eigene Mannschaft schauen, dann stellen sie fest, dass die Entwicklung der vergangenen Wochen nicht mehr positiv war. Schleichend hat sich eine Trendwende ergeben. Abzulesen vor allem an den Ergebnissen: Aus den zuletzt bestrittenen acht Spielen ging der VfB nur einmal als Sieger hervor, beim 5:1 gegen Hoffenheim. Ansonsten ist die Effektivität und Attraktivität aus den ersten Rückrundenpartien Unentschieden für Unentschieden, Niederlage für Niederlage verloren gegangen.

Auch die Stabilität und Selbstsicherheit dieser fast schon euphorischen Saisonphase im Januar und Februar ist nicht mehr dieselbe. Der VfB wackelt wieder – und lässt so an der Mercedesstraße langsam die Sorge wachsen, dass es für die Stuttgarter in den verbleibenden fünf Begegnungen noch einmal verdammt eng werden könnte. Denn es geht gegen den FC Augsburg und Werder Bremen noch gegen zwei direkte Abstiegskonkurrenten sowie mit Borussia Dortmund, den FSV Mainz 05 und den VfL Wolfsburg gegen drei Mannschaften mit Europacup-Ambitionen.

Niedermeier sieht Chance und Risiko in Augsburg

„Das Spiel am Samstag in Augsburg ist einerseits die große Chance, einen wichtigen Schritt auf dem Weg zum Klassenerhalt zu vollziehen“, sagt Georg Niedermeier, „andererseits haben wir dort auch etwas zu verlieren.“ Doch weder der Innenverteidiger noch die Protagonisten in der sportlichen Führung wollen sich endgültig in eine Abwärtsspirale ziehen lassen. „Wir müssen an dem festhalten, was gut war“, sagt Kramny.

Gut war gegen den FC Bayern die taktische Disziplin. Der Trainer hatte seine Elf in einer Fünferkette in der Abwehr plus einer Viererkette im Mittelfeld angeordnet. Das ergab in der Defensive eine breit angelegte Neunerkette, in der sich die Münchner Passfolgen verfangen sollten. Taten sie auch, und sie hätten es noch länger getan, wenn auf der anderen Seite nicht ein gewisser Franck Ribéry wirbeln würde. Eine Hereingabe des Franzosen lenkte Niedermeier ins eigene Tor (31.).

Gut war auch, wie der VfB nach dem 0:2 durch David Alaba (52.) das erlahmte Spiel noch einmal durch den Anschlusstreffer von Daniel Didavi (63.) belebte. Plötzlich waren die Emotionen auf dem Rasen und den Rängen wieder da. Und für eine Weile (bis zum 3:1 durch den satten Schuss von Douglas Costa/89.) schien es, als könne der schwäbische Außenseiter den bayerischen Favoriten sogar düpieren.

Dafür hätte es allerdings einer außergewöhnlichen Leistung von der Nummer eins bis zur eingesetzten Nummer zwölf bedurft. Doch schon Przemyslaw Tyton erwischte keinen glücklichen Tag. Wobei der Torhüter nicht der einzige VfB-Profi war, der nicht an seiner oberen Leistungsgrenze spielte. Auch Toni Sunjic gab beim zweiten Gegentor keine gute Figur ab. Der Verteidiger ließ sich auswackeln. „Das war zu billig“, sagt Kramny. Was einmal mehr zeigt, wie limitiert die Stuttgarter sind, wenn es gegen die Besten der Liga geht.

Zweifellos ist das auch nicht mehr der Maßstab. Der heißt FC Augsburg oder Werder Bremen. Zwei hochrelevante Begegnungen auf Augenhöhe, die nun darüber entscheiden, wie gelassen der VfB der Zukunft entgegenblicken kann.