Ein paar nett gemeinte Hinweise an alle Fußballprofis, die bei ihrem Club einen neuen Vertrag abschließen wollen, der sie dank einer vergleichsweise niedrigen Ausstiegsklausel für finanzkräftige Konkurrenten nur noch attraktiver macht – und die folglich einen Wechsel nicht gänzlich ausschließen können: Vermeidet bei der Unterschrift allzu gefühlsduselige Begründungen („Ich spüre jeden Tag das Vertrauen des VfB. Wir sind auf einer Wellenlänge, ich fühle mich wohl und bin sehr glücklich über die Vertragsverlängerung. Ich freue mich auf die weiteren Jahre im Trikot mit dem Brustring“). Gebt auch danach in Interviews besser keine Treuebekenntnisse ab („Warum sollte ich ständig wechseln, wenn ich mich in einer Stadt oder einem Verein wohlfühle? Noch dazu, seit ich Kinder habe. Ich spüre keine Rastlosigkeit“). Sprecht lieber nicht über eure Einstellung zu materiellen Verlockungen („In Hannover und in Stuttgart hatte ich Leute um mich herum, die ich sehr mochte. Ich habe Vertrauen und Ehrlichkeit gespürt. Das war mir immer wichtiger als Statussymbole oder Geld“). Und wenn dann doch alles anders kommt, sperrt wenigstens nicht die Kommentarfunktion auf euren Accounts in den sozialen Medien. Ansonsten? Ist ziemlich viel ziemlich mies gelaufen.
Gut, am Ende wird Waldemar Anton, der vom VfB Stuttgart zu Borussia Dortmund wechselt, dieses Kommunikationsdesaster und den plötzlichen Liebesentzug der Fans natürlich verkraften, das Schmerzensgeld, das ihm der BVB überweist, ist schließlich hoch genug. Angeblich soll sich sein Jahressalär von mehr als drei Millionen Euro mindestens verdoppeln. Fatal ist die Tatsache, dass der Kapitän von Bord geht, vor allem für den Vizemeister.
Droht der Ausverkauf der Stars
Schließlich glaubt Waldemar Anton ganz offensichtlich nicht daran, dass die Ziele von Vorstandschef Alexander Wehrle („Wir wollen unsere Mannschaft weitgehend zusammenhalten und den Kader etwas verbreitern“) sowie Sportvorstand Fabian Wohlgemuth („Zukünftig wollen wir die im Kader vorhandene Qualität länger halten“) auch nur ansatzweise umsetzbar sind. Denn nachdem Hiroki Ito (FC Bayern) und Anton von ihren Ausstiegsklauseln Gebrauch gemacht haben, könnte dem VfB seine Politik, Verträge zwar zu verlängern, den Profis aber nicht allzu hohe festgeschriebene Ablösesummen zu gewähren, vollends auf die Füße fallen: Die Abgänge von Serhou Guirassy und Chris Führich sind wahrscheinlich, auch Enzo Millot verfügt über eine Ausstiegsklausel. Und die Zukunft des ausgeliehenen Deniz Undav, der bleiben will, ist wegen einer Rückkaufoption seines Clubs Brighton & Hove Albion äußerst fraglich. Da kommt viel Arbeit auf die Kaderplaner zu.
Wie schwierig es ist, einen derartigen Umbruch zu gestalten, zeigt das Beispiel Eintracht Frankfurt. Der Bundesligist hat in den vergangenen fünf Jahren nur für seine fünf Topstürmer Randal Kolo Muani (Paris St. Germain), Luka Jovic (Real Madrid), Sébastian Haller (West Ham United), Jesper Lindström (SSC Neapel) und André Silva (RB Leipzig) Ablösesummen in Höhe von 261 Millionen Euro kassiert. Heute ist die Eintracht finanziell gut gesattelt, hatte in der Bundesliga-Abschlusstabelle als Sechster aber 26 Punkte Rückstand auf den VfB – weil das Transfergeschäft selbst dann, wenn viel Geld zur Verfügung steht, alles andere als einfach ist.
Trotz des Einstieg des neuen Investors Porsche könnte es nun auch beim VfB Stuttgart einen Ausverkauf der Stars geben. Danach müsste Trainer Sebastian Hoeneß eine neue Mannschaft aufbauen, mit der er dann in der Champions League spielt – sofern den Coach nicht selbst Zweifel befallen. Bekanntlich hat der Architekt des Erfolgs ebenfalls eine Ausstiegsklausel im Vertrag stehen. Und der Abgang seines wichtigsten Führungsspielers Waldemar Anton wird auch Sebastian Hoeneß hart treffen.