Hertha BSC, Hamburger SV, Mainz 05: Die Mannschaft von Bruno Labbadia richtet angeschlagene Gegner auf. Das muss anders werden, meint Bobic.

Stuttgart - Es ist immer das Gleiche. Wenn der VfB Stuttgart in der Fußball-Bundesliga auf angeschlagene Gegner trifft, richtet er sie auf. Darauf ist Verlass. So war es bei der 0:1-Niederlage am vierten Spieltag bei Hertha BSC, so war es beim 1:2 am siebten Spieltag gegen den Hamburger SV, so war es beim 2:2 am zehnten Spieltag in Nürnberg und so war es am zwölften Spieltag beim 1:3 in Mainz. Von zwölf möglichen Punkten holte der VfB aus diesen vier Partien also nur einen. Am Sonntag steht nun das 13. Saisonspiel an. Der VfB empfängt den Tabellenletzten FC Augsburg - und Fredi Bobic hofft, dass wenigstens jetzt drei Zähler hinzukommen und sich die Geschichte nicht erneut wiederholt.

 

Sicher ist sich der Manager aber nicht, da er weiß, welchen Ruf seine Mannschaft mittlerweile in der Branche hat - den eines großzügigen Aufbauhelfers, der immer bereit ist, den Schwachen unter die Arme zu greifen. Angedeutet hat sich das übrigens schon in der ansonsten sehr erfolgreichen vergangenen Rückrunde, als der VfB drei schmerzhafte Heimpleiten kassierte: gegen Freiburg, Nürnberg und Kaiserslautern. Deshalb stellt sich Bobic auch bereits seit längerer Zeit die Frage, wie dieser Kreislauf durchbrochen werden kann.

VfB hat noch enorme Probleme

Von der Antwort hängt für ihn ganz entscheidend ab, ob der VfB sein mittelfristiges Ziel erreichen und sich zu einem echten Spitzenteam mausern kann. Noch herrscht diesbezüglich Stillstand. "Wenn wir den nächsten Schritt machen wollen, müssen wir uns künftig gegen solche Mannschaften durchsetzen", sagt Bobic. Dass das bis jetzt selten gelungen ist, ist für den Manager kein Zufall. Er erkennt genau, dass der VfB noch enorme Probleme hat, das Spiel selbst zu gestalten - was gegen meist defensiv ausgerichtete Gegner wie Hertha BSC und Co. aber notwendig ist.

Abgesehen von Tamás Hajnal fehlen Spieler, die das Talent dafür besitzen. Zu wenige sind kreativ veranlagt und können Überraschungsmomente schaffen. Gegen stärkere Clubs fällt dieses Defizit dagegen nicht so sehr ins Gewicht, weil die Mannschaft taktisch dann in die Rolle schlüpfen kann, die Hertha BSC und Co. gegen Stuttgart übernehmen. Abwarten und reagieren fällt ihnen viel leichter als eigene Nadelstiche setzen und agieren - und genauso verhält es sich beim VfB.

"Wir müssen geduldiger sein."

Neben der individuellen Klasse hängt das auch mit der Spielanlage insgesamt zusammen. "Wir müssen lernen, geduldiger zu werden", sagt Bobic. Dies ist ebenfalls ein Qualitätsmerkmal, das ein Spitzenteam auszeichnet - siehe der FC Bayern München, dem es seit Jahren regelmäßig gelingt, schlechte Spiele gegen irgendwelche Außenseiter knapp und oft erst mit einem spät erzielten Treffer zu gewinnen. Von dieser Stärke ist der VfB nach wie vor ziemlich weit entfernt.

Für Bobic ist das aber normal und gehört zu dem begonnenen Reifeprozess. Um ihn zu bewältigen, seien viele Eigenschaften erforderlich - etwa Konzentration, Souveränität und innere Ruhe, meint er. Nicht umsonst betont der Trainer Bruno Labbadia seit Monaten, dass die Mannschaft nur bestehen kann, wenn sie hundert Prozent ihres Leistungsvermögens abruft. Bleibt sie auch nur ein bisschen darunter, reicht es nicht - egal, wie der Gegner heißt.

Tasci, Kvist und Cacau sind gefordert

Dann ist selbst Mainz eine Nummer zu groß. Über diesen Auftritt vor knapp zwei Wochen wird Labbadia jetzt noch einmal mit seinen Spielern sprechen, denn daran lässt sich gut festmachen, was beim VfB noch nicht funktioniert. Als es hektisch wurde auf dem Platz, habe man sich schnell von dieser Unruhe anstecken lassen, sagt Bobic, "das hat noch einmal deutlich gemacht, dass wir nie von unserer Linie abkommen dürfen. Sonst sind wir verloren."

Damit die Grundordnung eingehalten werden kann, sind in den Augen von Bobic vor allem die Führungsspieler gefordert, also Serdar Tasci, William Kvist und auch Cacau. Sie müssen als Stabilisatoren auftreten, wenn vermeintlich unterlegene Mannschaften dem VfB mit ihren Mitteln begegnen. Aber das klappt noch nicht wie gewünscht. Vielmehr lässt sich der VfB in der Wahl der Waffen immer wieder auf das Niveau seines Gegners herab. Mit manchen Waffen können andere jedoch besser kämpfen, was den Spielern zuletzt gegen Mainz noch einmal demonstriert worden ist.

Lieber misst sich der VfB mit Dortmund, Schalke oder Mönchengladbach, aber jetzt geht es gegen Augsburg. Der Aufsteiger wird noch einmal etwas schwächer eingeschätzt als Mainz, Nürnberg oder Berlin, doch darauf gibt Bobic nichts. Er will Taten sehen - aber nicht mehr in Form von Aufbauhilfe, sondern von Punkten.