Der Torhüter Mitch Langerak verhindert ein Debakel gegen Mainz und glaubt noch an eine letzte Chance am 34. Spieltag.

Stuttgart - Da kommt ja Leonardo DiCaprio. Der Mann, der wie der berühmte amerikanische Schauspieler aussieht, läuft auf die Reporter zu, die nach dem 1:3-Debakel gegen den FSV Mainz in den Katakomben der Mercedes-Benz-Arena auf Reaktionen der Protagonisten zum Untergang der Titanic warten. Allerdings ist die Titanic in diesem Fall kein Schiff, das sinkt, sondern ein Fußballverein, der abgewirtschaftet hat: der VfB Stuttgart. Und bei dem Mann, der wie Leonardo DiCaprio aussieht, handelt es sich um Mitchell Langerak (27). „Ich kann nicht fassen, was heute passiert ist“, sagt er.

 

Der Torhüter hat alles gegeben, um dafür zu sorgen, dass dieser Worst Case jetzt nicht eintritt. So vereitelte Langerak unzählige Großchancen der Mainzer, die immer wieder alleine auf ihn zustürmen konnten. Schon nach den ersten 45 Minuten machte der Keeper seinem Unmut über das dilettantische Abwehrverhalten seiner Vorderleute Luft, indem er den Ball mit dem Halbzeitpfiff wütend ins Seitenaus beförderte. Dazu ruderte Langerak wild mit den Armen, was wohl ein Weckruf für seine Kollegen sein sollte – aber auch das verfehlte seine Wirkung. Der VfB taumelte weiter der Pleite entgegen.

Langeraks souveräner Auftritt

Bezeichnenderweise ist Langerak hinterher der einzige Profi, der sich den Fragen der Reporter stellt. Auch bei diesem Auftritt wirkt er souverän, ohne die Dinge zu beschönigen. Es sei der blanke Wahnsinn gewesen, „wie viele Möglichkeiten der Mainzer wir zugelassen haben“, sagt Langerak, der sich zwar höflich bedankt, als er für seine Leistung gelobt wird, aber auch hinzufügt, „dass mein Beitrag heute überhaupt nichts zählt und nichts wert ist“.

Es war sein erster Bundesligaeinsatz für den VfB, nachdem er im vergangenen Sommer für 3,5 Millionen Euro von Borussia Dortmund verpflichtet worden war – doch angesichts seiner vielen Glanzparaden und der unübersehbaren Schwächen der bisherigen Nummer eins Przemyslaw Tyton (29) in den vergangenen Wochen erscheint es rätselhaft, warum Langerak so lange auf der Bank schmoren musste. Natürlich sei der Druck vor der Partie für ihn deshalb „brutal groß“ gewesen, sagt der gebürtige Australier. Dass er diese Belastung gemeistert hat, spricht zwar für ihn – was ihn jetzt aber nicht tröstet. „Natürlich bin ich nicht zufrieden“, sagt Mitchell Langerak.

Er berichtet von den Minuten nach dem Abpfiff, als Fans den Platz stürmten. Das sei schon ein komisches Gefühl gewesen, sagt er, „aber wir können den Zorn der Leute verstehen“. Sie hätten das Recht, „uns ins Gesicht zu sagen, dass das, was wir heute und auch schon in letzter Zeit abgeliefert haben, einfach nicht geht“. Drastisch drückt sich Langerak aus, wenn er ergänzt, „dass wir Scheiße gebaut haben“.

Schluss, aus. Eine Stunde seien die Spieler nach der Schmach in der Kabine gesessen, schweigend, ohne ein Wort zu reden. „Wir sind im Kopf alle leer“, sagt Langerak. Er also auch – und trotzdem bemüht er sich, verbal Kampfgeist zu zeigen. Schließlich hat er als indirekt Beteiligter selbst schon ein Fußballwunder miterlebt, das auch nun nötig wäre, um dem VfB noch den Klassenverbleib zu bescheren. Es war am 18. Mai 2013, als er im Saisonfinale mit Dortmund gegen die bereits so gut wie abgestiegenen Hoffenheimer antrat. Die Elf aus dem Kraichgau gewann sensationell mit 2:1 und rettete sich danach über die Relegation.

„Wir müssen dort alles raushauen“

Daran denkt Langerak auch jetzt in dieser bitteren Stunde. Den Hoffenheimern habe man damals angemerkt, „dass sie total von sich überzeugt sind“, sagt er – und darauf setzt er am nächsten Samstag in Wolfsburg auch beim VfB. „Wir müssen dort alles raushauen, was wir haben“, sagt Langerak. Eine Saison bestehe nicht nur aus 33, sondern aus 34 Spieltagen. „Wir werden alles probieren. Heute glaubt vielleicht noch keiner daran und morgen auch nicht, aber dann am Dienstag oder Mittwoch.“

Die Hoffnung stirbt zuletzt, auf was soll er auch sonst bauen? „Wir brauchen keine Motivation – es gibt noch ein Spiel“, sagt Langerak, „womöglich können wir am Samstag eine neue Geschichte schreiben.“ Wenn der VfB in Wolfsburg gewinnt und Bremen gegen Frankfurt verliert, wäre die Relegation erreicht. „Wunder gibt es immer wieder“, sagt Langerak – und geht.

VfB Stuttgart - Bundesliga

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