Christian Gentner und Daniel Ginczek verlängern trotz des drohenden Abstiegs ihre Verträge – was der VfB-Manager Robin Dutt auch zu eigenen Zwecken nützt.

Stuttgart - Drei Tage danach hat Robin Dutt seine Angriffslust wiedergefunden. Ein Häufchen Elend ist auch er gewesen, nachdem der VfB am Samstag den gefühlten Abstieg erlebt und der Anhang nach der 1:3-Pleite gegen Mainz den erfolglosen Manager zum Teufel gewünscht hatten. Entschlossenheit versucht er nun zu demonstrieren, fest ist seine Stimme. „Der eine oder andere mag aufgegeben haben“, sagt Robin Dutt, „aber ich werde kämpfen mit allem, was ich habe.“

 

Kämpfen will der Sportvorstand um die Minimalchance, die sich am Samstag beim Spiel in Wolfsburg bietet, um den letzten Funken Hoffnung im Ringen um den Klassenverbleib. Und kämpfen will er auch und nicht zuletzt um seinen Job. Es ist ein verzweifelter, ein einsamer Kampf, den Robin Dutt mit ungewöhnlichen Mitteln führt.

Kopfschütteln innerhalb des eigenen Vereins

Als „brutal wichtiges Zeichen“ wertet es der Manager, dass trotz des drohenden Abstiegs der Kapitän Christian Gentner und der verletzte Mittelstürmer Daniel Ginczek ihre Verträge ohne Ausstiegsklauseln verlängert haben. In der Tat ist es eine gute Nachricht für den VfB und seine Fans, dass zwei solche Integrationsfiguren auch vor dem Gang in die zweite Liga nicht zurückscheuen würden. Wie diese Nachricht allerdings publik geworden ist, das hat auch innerhalb des eigenen Vereins einiges Kopfschütteln ausgelöst.

Die frohe Kunde, zu der auch die vorzeitige Vertragsverlängerung des Hauptsponsors Mercedes-Benz-Bank bis 2019 gehört, hätte der VfB gerne in einem angemessenen Rahmen verkündet. Doch setzte Dutt offenbar im Eiltempo und ohne Absprache seine ganz persönliche PR-Maschinerie in Gang. Bei der „Welt“ jedenfalls landeten am Montag die beiden Vertragsverlängerungen, garniert mit weiteren Details aus seinem Zuständigkeitsbereich. Dass er bereit sei, in der zweiten Liga auf die Hälfte seines Gehalts zu verzichten, wurde berichtet, dass der Aufsichtsrat mehrheitlich hinter ihm stehe, dass von der neuen Saison an sein Zukunftskonzept endlich greifen werde.

Werbung in eigener Sache ist dem krisenerprobten Manager nicht fremd

Ein bisschen Werbung in eigener Sache, das weiß der krisenerfahrene Dutt, schadet in diesen düsteren Zeiten ebenso wenig wie eine gute Presse. Allerdings sind auch Menschen, die es bisher mit dem Manager gut gemeint haben, erstaunt über seinen Alleingang. Bislang, sagen sie, sei er gewandter vorgegangen, wenn es darum ging, sich ins rechte Licht zu rücken.

Andererseits: was soll Dutt in seiner Verzweiflung auch sonst noch tun, um die eigene Haut zu retten? Viele Argumente hat er nicht mehr auf seiner Seite. Auf seinen emotionalen Bezug zur Stadt verweist er, „ich bin Stuttgarter und werde es auch bleiben“; seine Tätigkeit beim VfB sei für ihn „mehr als nur ein Job“, er werde „ alles reinhauen“, um Fehler der Vergangenheit auszubügeln. Doch stehen den Emotionen nun einmal Fakten gegenüber.

Dem VfB droht am Samstag der Totalschaden

Der VfB ist kurz davor, erstmals seit 41 Jahren in die zweite Liga abzusteigen. Die zweite Mannschaft, Gründungsmitglied der dritten Liga, ist bereits abgestiegen. Wenn in Wolfsburg kein Wunder geschieht, wird diese Saison als kompletter Totalschaden in die VfB-Geschichte eingehen. Dutt trägt daran nicht die alleinige Schuld, doch steht er in der Verantwortung – und hat die Messlatte sehr hoch gelegt.

An seine denkwürdige Pressekonferenz nach dem Ende der vergangenen Saison wird Dutt am Dienstag noch einmal erinnert. Zur Generalabrechnung mit seinen Vorgängern holte er damals aus und versprach, dass künftig alles besser werde. Darauf warten die Fans auch weiterhin – es wurde alles noch schlechter. Dutt müsse sich „selbstkritisch hinterfragen, ob diese Aufarbeitung in Ordnung war“. Er habe jetzt „für das eine oder andere mehr Verständnis“. Denn „eine Unmöglichkeit“ sei es, keine Fehler zu machen, „wenn man sieben Tage in der Woche arbeitet und hundert Themen auf dem Schreibtisch landen“. Nach dieser Saison, sagt Dutt, werde es wieder eine schonungslose Analyse geben, in der die Fehler klar benannt werden sollen. „Ich bin froh, dass wir dann nur noch über uns selbst sprechen können.“

Präsident Bernd Wahler stellt erstmals die Ausgliederung in Frage

Noch aber liegt die Partie in Wolfsburg dazwischen, im Idealfall folgen zwei Relegationsspiele gegen Nürnberg. Anschließend wird abgerechnet, dann wird über alles gesprochen. Über die geplante Ausgliederung, die der VfB-Präsident Bernd Wahler („Sollte der Klassenerhalt nicht gelingen, müssen wir uns zusammensetzen und neu diskutieren“) in der „Sport-Bild“ erstmals leicht in Frage gestellt hat. Und über die Zukunft von Robin Dutt.