Gleich vier Neuzugänge des VfB Stuttgart haben im Gerangel um einen Stammplatz die Nase vorn. Im Trainingslager und in den Testspielen können sie sich beweisen.

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)

Grassau - Es ist 10.30 Uhr am Freitagvormittag, als Anna Miebach einen letzten Rasencheck durchführt. Um sie herum sind bei bereits 27 Grad und weiß-blauem Himmel alle in Urlaubsstimmung. Und so steht den meisten Gästen im Touristenstädtchen Grassau, einem Idyll im Chiemgau, der Sinn nach einer Radtour im Schatten der bayerischen Alpen oder einem Abstecher zum Chiem- oder Königssee.

 

Doch Anna Miebach muss arbeiten. Als Vermarkter von Trainingslagern zählt ihr Arbeitgeber, die Firma Onside Sports aus Hamburg, inzwischen 35 deutsche Profiteams von der ersten bis zur dritten Liga zu seiner Kundschaft, und man ist auch international tätig: Nach dem FC Brentford und Schachtjor Donezk stellt der VfB Stuttgart bereits das dritte Team, das in diesem Sommer auf den beiden top gepflegten Rasenplätzen des ASV Grassau gastiert. Nach den Stuttgartern wird auch noch der Tross von Werder Bremen im Chiemgau erwartet.

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Alternativen zum angestammten 4-4-2-System

„Wir sind auf alles vorbereitet“, sagt Anna Miebach, deren Ansprechpartner vonseiten des VfB die Clublegende Günther Schäfer ist. Gegen 18 Uhr fährt dann auch der rote Mannschaftsbus aus Bad Cannstatt vor dem Haupteingang des Golfresorts Achental vor, das direkt neben den Trainingsplätzen liegt. An diesem Samstag wird zum ersten Mal trainiert, insgesamt bleibt der Tross um den Kapitän Christian Gentner acht Tage.

„Wir gehen schrittweise in Richtung der Mannschaft, die sich dann letztlich zum Bundesliga-Start herauskristallisiert“, sagt Cheftrainer Tayfun Korkut, der mit Blick auf das erste Pokalspiel am 18. August bei Hansa Rostock bereits auf vier Wochen Vorbereitung zurückblicken kann. Früh hatte Manager Michael Reschke den Kader zusammengestellt. Nur Mario Gomez ist ein Neueinsteiger. Nach dem Ende seines WM-Urlaubes hatte der Nationalstürmer am Morgen in Stuttgart seinen Laktattest absolviert – und war dann mit den Kollegen in den Bus nach Grassau gestiegen.

„Wir haben schon viele Erkenntnisse gesammelt. Etwa, wie weit die neuen Spieler sind, wie sie zusammen agieren können“, sagt Korkut, der für den Sonntag ein weiteres Testspiel gegen den spanischen Erstligisten SD Eibar angesetzt hat. Zeit, um einiges auszuprobieren, um Alternativen zum 4-4-2-System einzuüben oder sein Team in unterschiedlichen Formationen zu testen, die hat Korkut reichlich. Zwar wird der 44-Jährige künftig wohl ohne seinen Weltmeister Benjamin Pavard auskommen müssen, dessen sofortiger Wechsel zum FC Bayern immer konkretere Formen annimmt – doch auch so hat sich der Kader im Vergleich zur Vorsaison weiterentwickelt. Zudem hätte der VfB im Falle eines Pavard-Abgangs noch weiteres Einkaufgelds auf der hohen Kante – und könnte personell noch mal nachlegen.

Hinter den Spitzen scheint Didavi gesetzt

Doch bereits jetzt haben sich vier der sieben Neuzugänge in den Vordergrund gespielt – und dürften nach aktuellem Stand der Dinge große Chancen auf einen Platz in der Startelf haben. Da ist zunächst Rechtsverteidiger Pablo Maffeo, 21, der in seiner Zeit als Leihspieler beim FC Girona in Spanien bereits Bekanntschaft mit den Weltstars Lionel Messi und Cristiano Ronaldo gemacht hat. „Ich möchte da noch kein endgültiges Urteil fällen. Die einen sind jung und neu im Verein, die anderen erfahren und länger dabei“, sagt Korkut zum Konkurrenzkampf auf den Außenverteidiger-Positionen. Doch klar ist: Während links Emiliano Insua im Duell mit Borna Sosa vorne liegt, hat rechts Maffeo im Vergleich zu Andreas Beck einen Vorteil.

Gute Chancen auf einen Platz in der Anfangself hat auch der BVB-Neuzugang Gonzalo Castro, der ja nicht zuletzt aufgrund seiner Erfahrung von 358 Bundesliga-Spielen als Ergänzung zum jungen Santiago Ascacibar für die Doppel-Sechs geholt wurde. Während Daniel Didavi allein aufgrund seiner Kreativität und der technischen Möglichkeiten gesetzt sein dürfte, macht auch der Neuzugang Nicolas Gonzalez von den Argentinos Juniors viel Freude.

„Wichtig ist, dass er in den torgefährlichen Situationen gut mitmischt“, sagt Tayfun Korkut, der im Trainingslager den jungen Gonzalez wie den Rest des Teams mit einem Mix aus Konditions- und Laufeinheiten sowie spielerischen Elementen bei Laune halten will: „Er hat ja auch schon ein paar Tore gemacht. Das ist gut für sein Selbstbewusstsein.“