Der Franzose ist seit 2010 siebenmal operiert worden. Drei Kurzeinsätze, das ist seine VfB-Bilanz. Wann Audel wieder spielen kann, ist offen.

Stuttgart - Bruno Labbadia sucht lange nach dem passenden Wort. Er weiß, dass der Profifußball ein hochbezahlter Unterhaltungsbetrieb ist, und er weiß auch, dass sich die menschlichen Dramen und Schicksale ganz woanders abspielen. In diesem speziellen Falle aber findet der VfB-Trainer keine andere Bezeichnung: das, was derzeit seinem Spieler Johan Audel (29) widerfahre, sei "eine Tragödie".

 

Im Sommer 2010 ist der französische Offensivmann vom AFC Valenciennes zum VfB gekommen und hat es aufgrund von Verletzungen bis heute in der Liga auf genau drei Kurzeinsätze gebracht. Der letzte liegt 14 Monate zurück, in Hannover ist er eingewechselt worden - dort also, wo der VfB am Sonntag wieder antritt. Siebenmal ist Audel in seiner Zeit in Stuttgart operiert worden. Die Frage lautet längst nicht mehr, wann er wieder spielen kann, sondern ob.

Eine Verletzung am Sprunggelenk bildete den Auftakt der Leidensgeschichte. Nach der Operation entwickelte sich ein bakterieller Infekt, der vier weitere Eingriffe nötig machte. Als endlich alles verheilt war, folgte im Dezember des vergangenen Jahres der nächste Schock: Audel zog sich einen Kreuzbandriss und weitere Schäden im Knie zu - im allerersten Training unter dem damals neuen Coach Labbadia.

Kein Ende der Leiden in Sicht

In der Regel brauchen Fußballer sechs bis neun Monate, um sich von solch einer Verletzung zu erholen. Bei Audel ist auch nach mehr als einem Jahr und zwei Operationen - eine in Stuttgart, eine in Frankreich - noch kein Ende der Leiden in Sicht. Diese Woche hat er zwar wieder mit seinen Kollegen auf dem Trainingsplatz gestanden - doch gehören solche Besuche in die Kategorie moralische Aufbauhilfe, um ihm das Gefühl zu geben, noch immer ein Teil der Mannschaft zu sein. Nach dem Aufwärmprogramm war wieder Schluss.

Das Problem ist nicht, dass das Sprunggelenk oder das Kreuzband nicht halten würden. "Das Kuriose ist: all seine Verletzungen sind ausgeheilt, die Bänder sind eigentlich wieder topstabil", sagt der VfB-Mannschaftsarzt Raymond Best - und umschreibt das eigentliche Problem so: "Umgangssprachlich kann man sagen, dass das Knie die Verletzung übel genommen hat."

Audel hat ein sogenanntes Reizknie, das auf Belastungen umgehend reagiert. Das erschwert jede Art des muskulären Aufbautrainings und macht den Weg zurück aufs Spielfeld sehr mühsam. "Wir müssen die Belastungen immer wieder dosieren", sagt Best. Oft befinde sich der Spieler im Tief. Dann etwa, wenn ihm nach der Reha in Frankreich gesagt werde, er sei wieder fit, und wenn ihm nach seiner Rückkehr schonend beigebracht werden muss, dass er davon noch ein gutes Stück entfernt ist. "Insgesamt aber", sagt Best, "geht Johan mit seiner Situation erstaunlich gut um."

"Er wird wieder auf die Beine kommen"

Trotz aller Sorgen: dass Audel eines Tages wieder professionell Fußball spielen kann, daran lässt Best keinen Zweifel: "Er wird wieder auf die Beine kommen", sagt er und erinnert an den Bremer Naldo, der wegen einer komplizierten Knieverletzung 15 Monate pausieren musste. Wann es so weit sein wird, das wagt jedoch auch der Orthopäde nicht zu prognostizieren.

Nicht um Wochen und auch nicht um Monate geht es Bruno Labbadia. "Wir wollen ihn Schritt für Schritt an die Mannschaft führen und müssen dabei mehr als vorsichtig mit ihm umgehen", sagt der VfB-Trainer: "Es geht nur darum, dass er irgendwann wieder Fußball spielen kann."