Bei der Jugendarbeit des VfB Stuttgart geht es nicht allein um den Blick auf die Tabelle. So ist auch der dritte Tabellenplatz für die U 19 des VfB Stuttgart in der Bundesligagruppe Süd/Südwest nicht zwingend schlecht für deren Entwicklung.

Sport: Carlos Ubina (cu)

Ralf Becker hat zuletzt intensiv in die Zukunft geschaut. Auf Malta bei der U-17-EM ist er dazu gewesen und in der vergangenen Woche auch bei zwei U-15-Länderspielen der deutschen Auswahl gegen die Niederländer. Mitgebracht hat der Jugend- und Scoutingchef des VfB Stuttgart aber erst einmal keine hoffnungsvollen Talente für den Fußball-Bundesligisten, sondern vor allem Eindrücke und Erkenntnisse. Das liegt zum einen daran, dass die Jugendspieler dieser Jahrgänge (1997, 1999) alle schon Berater haben und an ihre Vereine gebunden sind, zum anderen waren die Dienstreisen anders ausgerichtet. „Da geht es schon um mögliche Spieler für den Profibereich“, sagt Becker.

 

In ein, zwei Jahren könnten also Spieler beim VfB wirbeln, die Becker auf einer seiner vielen Entdeckungstouren aufgefallen sind. Aber nur vielleicht. Denn das ist ja das Problem beim Blick in die Zukunft: Keiner kann die Entwicklung von Talenten wirklich voraussagen, jeder Nachwuchsexperte muss aber den Markt kennen – den nationalen und den internationalen. Ein Carlos Gruezo (19) hat so den Weg von Ecuador nach Stuttgart gefunden. Und nach dem Eigengewächs Timo Werner (18) strecken ständig andere Clubs die Fühler aus.

Seit Khedira gab es ein Vakuum

Auf diese zwei Spieler im Profikader kann der VfB nun verweisen, wenn er Perspektiven aufzeigen will. Den externen Jungs, aber auch denen, die schon da sind. Das ist allein deshalb wichtig, weil es vor Werner ein jahrelanges Vakuum gab. Man muss schon bis 2006 zu Sami Khedira zurückgehen, um einen Spieler zu finden, der die VfB-Schule durchlaufen hat – und sich in der Bundesliga etablieren konnte.

Vieles hat sich seitdem verändert, aber das übergeordnete Ziel in der Jugendabteilung ist das gleiche: „Wichtiger als der einfache Blick auf die Tabelle ist es, Talente nach oben durchzubringen“, sagt Becker, der sich im Spannungsfeld zwischen Entwicklungen und Ergebnissen bewegt. Für die einen steht die individuelle Ausbildung im Vordergrund, die anderen zählen auch im Nachwuchsbereich die Titel.

Rekordmeister bei den A- und B-Junioren

Als eine Art Rekordmeister darf sich da der VfB bei den A- und B-Junioren sehen. Allerdings hat sich die Stuttgarter U 19 diesmal nicht für die Endrunde qualifiziert. Sie ist in der Bundesliga Süd/Südwest Dritter geworden – hinter der TSG Hoffenheim und 1860 München. Das reicht nicht, um die Saison mit Spielen gegen die Besten der anderen Staffeln (VfL Wolfsburg, FC Schalke 04) zu verlängern. Trotzdem herrscht Zufriedenheit: „Die Mannschaft hat eine gute Runde gespielt“, sagt Becker.

Zumal der Blick auf die Nachwuchsteams des VfB immer auch ein verzerrter ist. Denn wo U 19 draufsteht, muss nicht U 19 drinstecken. Es gehört zum Stuttgarter Prinzip, die Begabtesten in eine höhere Altersklasse zu ziehen. Und wenn Becker in die Vergangenheit schaut und sich vergegenwärtigt, wo die Spieler jetzt stehen, die vor zwei Jahren mit der U 17 des VfB um den Titel kämpften, dann sieht er eine positive Entwicklung: Timo Werner rückte früh zu den Profis auf, Felix Lohkemper, Francesco Lovric und Timo Baumgartl gehören zur zweiten Mannschaft, Joshua Kimmich ging nach Leipzig – und wurde in der dritten Liga gleich in die Elf des Jahres gewählt.