Zuletzt spielte der VfB in der Liga nicht schön, aber erfolgreich: Bilal El Khannouss (li.) und Chema Andrés bejubeln den Sieg über Heidenheim. Foto: Pressefoto Baumann/Volker Müller
Erstmals seit Januar ist der VfB wieder Vierter. Nun will man weiter punkten, denn für die späten Duelle gegen die Topteams Bayern, BVB oder Leverkusen wäre das eine gute Grundlage.
Es war der 18. Januar diesen Jahres, als für die Profis des VfB Stuttgart die Wintersonne quasi vom Scheitel bis zur Kickstiefelspitze schien. Gerade hatte die Elf von Trainer Sebastian Hoeneß den SC Freiburg mit einem 4:0 vor vollem Haus heimgeschickt – und war damit nach drei Ligaerfolgen in Serie zum Jahresauftakt der Bundesliga auf Rang vier vorgerückt.
Was folgte, war aber ein Absturz sondersgleichen, der die Stuttgarter in einem völlig verkorksten Frühjahr bis auf Rang elf der Tabelle abschmieren ließ. Schuld daran war auch der vereinseigene Negativrekord von sechs (!) verlorenen Heimspielen am Stück. Hätte die Champions League nicht nachgewirkt und es die Hoffnungen auf einen DFB-Pokalsieg nicht gegeben – die Kritik an Mannschaft und Trainer wäre damals heftiger ausgefallen.
Und heute? Da steht der VfB nach sechs Spieltagen erstmals wieder auf dem vierten Platz der Liga; erneut hat man vor dem Gastauftritt am Samstag beim VfL Wolfsburg (15.30 Uhr) drei Bundesligasiege in Serie vorzuweisen – und auch beim Blick in die Zukunft tun sich einige Parallelen auf.
Sieben Partien stehen für den VfB im Block bis zur nächsten Länderspielpause Mitte November an – und es geht in drei englischen Wochen am Stück Schlag auf Schlag. Dabei bietet sich dem Pokalsieger die Chance, sich national vorne in der Tabelle festzubeißen, was auch gut täte. Denn das Restprogramm in der Bundesliga hat es in sich. Die Topteams kommen erst spät.
So geht es in den letzten sieben Partien der Hinserie gegen die vier Erstplatzierten der Vorsaison, nämlich Borussia Dortmund, Bayern München, Bayer Leverkusen und Eintracht Frankfurt. Genau jenes Quartett war im Frühjahr zwischen Spieltag 21 und 27 auch mitverantwortlich für die Talfahrt des VfB. Abgesehen vom 2:1 in Dortmund setzte es nur Niederlagen.
Am Samstag spielt der VfB beim VfL Wolfsburg mit Trainer Paul Simonis. Foto: IMAGO/Noah Wedel
Zunächst warten auf die Hoeneß-Elf nun allerdings lösbare Aufgaben: Mit Ausnahme vom Dritten RB Leipzig, wo der VfB in der Vorsaison mit 3:1 gewann, sind es Team aus dem Tabellenkeller: Wolfsburg ist derzeit 15., Mainz und Augsburg, die nächsten beiden Gegner in der MHP-Arena, liegen auf den Rängen 14 und 16.
Doch auch mit den Fans im Rücken wird es nicht von alleine gehen. So wie zuletzt beim zähen 1:0-Sieg gegen den 1. FC Heidenheim, als es aufgrund des spielerisch müden Vortrags Pfiffe aus der eigenen Kurve gab. Denn fußballerisch ist man beim VfB weit von der Galaform entfernt. „Ich nehme auch wahr, dass bei einigen Beobachtern das Gefühl vorherrscht, dass bei uns noch nicht alles läuft. Das ist kein komplett falscher Eindruck“, analysiert Hoeneß, der allerdings darauf verweist, dass man noch in der Anfangsphase der Saison stehe und es im Sommer „bedeutende Veränderungen im Kader“ gegeben habe. „Deswegen kann noch nicht alles wie geschmiert gehen.“
Tatsächlich wiegt aktuell der Ausfall von Mittelstürmer und Dauerbrenner Ermedin Demirovic schwer, weil der Kader zwar 32 Profis umfasst, aber eben keinen zweiten Torjäger, der obendrein mit dem Rücken zum gegnerischen Tor die Bälle festmachen kann. Ohne echten Neuner muss Hoeneß nun sein komplettes Angriffsspiel überdenken. Das dürfte inmitten der englischen Wochen mit wenig Trainingsarbeit nicht leicht fallen.
„Die Entwicklung der Mannschaft in den vergangenen Wochen war eine sehr gute“, sagt derweil der Sportdirektor Christian Gentner rückblickend. Tatsächlich hat sich der VfB nach dem Holperstart mit Niederlagen bei Union Berlin (1:2) sowie beim SC Freiburg (1:3) schnell stabilisiert. Zuhause hat man noch gar kein Gegentor bekommen. Bisher sind es nur sechs aus sechs Spielen – nur die Bayern und Dortmund sind besser.
Dazu gesellen sich eine im Vergleich zur Vorsaison reifere weil stabilere Spielanlage sowie eine positive Personallage: Bis auf Demirovic und Jamie Leweling, dessen Einsatz nach Adduktorenproblemen in Wolfsburg wackelt, sind alle Spieler fit. Silas ist eine neue Option für die Offensive, Leonidas Stergiou, Dan-Axel Zagadou und Ameen Al-Dakhil für die Abwehr, in welcher Hoeneß unter anderem aus fünf Innenverteidigern das Pärchen seiner Wahl benennen kann.
Legt der VfB jetzt noch an Tempo und Kreativität zu, wobei auch der zuletzt nicht in Topform agierende Mittelfeld-Leader Angelo Stiller gefordert ist, können sich die Stuttgarter bis Mitte November oben in der Tabelle festbeißen. Für die dann folgenden, schweren Duelle gegen die Top Vier wäre das eine gute Ausgangslage.