Ein Tor, eine starke Leistung und der Klassenverbleib – für den Kapitän Christian Gentner hat sich beim VfB Stuttgart mit dem Sieg gegen Werder Bremen nach zwei Jahren ein Kreis geschlossen.

Sport: Carlos Ubina (cu)

Stuttgart - Christian Gentner hat sich erst einmal hingelegt. Flach auf den Rasen. Komplett ausgestreckt. Körperlich ausgepumpt war er, aber auch sehr glücklich und total erleichtert. Denn der VfB Stuttgart hat mit dem 2:0-Sieg über Werder Bremen früher als von vielen gedacht sein großes Saisonziel erreicht. Er wird weiter in der Fußball-Bundesliga spielen, und an der Reaktion des Routiniers lässt sich nicht nur die Besonderheit des Moments erkennen, sondern ebenso die endgültige Bewältigung eines sportlichen Traumas.

 

Es war der 7. Mai 2016, als Gentner sein bislang letztes Bundesliga-Tor erzielt hatte. Wie jetzt gegen Werder war es ein früher Führungstreffer gewesen. Doch der Gegner damals hieß FSV Mainz 05 – und am Ende stand eine Niederlage. Keine normale, da das 1:3 den gefühlten Abstieg bedeutete. Tränen der Enttäuschung flossen beim VfB, und die Wut der Fans brach sich nach dem Abpfiff Bahn: in einem Platzsturm.

Gentner bietet einen Extraschub an Energie

Mit Sicherheit war das ein Tiefpunkt in Gentners Karriere. Mit ihm als Kapitän war der einstige Bundesliga-Tanker aus Stuttgart untergegangen. Eine Saison später ist er mit ihm an der Spitze auch wieder aufgestiegen. „Brutal schwierig war das“, erinnert sich Gentner, „gerade, weil alle Menschen um uns herum es erwartet haben.“ Und nun, nach knapp zwei Jahren, schließt sich ein Kreis für das Eigengewächs.

Aufrecht hatte Gentner seither sein Päckchen getragen: Verantwortung. Dieser hatte sich Gentner immer gestellt und dem Verein die Treue gehalten. Was nicht einfach war für einen Spieler, der es mittlerweile auf 344 Erstligaeinsätze bringt. Dennoch: Klaglos hatte der zweifache deutsche Meister die Aufgabe angenommen, dass die Gegner vorübergehend 1. FC Heidenheim und Erzgebirge Aue hießen – und nicht mehr FC Bayern und Borussia Dortmund.

Nun geht es wieder gegen die große Namen, und es schien fast so, als habe der 32-jährige Gentner noch einmal einen Extraschub an Energie und Emotionen in die Begegnung mit den Bremern gelegt. Nichts sollte mehr anbrennen. „Die 40-Punkte-Marke zu überspringen war für uns als Mannschaft ein enormer Anreiz. Und es spricht für den Charakter des Teams, wie wir es bewerkstelligt haben“, sagt Gentner. Der Mann mit der Karbonmaske erzielte per Kopf das 1:0 (13.). Mit eisernem Willen, großer Zielstrebigkeit und taktischem Geschick setzte er die Partie fort und verkörperte auf diese Weise die Tugenden, die den VfB in den vergangenen Wochen ausgezeichnet hatten. „Das Schönste an der Geschichte ist aber, dass wir uns als Mannschaft entwickelt haben“, sagt Gentner.

Gentner erzielt sein erstes Saisontor

Er selbst hat mit dem ersten Saisontreffer seine starke Leistung gegen Werder unterstrichen: „Ich wollte auch diese Saison nicht ohne eigenes Tor beenden.“ Dass der Mittelfeldspieler diesem Wunsch zuletzt nahe gerückt war, hatte den Trainer Tayfun Korkut dazu veranlasst, Timo Baumgartl nach dem Ausfall von Andreas Beck auf die rechte Abwehrseite zu stellen und nicht seine Allzweckwaffe mit der Nummer 20.

Eine ganze Reihe von Positionen hat Gentner seit Korkuts Amtsantritt begleitet: vom Rechtsverteidiger bis zum Linksaußen sozusagen. Jedoch war immer klar, dass an Gentners Rolle innerhalb der Elf nicht gerüttelt wird. Gentner ist derjenige, der das Sagen hat, und derjenige, der sich auch nicht scheut, den eigenwilligen Holger Badstuber in der Kabine zurechtzuweisen, wenn dieser Gefahr läuft, mit seiner Ich-kann’s-und-ihr-nicht-Attitüde dem Team mehr zu schaden als zu helfen.

Alles schon passiert. Reden würde der Kapitän jedoch nie darüber. Er führt lieber still und differenziert nach innen – als mit lauten Tönen und wilden Gesten nach außen. Vielleicht gibt es in der Gesamtbetrachtung deshalb nicht den besten Gentner aller Zeiten zu sehen, aber sicher den wertvollsten. Dabei kann er sich auf ein Gerüst an erfahrenen Kräften stützen, das stark genug ist, es zu verkraften, wenn einer von ihnen mal schwächelt. Mario Gomez, Ron-Robert Zieler, Holger Badstuber, Dennis Aogo und auch der verletzte Andreas Beck – sie alle gehören einer Gruppe an, die Mentalität und Qualität verbindet. Und sie alle verbieten sich jetzt überschwänglichen Jubel. „Wir genießen den Moment“, sagt Gentner. Aber gefeiert wird der Klassenverbleib nicht – noch nicht.

VfB Stuttgart - Bundesliga

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