Der 20-jährige Christoph Hemlein schwimmt gegen den Strom: Er kommt von der TSG 1899 Hoffenheim - in die zweite Mannschaft des VfB Stuttgart.

Sport: Joachim Klumpp (ump)

Stuttgart - Die A81 von Stuttgart in Richtung Sinsheim ist gut ausgebaut, teilweise sogar sechsspurig. Verkehrstechnisch. Doch im fußballerischen Bereich hat sich die Strecke zuletzt geradezu als Einbahnstraße entpuppt. Ob Marvin Compper, Matthias Jaissle, Boris Vukcevic, Tobias Weis, Andreas Beck, Sebastian Rudy oder Sven Schipplock - sie alle wechselten vom VfB nach Hoffenheim.

 

Wobei die gute Straßenanbindung ebenso wenig ein Argument gewesen sein dürfte wie das schnelle Geld, primär lockte die Perspektive - auf einen Stammplatz. Im Großen und Ganzen haben sich die Hoffnungen durchaus erfüllt. Dennoch schwamm in diesem Sommer einer gegen den Strom: Christoph Hemlein erwies sich - um im Bild zu bleiben - als "Geisterfahrer" und ging von Hoffenheim zum VfB.

Nun muss man dem 20-Jährigen zugutehalten, dass er nicht noch Gefahr läuft, ständig in eine Radarkontrolle zu geraten, denn er ist nicht gleich von null auf 200 durchgestartet. Beim VfB spielt er bis jetzt in der zweiten Mannschaft, dritte Liga also.

"Hier herrschen sehr gute Bedingungen"

Leider ist Anfang der Woche eine kleine Baustelle (Grippe) dazwischengekommen, so dass er mögliche Trainingseinheiten bei den Profis verpasst hat. Die gab es in letzter Zeit schon öfter, genau wie in der kompletten Saisonvorbereitung. "Das zeigt, dass er auf einem guten Weg ist", sagt Jürgen Kramny, sein Trainer bei der Zweiten. Der fördert das Talent, wohl wissend, dass schon die dritte Liga ein weiterer Sprung für ihn gewesen ist.

Schließlich hat Hemlein zuletzt zwei Jahre bei Hoffenheim II gespielt, erst in der Ober- dann in der Regionalliga. Mit Erfolg: 17 Tore in 63 Spielen. Dennoch war die Wertschätzung wohl nicht allzu groß, "jedenfalls hatte ich nach gewissen Gesprächen mit den Verantwortlichen das Gefühl, wechseln zu wollen".

Wobei sogar der Meister Borussia Dortmund seine Fühler ausgestreckt hatte - doch Hemlein entschied sich für den VfB: "Hier herrschen sehr gute Bedingungen, und auch die räumliche Nähe sprach für Stuttgart", sagt der gebürtige Leimener, der acht Jahre lang für Hoffenheim gespielt hat.

"Vor dem Tor muss ich noch ruhiger werden"

Hemlein zeigt keine Hemmungen. "Er ist ein Spieler, der von seinem Einsatz und der Leidenschaft lebt", sagt Kramny - wobei ihm sein Naturell manchmal allerdings auch noch ein wenig zum Verhängnis wird. "Vor dem Tor muss ich noch ruhiger werden", sagt der Stürmer, der vier Saisontreffer erzielt hat - drei davon in den letzten drei Spielen - und somit auch Selbstvertrauen getankt hat.

Zusätzliche Motivation bringen die Trainingseinheiten im Bundesligakader: "Da lernt man jeden Tag, und das kann man dann auch in die zweite Mannschaft mitnehmen." Oder in Testspielen der Profis, wie zuletzt bei der SG Schorndorf, wo Hemlein beim 16:0-Sieg immerhin fünfmal traf.

"Die Tore muss man auch in so einem Spiel erst mal machen", betont Kramny, der so einen Spielertyp in den eigenen Nachwuchsreihen nicht gefunden hat. Und dann greift selbst der für seine Jugendarbeit gerühmte VfB schon mal auf einen externen Spieler zurück, zumal wenn der erst 20 Jahre ist - und in Hoffenheim eine gute Ausbildung durchlaufen hat.

"Die Daumen drücke ich für den VfB."

"Natürlich ist es mein Ziel, in die Bundesliga zu kommen", sagt Hemlein, der eines der Talente ist, die vom VfB bereits mit einem Profivertrag (bis 2014) ausgestattet worden sind. Getreu dem Motto: nicht dass uns da einer von der Fahne springt, und dann auch noch ablösefrei.

Zunächst einmal gilt es für Hemlein aber, sich in der zweiten Mannschaft durchzusetzen. Mit der geht es nach Jena zum Auswärtsspiel am Freitagabend. Das hat den Vorteil, dass er am Samstag wieder in Stuttgart ist.

Rechtzeitig zum Spiel gegen seinen Ex-Club Hoffenheim. Auch wenn er dann nicht auf der Bank, sondern nur auf der Tribüne sitzt - ist für ihn klar: "Die Daumen drücke ich für den VfB."