Souveränes und dominantes Spiel, klare Hierarchie, motivierte Spieler: Beim VfB läuft derzeit vieles richtig. Nach dem 5:0-Sieg beim SV Falkensee-Finkenkrug sieht Trainer Labbadia sein Team deshalb für die Europa League und den Bundesligastart gut gerüstet.

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)

Babelsberg - Der kluge Mann baut vor – das hat auch der fröhliche Frank Rohde erkannt und sich rechtzeitig um ein Ticket fürs Endspiel im nahe gelegenen Berlin bemüht. „Wenn der VfB ins Pokalfinale einzieht, dann will ich eine Karte von euch“, sagte Rohde, der ehemalige Fußballprofi von Hertha BSC und des Hamburger SV, der zu DDR-Zeiten mit dem BFC Dynamo Berlin allein neun Meisterschaften errang und der inzwischen den Sechstligisten SV Falkensee-Finkenkrug trainiert.

 

„Wuschi“, wie sie beim brandenburgischen Pokalsieger Rohde nennen, hatte auch nach der klaren 0:5-(0:2-)Niederlage gegen den VfB Stuttgart durch Tore von Vedad Ibisevic (29.), Martin Harnik (43./54.), Tunay Torun (79.) und Shinji Okazaki (87.) seinen Humor nicht verloren. „Wir sind hier zwar alle ein bisschen fußballverrückt, aber so bekloppt zu glauben, wir könnten den VfB besiegen, sind wir nicht“, das hatte Frank Rhode bereits vor der Partie bei 31 Grad und Sonnenschein gesagt.

Ungleiche Kräfteverhältnisse

Noch nie in der 77-jährigen Geschichte des DFB-Pokals hatte ein Sechstligist einen Erstligavertreter aus dem Pokal gekegelt – und auch der SV Falkensee-Finkenkrug, bei dem der Schlussmann Stefan Demuth zum besten Spieler avancierte, musste die ungleichen Kräfteverhältnisse schnell anerkennen. „Die Effektivität vor dem Tor hätte noch etwas höher sein können. Aber die Jungs haben ihr Spiel konsequent durchgezogen“, sagte der zufriedene VfB-Manager Fredi Bobic nach der Partie vor 7250 Zuschauern im Babelsberger Karl-Liebknecht-Stadion.

Auch wenn es rund eine halbe Stunde dauerte, ehe dem Bundesligisten das erste Tor durch einen Abstauber von Vedad Ibisevic im Anschluss an einen Kopfball von Georg Niedermeier gelang, spielte der VfB dennoch von Beginn an souverän und dominant – und zog zum 17. Mal in Serie in die zweite Hauptrunde des DFB-Pokals ein. Die wird nun am Samstag, 25. August, im Anschluss an den Bundesligaauftakt des VfB gegen den VfL Wolfsburg (Anpfiff 20.45 Uhr) in Stuttgart von Hansi Flick, dem Assistenztrainer der Nationalelf, ausgelost.

Eingespieltes Kollektiv

Mit seinem Auftritt vor den Toren Berlins machte der VfB zudem deutlich, dass er über ein eingespieltes Kollektiv verfügt, indem auch die hierarischen Strukturen klar umrissen sind. Etwa in der Art, dass der Däne William Kvist, der einzige Stammspieler des VfB im Juni bei der EM in Polen und der Ukraine, im Mittelfeld die Führungsrolle innehat. So dürfen die VfB-Fans trotz des schweren Auftaktprogramms mit dem Heimspiel gegen Wolfsburg, dem die Auswärtspartie beim FC Bayern folgt, darauf hoffen, dass die Stuttgarter diesmal anders als in den Jahren zuvor gut aus den Startlöchern kommen. Aber auch der Sechstligist Falkensee-Finkenkrug durfte sich freuen: Mit den 102 000 Euro für das Erreichen des nationalen Pokalwettbewerbs kann der Club die zu Oberligazeiten entstandenen Schulden komplett tilgen.

Auch wenn es am Mittwoch im Play-off-Hinspiel zum Erreichen der Gruppenphase der Europa League (18.15 Uhr, Mercedes-Benz-Arena) mit Dynamo Moskau gegen eine deutlich größere Hausnummer geht, so konnte der VfB-Trainer Bruno Labbadia doch die ein oder andere sportliche Erkenntnis von der ersten Dienstreise der Saison 2012/2013 mitnehmen. „Die Mannschaft hat einen sehr guten Charakter gezeigt, auch wenn mir in der zweiten Halbzeit etwas die Struktur gefehlt hat“, sagte Bruno Labbadia, der auf Zdravko Kuzmanovic (Achillessehnenprobleme) verzichten musste. Maza wurde aufgrund der langen Anreise nach dem Länderspiel mit Mexiko geschont.

Raum für Experimente

„Wir haben heute gezeigt, dass unser Team nicht nur aus elf Spielern besteht, sondern dass wir breiter aufgestellt sind“, sagte Labbadia, dessen Wunschelf allerdings bereits zu stehen scheint. Die bevorzugte Formation weicht dabei lediglich auf zwei Positionen von der Pokal-Startelf ab: So dürfte in der Innenverteidigung Maza im Duell mit Georg Niedermeier leicht die Nase vorne haben, während gegen Moskau auf der linken Außenbahn der an der Hand verletzte Shinji Okazaki den Vorzug vor Ibrahima Traoré erhalten dürfte.

Da die Spieler des SV Falkensee-Finkenkrug im zweiten Durchgang konditionell nachließen, blieb Bruno Labbadia noch ein wenig Raum, um zu experimentieren: So wechselte der Coach Ibisevic und Harnik aus – und ließ Cacau unterstützt von der offensiven Dreierkette Okazaki, Torun, Traoré als Solostürmer ran. Dass sich der ehemalige Nationalstürmer nach seiner Einwechslung in der zweiten Halbzeit mächtig ins Zeug legte, ist ein weiteres Indiz dafür, dass beim VfB derzeit vieles richtig läuft. Das hat auch der gegnerische Trainer Frank Rhode erkannt: „Vom VfB dürfen wir in dieser Saison noch einiges erwarten.“