Der VfB Stuttgart hat für die jungen Spieler Nicolás González, Borna Sosa und Pablo Maffeo viel Geld ausgegeben. Doch wann zahlen sich diese Investitionen in die Zukunft für den Fußball-Bundesligisten aus?

Sport: Carlos Ubina (cu)

Stuttgart - Für die Fans ist es ja immer ein Vabanquespiel, sich vor der Saison festzulegen. Auf einen Namen und die dazugehörige Nummer. Welchen ihrer Lieblinge sollen sie auf ihrem frisch erstandenen Trikot stehen haben? Die 22 von Nicolás González schien da eine gute Wahl. Der Argentinier hatte gleich nach seiner Ankunft beim VfB Stuttgart überzeugt. Unbekümmert, stürmisch, torgefährlich. Viel Potenzial und ein überschaubares Risiko verhieß das – also gingen mehrere Tausend González-Trikots über den Verkaufstisch.

 

Doch nun zeigt sich bereits zum Saisonauftakt, dass der Junge von den Argentinos in Buenos Aires zwar ein begabter Jungprofi ist, aber eben auch ein normales Talent. Seine Entwicklung verläuft nicht so rasend wie vor einem Jahr bei seinem Landsmann Santiago Ascacibar. Sein Spiel unterliegt Schwankungen, wie das der zwei weiteren jungen VfB-Zugängen, die reichlich Geld gekostet haben – Pablo Maffeo und Borna Sosa. „Mit dem Wissen von heute würde ich jede dieser Entscheidungen genau so wieder treffen“, sagt der Manager Michael Reschke.

Trainer Tayfun Korkut ist gefordert

Zehn Millionen, acht Millionen und sechs Millionen – das waren die Transfersummen in Euro, und an sie sind Erwartungen und Hoffnungen geknüpft. Tayfun Korkut verbindet den Preis allerdings nicht mit dem Reifegrad der Nachwuchskräfte. „Das sind alles spannende Spieler“, sagt der Trainer. Sie haben zuletzt auch gezeigt, was sie können. Aber ebenso, was sie noch nicht beherrschen. Sie besser zu machen, ist daher die Traineraufgabe. Doch das braucht Zeit, wie Korkut und Reschke immer wieder betonen.

Der Faktor Geduld wurde zuletzt beim 2:1-Sieg gegen Werder Bremen auch strapaziert. Kurzzeitig, da González nach seiner Einwechslung den bisher extremsten Ausschlag in den Leistungskurven zu verzeichnen hatte. Der 20-Jährige vergab in der Schlussphase reihenweise die besten Chancen und wurde hinterher von seinen Emotionen übermannt. Er weinte.

So sehr hatte sich González seinen ersten Bundesligatreffer gewünscht, dass ihn seine Beine so schnell sie nur konnten, nach vorne getragen hatten. Gleichzeitig wurde für den Angreifer mit jedem Meter, dem er sich seinem Sehnsuchtsort näherte, das Werder-Tor kleiner. Doch die Tränen sind mittlerweile getrocknet. „Das muss man mal erleben. Das gehört zum Leben eines Stürmers dazu, dass der Ball nicht reingeht“, sagt Mario Gomez.

Mario Gomez weiß Rat

Der 33-Jährige hat solche Momente in seiner Karriere schon öfter durchgestanden. Vielleicht sogar so häufig wie kaum ein anderer deutscher Spitzenstürmer. Auch Korkut weiß, dass der Grat zwischen der Selbstverständlichkeit, Tore zu erzielen, und dem Versagen im Strafraum schmal ist. „Wenn man viermal allein vor dem Torwart auftaucht und nicht trifft, dann läuft man nicht mit Selbstbewusstsein vom Platz – gerade als junger, neuer Spieler, als große Hoffnung“, sagt der Trainer.

González vor der nächsten Begegnung am Samstag (15.30 Uhr) bei Hannover 96 zu stärken, ist deshalb die Herausforderung. „Es wird für seinen Reifeprozess wichtig sein, wie er mit dieser schwierigen Situation umgeht“, sagt Reschke. Die erfahrene Rückendeckung durch Publikum und Mannschaft hilft, um nicht zu verzagen. Und seine Nehmerqualitäten sind auch von Vorteil. Ein persönliches Erfolgserlebnis wäre dann natürlich der perfekte Abschluss dieser Lernwoche.

Doch zuvor steht für den Manager noch eine nüchterne Analyse auf dem Stundenplan. „Einen Vorwurf muss ich Nicolás González bei aller Nachsicht für die vergebenen Torchancen machen“, sagt Reschke, „er hat anschließend zu lange gebraucht, um wieder nach hinten zu arbeiten.“ Auch diese Lehre gehört dazu, wie bei Sosa die Erfahrung, die er sich bis zur Partie gegen die Bremer wohl nicht einmal hatte vorstellen können. Sein Einwurf zu Torhüter Ron-Robert Zieler landete im eigenen Tor.

Auf der anderen Seite stehen nach einer gewissen Anlaufzeit nun die ersten Startelfeinsätze. Sein elegant anmutendes Spiel hat Sosa aufblitzen lassen – mit feinem linkem Fuß und guten Flanken, aber noch Defiziten in der Defensive. Dennoch scheint der 20-Jährige Emiliano Insua als Linksverteidiger zu verdrängen. Im Gegensatz zu Maffeo, der auf rechts nicht so leicht an dem soliden Andreas Beck vorbeikommt.

Dabei sah es zunächst genau anders herum aus. Maffeo vor Beck und Sosa hinter Insua. Aber der Kroate hat sich schneller auf die Härten des Bundesliga-Alltags eingestellt als der 21-jährige Spanier, der gegen Werder im Kader fehlte. Prägend können sich all diese Erfahrungen auswirken – und das Trio González, Sosa, Maffeo weiterbringen.