Gegen Borussia Dortmund sitzen bei Anpfiff Spieler mit der Erfahrung von 1206 Bundesliga-Partien auf der Bank. Aus den Führungsfiguren von einst sind beim VfB Stuttgart Edelreservisten geworden.

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)

Stuttgart - Es hat noch in der Winterpause beim Verein für Bewegungsspiele die Idee von einer Mittelachse gegeben, um die sich wie einst bei Tayfun Korkut auch unter dem Trainer Markus Weinzierl so einiges ranken sollte: Der Stürmer Mario Gomez war für dieses Korsett des Teams ebenso dauerhaft eingeplant wie der nach langer Leidenszeit wegen Problemen mit der Achillessehne vermeintlich genesene Spielmacher Daniel Didavi. Fester Bestandteil dieser Achse waren noch im Januar auch der Kapitän Christian Gentner, der Sechser Dennis Aogo – und dahinter der Innenverteidiger Timo Baumgartl.

 

Am vergangenen Samstag allerdings, da saß dieses Quintett im Dortmunder Stadion beim Anpfiff Schulter an Schulter auf der VfB-Reservebank – auch das ewige Versprechen auf eine bessere Zukunft im Sturm, der Angreifer Anastasios Donis, hockte dort. In Summe bedeutete dies die Erfahrung von sage und schreibe 1206 Bundesligaspielen – bei einem aktuellen Marktwert von 33 Millionen Euro.

Der VfB verzichtet freiwillig auf viel Erfahrung

Selten hat man in 56 Jahren Fußball-Bundesliga also ein Team auf dem drittletzten Platz im letzten Saisondrittel erlebt, das freiwillig auf derlei geballte Erfahrung verzichtet. Zumal es ein weiterer Routinier, der Ex-Nationalspieler Holger Badstuber, ja erst gar nicht in den 18-Mann-Kader geschafft hatte. Da ging es dem WM-Dritten von 2010 genauso wie den Kollegen Chadrac Akolo und Erik Thommy, wie Borna Sosa und Pablo Maffeo, die ja einmal die Zukunft auf den Außenverteidiger-Positionen bilden sollten.

Warum aber sind auch aus Gomez, Gentner und Co., den Leitwölfen von einst, nun die Herausforderer von morgen geworden? Schließlich dürfte niemand behaupten, dass es ohne die Routiniers schlechter läuft beim VfB – trotz des 1:3 von Dortmund. „Die Mannschaft macht es gut, sie spielt leidenschaftlich“, sagt Trainer Markus Weinzierl, der an der Stammelf auch im Heimspiel am Samstag gegen 1899 Hoffenheim wenig ändern dürfte.

Mario Gomez (320 BL-Spiele): Der 33-Jährige ist in der Riege der Bankdrücker derjenige, der noch am dichtesten an der ersten Elf dran ist. Inzwischen setzt Weinzierl aber vor allem in Heimpartien auf Mario Gomez. Dies liegt daran, dass der Angreifer mit der Referenz von 169 Bundesliga-Toren, darunter der Treffer zum 1:0 über Hannover (5:1), kein Konterspieler ist. Gut sind noch die Spiele aus der Vorrunde in Erinnerung, als Gomez, der vor allem an Durchsetzungskraft in Eins-zu-eins-Sprintduellen eingebüßt hat, gleich mehrfach allein vor des Gegners Tor gute Möglichkeiten zur Führung ausließ. Auch im Hinspiel in Hoffenheim vergab Gomez frei vor Torhüter Oliver Baumann die Chance zum 1:0. Dann sah Emiliano Insua Rot – und die Partie ging letztlich 0:4 verloren.

Christian Gentner (372 BL-Spiele): Das Debakel von Düsseldorf, als der VfB mit 0:3 beim Aufsteiger unterging, markierte einen Wendepunkt in der Karriere des deutschen Meisters von 2007 und 2009. Seither ist der Spielführer nicht mehr in der Anfangself der Stuttgarter aufgetaucht. Im Spiel gegen Leipzig saß Gentner erstmals seit 2012 bei Anpfiff eines Bundesligaspiels auf der Bank. Eine Partie, die zwar mit 1:3 verloren ging – in der sich allerdings erstmals ein spielerischer Aufwärtstrend bemerkbar machte, der zwar erst vier Punkte eingebracht hat, aber bis heute anhält. Dabei wurde dem Kapitän zum Verhängnis, dass er zwar sehr ballsicher ist, aber zuweilen im Mittelfeld das Tempo verschleppt. Der zielgenaue Steilpass zählt zudem nicht zu Gentners Stärken.

Dennis Aogo (252 BL-Spiele): Der 32-Jährige, der einst von Ex-Manager Michael Reschke aufgrund seiner Erfahrung aus den Stationen Freiburg, HSV, Schalke sowie der Nationalelf geholt wurde, zählt zu den großen Verlierern im Jahr 2019. Von Weinzierl zum Rückrundenstart gegen Mainz (2:3) aufgeboten, enttäuschte auch Aogo und ist seither außen vor. Dies lag auch an einer Wadenverletzung, aber vor allem daran, dass der Sechser zu oft Mitläufer und nur selten eine prägende Figur im Aufbauspiel des VfB gewesen ist.

Daniel Didavi (142 BL-Spiele): Während Timo Baumgartl (84 BL-Spiele) aufgrund der Nachwirkungen seiner Gehirnerschütterung aus der Stammelf fiel, ist Daniel Didavi schon seit Saisonbeginn das gesundheitliche Sorgenkind des VfB. Die Trendwende lässt bei Didavi weiter auf sich warten. Das ist bitter, weil der offensive Mittelfeldmann aufgrund seines Auges, seiner Schusskraft und seines Talents bei Freistößen ein Spieler wäre, der durch eine Einzelleistung eine Partie entscheiden könnte. Dass Didavi zuletzt wegen einer Grippe weiteren Trainingsrückstand aufbaute, macht wenig Hoffnung, dass ihm zeitnah der Umschwung zur Führungskraft gelingt.

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