Der VfB Stuttgart tut sich schwer, einen Innenverteidiger zu verpflichten. Der Sportvorstand Robin Dutt muss sich mit wenig Geld auf einem Mark der begrenzten Möglichkeiten zurecht finden.

Sport: Carlos Ubina (cu)

Belek - Robin Dutt zieht sich gerne mal zurück. Auf dem Trainingsgelände des Nobelhotels Titanic in Belek schlendert er dann um den Platz, um zu sehen, wie der zum Chefcoach beförderte Jürgen Kramny und die Spieler zusammenarbeiten. Als stiller Beobachter tritt der Manager des VfB Stuttgart in diesen Momenten auf. Auch um zu sehen, wie der Fußball-Bundesligist aus einer distanzierteren Perspektive wirkt. Nur sein Mobiltelefon hat Dutt immer griffbereit: Es ist seine Verbindung aus der Türkei nach Deutschland, zu seiner rechten Hand Joachim Cast – dem verlängerten Arm in einen Markt hinein, den der Manager nur zu gut kennt: den Handel mit Innenverteidigern.

 

Seit genau einem Jahr fungiert Dutt jetzt beim VfB als Sportvorstand, und seit genau einem Jahr beschäftigt sich Dutt mit der Verpflichtung eines zentralen Abwehrspielers. Denn schon im Januar 2015 ging es darum, ob die Stuttgarter einen Innenverteidiger holen. Sie entschieden sich für Serey Dié, einen defensiven Mittelfeldmann. Danach war schnell klar, dass Antonio Rüdiger den Verein verlassen würde. Ein paar Monate sowie einige Irrungen und Wirrungen später kam Toni Sunjic als Ersatz für den deutschen Nationalspieler. Und nun muss Dutt schon wieder – oder immer noch – auf diesem Feld agieren.

„Die ganze Branche tut sich schwer, einen geeigneten Innenverteidiger zu finden“, sagt Dutt. Es sei denn, man ist der FC Bayern. Doch schon im Segment darunter wird es kompliziert, ein ordentliches Preis-Leistungsverhältnis zu erzielen. Der Quadratur des Kreises gleicht es, wenn ein Club so wenig Geld zur Verfügung hat wie der VfB – und doch gehobene Ansprüche.

Gestiegene Erwartungen an einen Innenverteidiger

Besser als Georg Niedermeier und Toni Sunjic sollte der Neue schon sein, eine Stütze für den jungen Timo Baumgartl zudem. Das ist die allgemeine Mindestanforderung. Speziell an einen guten Innenverteidiger hat sich das Anforderungsprofil in den vergangenen Jahren aber erweitert: Früher reichten Zweikampf- und Kopfballstärke. Jetzt muss er auch brauchbar im Spielaufbau sein. „Idealerweise ist er noch Linksfuß, schnell und eine Persönlichkeit“, sagt Dutt und schmunzelnd ein wenig.

Doch dem 50-Jährigen ist es durchaus ernst. Drei Kandidaten stehen auf seiner Liste. Einer davon ist Martin Hinteregger, ein 23-jähriger österreichischer Nationalspieler. Allerdings steht Hinteregger noch bei RB Salzburg unter Vertrag und kostet so um die zehn Million Euro an Ablöse. Ein Betrag, den die Stuttgarter momentan nicht aufbringen können. Borussia Mönchengladbach aber schon, weshalb es beim VfB nur eine Resthoffnung gibt.

Kevin Wimmer passt

Auch Kevin Wimmer passt in das schwäbische Beuteschema. Auch er ist ein österreichischer Nationalspieler. Wobei Spieler bei dem 23-Jährigen fast schon ein irreführender Begriff ist. Denn auf einen Premier-League-Einsatz kommt Wimmer seit seinem Wechsel vom 1. FC Köln zu Tottenham Hotspur für sieben Millionen Euro nicht. Gerade das macht ihn so interessant. Theoretisch. Praktisch braucht der englische Tabellenvierte das Geld aus Deutschland nicht. Er hat ja selbst genug davon.

Einen Millionenflop kann sich der VfB nicht leisten

„Die Engländer sammeln zurzeit sehr viele Spieler ein“, weiß Dutt. Und was bei der Fahndung nach Personal Geduld erfordert, da es zum britischen Geschäftsmodell gehört, eine Reihe davon wieder auszuleihen. Nur zwingen kann sie keiner. Für die Stuttgarter ist bei einem Verteidiger der Preisklasse zehn Millionen Euro aufwärts eine Ausleihe aber fast die einzig „realistische Möglichkeit“ (Dutt), um sich in der Abwehr zu verstärken. Denn mit den frisch verpflichteten Kevin Großkreutz (Galatasaray Istanbul/zwei Millionen Euro) und Artem Kravets (Dynamo Kiew/Ausleihe für 500 000 Euro plus Kaufoption) ist der VfB laut seinem Manager finanziell „schon mehr als ins Risiko gegangen.“

Die Suche nach einem Innenverteidiger bleibt somit die Suche nach Sicherheit. Sportlich, weil der Bundesliga-15. in der Vorrunde mit 37 die meisten Gegentore hinnehmen musste. Finanziell, weil sich der VfB einen Millionenflop nicht leisten kann. Als dieser wurde schon Sunjic verschrien. Doch Dutt sieht den Bosnier, der für drei Millionen Euro von Krasnodar geholt wurde, wieder im Kommen. Allerdings will der Manager in diesem Teich nicht mehr angeln. „Da könnte ich sofort zehn Spieler verpflichten, und die würden morgen hier in Belek anreisen“, sagt Dutt, zeigt auf sein Smartphone, wo viele Anfragen und Angebote eingehen – und geht doch lieber auf Distanz zur Durchschnittsware.