VfB Stuttgart Die Ü-30-Fraktion am Scheideweg
Während Mario Gomez bereits angekündigt hat, auch in der zweiten Liga beim VfB bleiben zu wollen, scheint die Zeit für den Kapitän Christian Gentner in Stuttgart abgelaufen.
Während Mario Gomez bereits angekündigt hat, auch in der zweiten Liga beim VfB bleiben zu wollen, scheint die Zeit für den Kapitän Christian Gentner in Stuttgart abgelaufen.
Stuttgart - Der VfB tritt dieser Tage wie bereits 2016 und 1975 den bitteren Gang in die Zweite Fußball-Bundesliga an. Für den sportlichen GAU der Stuttgarter trägt dabei ein vom ehemaligen Manager Michael Reschke zusammengestellter Spielerkader die Hauptverantwortung, der in seiner Mischung aus Jung und Alt überhaupt nicht funktionierte.
Dies lag auch an der Ü-30-Fraktion, die an ihrer Aufgabe scheiterte, dem Stuttgarter Team Halt zu geben und auf dem Platz voranzugehen. Wie geht es nach dem Abstieg nun für die neun Routiniers im VfB-Kader weiter? Allen voran für den Spielführer Christian Gentner, der bereits vor Wochen bekundete, ihm gingen im Verein inzwischen „einige Dinge auf den Sack“.
In den sozialen Netzwerken firmiert er unter dem Namen „legente20“, was mit seiner Rücknummer und dem Umstand zu tun hat, dass Christian Gentner sich mit 377 Bundesliga-, 51 Europapokal-, 36 DFB-Pokal- und 34 Zweitligaspielen, darunter 339 im Dress des VfB, tatsächlich Legenden-Status erworben hat. In der Historie darf sich der deutsche Meister von 2007 und 2009 (mit dem VfL Wolfsburg) schon jetzt in die Liste der großen Vereins-Ikonen am Neckarufer einreihen.
Allerdings sind in der Karriere des Nürtingers seit dem 27. Mai mit der Endstation Alte Försterei in Berlin-Köpenick auch zwei Abstiege notiert. Dabei hat sich im Gegensatz zum Niedergang von 2016 die Sichtweise auf den im August 34 Jahre alt werdenden Spielführer gewandelt. Schließlich war Gentner vor drei Jahren noch der sportliche Eckpfeiler, um den herum man beim VfB ein Team baute.
Dies ist nun anders: Weil Gentner ein sehr verdienter Spieler ist, haben der Sportvorstand Thomas Hitzlsperger und der Kaderplaner Sven Mislintat das Gespräch mit seinem Berater Jürgen Schwab ganz nach oben auf ihre Prioritätenliste gesetzt. Dass Schwab seit Tagen das Telefon meidet, taugt da als schlechtes Omen. Schließlich dürfte der Ausgang des Gesprächs feststehen: Der auslaufende Vertrag mit Gentner wird nicht verlängert.
Klar ist aber auch, dass der Mittelfeldspieler sich noch zu fit fühlt, um seine aktive Karriere zu beenden. Fraglich ist daher nur, ob Gentner ins Ausland wechseln oder bei einem anderen deutschen Club anheuern wird. In ein paar Jahren, das hat Hitzlsperger bereits angedeutet, wolle man Gentner dann gerne in anderer Funktion wieder an den VfB binden.
„Fakt ist, dass ich mich in Stuttgart sehr wohlfühle. Aber es muss von beiden Seiten passen. Wir werden sehen“, sagt derweil Dennis Aogo zu seinen Zukunftsaussichten. Auch der Vertrag des Linksfußes, 32, der aktuell mit der Familie in Dubai Urlaub macht, läuft beim VfB aus. Auch hier geht die Tendenz klar dahin, dass er nicht verlängert wird.
Anders sieht es bei Andreas Beck, 32, aus, dem dritten Stuttgarter Altmeister mit auslaufenden Arbeitspapieren. Durch seine ausgeglichene und verbindende Art abseits des Rasens und seine Fähigkeit, zwar fußballerisch kein Rastelli, aber ein solide abliefernder Rechtsverteidiger zu sein, dürfte es für Beck in Stuttgart weitergehen. Was mit Pablo Maffeo scheiterte, soll nun im zweiten Ablauf klappen: Mit Beck als Back-up soll ein junger Rechtsverteidiger in der Stammelf etabliert werden.
Mit 29 Jahren ist Daniel Didavi zwar noch kein Ü-30-Spieler, zählt aber zum Kreis der erfahrenen Führungsspieler. Als Erster hatte er erklärt, auch im Fall des Abstiegs in Stuttgart bleiben zu wollen. Dem folgte am Tag nach dem Abstieg Mario Gomez, der noch bis Juni 2020 an den VfB gebunden ist – und dessen Berater Uli Ferber erklärte: „In dieser Lage wird Mario den VfB nicht verlassen. Er will mithelfen, den sportlichen Schaden zu reparieren.“
Das will auch Emiliano Insua. „Ich habe im Vorjahr für zwei weitere Jahre beim VfB unterschrieben – und will meinen Vertrag erfüllen“, das sagte der Linksverteidiger bereits nach dem letzten Spiel der regulären Saison auf Schalke (0:0). Weil sich der Argentinier, der mit dem VfB in seine fünfte Saison gehen will, mit seiner Frau und den beiden Söhnen in Stuttgart gut aufgehoben fühlt, geht er wie 2016 mit in die zweite Liga. Er muss sich aber damit anfreunden, wie zuletzt unter Nico Willig nicht zur Stammelf zu zählen. „Es gibt keine Erbhöfe“, sagt Sven Mislintat.
Mit Turban auf dem Kopf, kampfbereit und mit klugen Diagonalpässen war er plötzlich wieder da, der alte Holger Badstuber, der bei Union Berlin zum besten VfB-Spieler avancierte. Allerdings ging diese Saison, die mit kapitalen Böcken im Pokal in Rostock und in der Liga in Mainz begann, für Badstuber komplett in die Hose. „Es ist unser Anspruch, alles so früh wie möglich zu lösen“, sagt Mislintat zu den harten Nüssen bei der Kaderplanung.
Formal ist Badstuber, der einen Vertrag bis 2021 hat, ein Topverdiener – auf dem Platz ist der Linksfuß aber zu langsam. Reicht sein Tempo für die zweite Liga? Dies ist auch bei Gonzalo Castro die zentrale Zukunftsfrage. Sicher würde man dem Duo bei alternativen Angeboten keine Steine in den Weg legen. Derweil ist die Zukunft des Torhüters Ron-Robert Zieler, der mit einem Engagement bei einem Erstligisten liebäugelt, komplett offen.