Der VfB-Trainer Hannes Wolf ist ein Taktiktüftler. Er doktert viel an seiner Aufstellung und der Ausrichtung der Mannschaft herum. Nicht immer mit Erfolg. Gelingt das Puzzle am Montag in Bielefeld?

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)

Stuttgart - Es war einmal ein VfB-Meistertrainer, der regierte Fußball-Stuttgart mit ruhiger Hand. Im Frühling 2007 dachte der bayerische Schwabe Armin Veh ja nicht einmal im Traum daran, allzu große Eingriffe innerhalb seines Mannschaftsgefüges vorzunehmen. Taktisch wurde grundsätzlich im 4-4-2-System mit einer Mittelfeldraute gespielt. Außerdem liefen fast immer dieselben elf Akteure auf. Lediglich als Mario Gomez zum Saisonfinale wieder fit war, da wurde der junge Wunderstürmer eingebaut. So holte der VfB acht Siege am Stück – und sicherte sich seine fünfte deutsche Meisterschaft.

 

Hannes Wolf, als gebürtiger Bochumer ein Kind des Kohlenpotts, ist schon aufgrund seiner Herkunft ein ganz anderes Naturell als der gerne etwas zurückgelehnt agierende Armin Veh. Zudem gehört Wolf einer komplett anderen Trainergeneration an. Und wie deren Vertreter im roten Drehzahlbereich drauf sein können, das gab es am Sonntag im Derby zu begutachten. Da tigerte der Karlsruher Marc-Patrick Meister bei seinem Debüt als Cheftrainer in der Coachingzone umher wie eine gereizte Wildkatze.

Ein Interview mit Hannes Wolf, in dem er Fragen von Fans auf Twitter beantwortet, sehen Sie im Video:

Hannes Wolf ist wie Thomas Tuchel ein Taktiktüftler

Ungefilterte Emotionen, Hingabe pur sind also gefragt unter Trainern im Zeitalter von Power-Pressing und falscher Neun. Längst hat man einst führenden Figuren wie etwa Veh oder Felix Magath den Rang abgelaufen. Als stilprägend erwies sich bei den Neuen, von Mehmet Scholl als „Laptop-Trainer“ diffamiert, vor allem der BVB-Coach Thomas Tuchel. Wie den Guru der Szene, den Liverpooler Jürgen Klopp, hat Hannes Wolf auch Tuchel während seiner Jahre bei Borussia Dortmund hautnah erlebt. Es ist also kein Wunder, dass der 35-Jährige seinerseits ein echter Fußballtüftler ist. Nach dem Willen der Fans soll er der nächste VfB-Meistertrainer werden. In der zweiten Liga zwar, aber immerhin.

Beim Blick auf die taktische und personelle Ausrichtung des VfB kann unter Hannes Wolf von einer ruhigen Hand aber keine Rede mehr sein. „Wir wollen Sicherheit geben, aber auch Neues einfordern“, sagt der Trainer, der stets das letzte Spiel, den nächsten Gegner und die jüngsten Trainingseindrücke in die Betrachtung einfließen lässt. Dann präsentiert er dem Publikum seine maßgeschneiderte VfB-Elf. Der zuweilen „krasse Input“ (O-Ton Wolf) kann mal von großem Erfolg gekrönt sein, wie zuletzt beim 2:0 gegen den KSC, als der Trainer immerhin sein System, diesmal ein 4-2-3-1, im Vergleich zum 1:1 bei den Münchner Löwen unverändert ließ. Mit Berkay Özcan für den verletzten Anto Grgic sowie mit Alexandru Maxim für Julian Green baute er aber zwei belebende Elemente ein. „Es war keine einfache Entscheidung, die Mannschaft so aufzustellen, da sich Julian in guter Verfassung befindet“, erklärte Wolf – und weiter: „Wir wollten in der Spielanlage nicht alles ändern, daher haben wir uns für Berkay entschieden. Er ist robust und ballsicher.“

Ein Zuviel an Veränderungen, garniert mit Rochaden im laufenden Spielbetrieb, kann der Mannschaft aber schaden. Wie beim 0:1 in Fürth, als Hannes Wolf binnen zwölf Minuten von Dreier- auf Viererkette und wieder zurück umstellte. Das rief Kritiker auf den Plan, die der Meinung sind, ein Traditionsclub und Schwergewicht im deutschen Fußball, die Nummer fünf der ewigen Bundesliga-Tabelle, sollte sich mehr auf seine eigenen Stärken konzentrieren, dem Gegner also eher sein eigenes Spiel aufdrücken, als längs der Stammachse Mitch Langerak, Timo Baumgartl, Christian Gentner und Simon Terodde ständig an seiner Startaufstellung herumzudoktern. Sollte es mit dem Unternehmen direkter Wiederaufstieg schiefgehen, dürfte sich an Wolfs Freude an der Flexibilität eine Diskussion entzünden.

Wird die Stärke des VfB überschätzt?

Eine Stammelf jedenfalls, die hat es beim VfB trotz relativ weniger Verletzter nie gegeben. Der Club steht aber aktuell auf Tabellenplatz eins – und wer siegt, der hat recht. Zudem sieht der mutige Konstrukteur Hannes Wolf seine steten Korrekturen an Taktik und Personal als absolut notwendige Feinjustierung an.

Dass die Stärke seiner Mannschaft, des vermeintlichen „FC Bayern der zweiten Liga“, vielleicht deutlich überschätzt wird, das würde der Cheftrainer niemals als Entschuldigung anführen. Doch mit vielen jungen Spielern im Kader und einigen Alten wie dem Kapitän Christian Gentner, die nicht immer ihr Topniveau erreichen, hält Wolf ein maßgerechtes Coaching für zwingend. Also wird der Trainer auch der Auswärtspartie am Ostermontag (20.15 Uhr/Sport 1) beim Drittletzten Arminia Bielefeld seine persönliche Note verleihen. Fraglich ist allein, wie krass der Input diesmal ausfällt.

VfB Stuttgart - 2. Bundesliga

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