Holger Badstuber kehrt für das Spiel des VfB Stuttgart gegen Borussia Dortmund ins Team zurück – und Hannes Wolf muss entscheiden, auf welcher Position in der Abwehr er den Ex-Nationalspieler bringt – keine einfache Frage.

Sport: Carlos Ubina (cu)

Stuttgart - Holger Badstuber hat gut trainiert, wie man so sagt. Er ist entschlossen in die Zweikämpfe gegangen, hat seine genauen Pässe geschlagen und auch alle intensiven Läufe absolviert. Volles Programm eben – und kein Muskel hat gezwickt. Das ist das Beste an der Sache, weshalb der Fußballprofi des VfB Stuttgart an diesem Freitag (20.30 Uhr) gegen Borussia Dortmund wieder dabei sein wird.

 

Doch was heißt da: Wieder dabei sein? Wenn Badstuber sich einsatzbereit meldet, dann spielt er auch – so sieht er das. Das ist sein Selbstverständnis in Stuttgart, wo er einen Vertrag für ein Jahr unterschrieben hat und sehen will, ob sein Körper auf Topniveau wieder mitspielt. Trotz seiner Verletzungshistorie ist Badstuber jedoch nicht der Mann, der sich nach zwei verpassten Bundesligapartien wegen Oberschenkelproblemen zunächst mit einem Platz im Kader begnügt. Er ist auch nicht der Mann, der sich als einer von elf Spielern betrachtet. Er ist vielmehr der Mann, der sich aufgrund seiner Klasse und Erfahrung als Abwehrchef versteht. Und als dieser gibt es für den 28-Jährigen nach eigenem Dafürhalten auch nur eine Position: in der Mitte.

Für Wolf spricht das Ergebnis

Wenn nicht, ist das konfliktträchtig. Wie sich schon gezeigt hat, als der Trainer Hannes Wolf im Heimspiel gegen den 1. FC Köln Mitte Oktober in der Pause die Dreierabwehrkette neu sortierte, um die Gäste-Angriffe besser kontrollieren zu können. Der Rechtsfuß Benjamin Pavard stand plötzlich im Zentrum und der Linksfuß Badstuber musste etwas zur Seite rücken. Ein durchdachter Schachzug, doch der frühere Nationalspieler empfand das als Degradierung und begehrte auf. Er wollte nicht nach links weichen.

Knisternde Spannung erzeugte der Knatsch in der Kabine, weil es zwischen Badstuber und Wolf knirschte, und der Rest der Mannschaft erlebte, wie der junge Trainer mit dem namhaftesten Spieler umging. „Wir haben das auf guter Ebene gelöst“, sagt Wolf. Er verdeutlichte zum einen Badstuber, wer das Sagen hat. Zum anderen wurde aber auch den anderen Spielern klar, wer die taktischen und personellen Richtlinien vorgibt. Badstuber ist es nicht. Und im Nachgang des Disputs kann der Trainer auf das Ergebnis seiner Maßnahme verweisen: „Wir haben in diesem Spiel die Defensive stabilisiert und wir haben gewonnen“, sagt Wolf, der weiter auf Badstuber setzt. Allerdings betont er, dass für ihn keine Mannschaftsposition über einer anderen steht.

Für Badstuber ist es jedoch eine zentrale Frage, wo er aufgestellt wird. Er verbindet damit seinen Führungsanspruch. Er will mit seinem sicheren Stellungsspiel und seiner Übersicht nicht nur Ruhe in der Abwehr ausstrahlen, sondern ebenso seinen Nebenleuten Hilfestellungen geben. So wie er es zu Beginn seiner Profikarriere 2009 beim FC Bayern kennengelernt hat, als ihm Mark van Bommel und Bastian Schweinsteiger den Weg wiesen.

Pavard besticht durch Flexibilität

Emotional kann das werden, da Badstuber seinen Unmut kaum verbergen kann und in einem Umfeld groß geworden ist, wo Revierkämpfe unter den Spielern zur Normalität gehören. So musste sich der junge Badstuber einst in München vom ungeliebten Linksverteidigerposten nach innen kämpfen, von wo er mehr Einfluss auf das Spiel nehmen kann und letztlich auch die Mitspieler an seiner Seite besser macht.

In der Tat profitiert Timo Baumgartl von Badstubers Qualitäten. „Er spielt bislang sehr stabil“, sagt Wolf über den 21-Jährigen, der in der vergangenen Saison als Juniorchef galt und sich jetzt mehr auf das eigene Spiel konzentrieren kann. Noch stärker als Baumgartl präsentiert sich aus der Reihe der vier nominellen Innenverteidiger (Marcin Kaminski ist noch verletzt) aber Benjamin Pavard. Und überaus flexibel ist der Franzose dazu. „Das ist sein großer Vorteil“, sagt Wolf. Ob Dreier- oder Viererkette, ob rechts, Mitte oder ganz woanders – Pavard nimmt jede Rolle an. „Das liegt an seiner Mentalität“, sagt Wolf über den 21-jährigen Defensivallrounder, der in seinen Aktionen jetzt spielerische Eleganz mit robustem Körpereinsatz verbindet.

Gegen den BVB braucht es eine starke Abwehr

In den Kreis der Nationalmannschaft hat das Pavard gehievt. Als WM-Kandidat für die Equipe tricolore wird er gehandelt. Doch einen Anspruch als junger Platzhirsch in der VfB-Abwehr leitet er daraus nicht ab. Das bleibt Badstuber – selbst wenn Wolf vor jeder Begegnung neu darüber nachdenkt, wie er seine hintere Linie ausrichtet. „Eine Dreierkette ist eine Option“, sagt der Trainer vor dem BVB-Spiel, nachdem zuletzt ohne Badstuber zweimal eine Viererkette geknüpft wurde.

Doch unabhängig davon, in welcher Anordnung der VfB auftritt – die Begegnung mit dem BVB wird zur Zerreißprobe für die Defensive. Denn mit 28 erzielten Toren weist das Team von Trainer Peter Bosz immer noch die meisten Treffer in der Liga auf. Trotz Krise. „Die Dortmunder verfügen dabei nicht nur über hohes Tempo in der Offensive, sondern auch über viel technische Qualität“, sagt Wolf. Da wird es einen schnellen Pavard brauchen, einen wachsamen Baumgartl – und einen starken Badstuber, der seine Mitte gefunden hat.