VfB Stuttgart Ermedin Demirovic auf der Suche nach dem Stürmerglück

Verzwickte Sache: „Wenn’s gut läuft, mache ich einen Hattrick“, sagt VfB-Angreifer Ermedin Demirovic, der gleich mehrfach scheitert. Foto: IMAGO/Michael Weber

Er vergibt einen Elfmeter und scheitert zweimal an der Latte. Ermedin Demirovic übernimmt beim VfB nicht zum ersten Mal Verantwortung – hat jetzt aber erst mal mit sich selbst zu tun.

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)

Die erste Aufmunterung kam noch auf dem Platz von Mitspieler Nick Woltemade, mit dem Ermedin Demirovic auch abseits des Platzes ein sehr gutes Verhältnis pflegt: „Du hast heute ein gutes Spiel gemacht – daran sollst du denken, nicht an den verschossenen Elfer“, fand der lange Ex-Bremer nach dem bitteren 2:3 (0:1) gegen Eintracht Frankfurt gleich ermutigende Worte.

 

Doch Demirovic war untröstlich: „Ich habe heute keine schweren Beine – sondern einen schweren Kopf“, sagte der VfB-Stürmer, ehe er aus den Katakomben des Stadions hinaus ins Freie schlich. Tatsächlich war Ermedin Demirovic, der sich nicht nur als Kapitän des FC Augsburg einen Ruf als unermüdlicher Antreiber erarbeitet hat, diesmal die personifizierte, fußballerische Herbstdepression.

Dies hatte damit zu tun, dass gerade im Fall eines Mittelstürmers meist zwei, drei gelungene oder verpatzte Aktionen darüber entscheiden, ob einer hinterher als Depp vom Dienst oder gefeierter Matchwinner dasteht. Ähnliches haben im Fußball nur Torhüter zu durchleben.

„Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Ich fühle nur Leere. Wir haben Chancen über Chancen, bei mir angefangen. Wenn’s gut läuft, mache ich hier einen Hattrick. Es tut unglaublich weh“, sagte der 26-Jährige, der in der 22. Spielminute die Verantwortung übernommen hatte. „Ich hatte davor einige gute Aktionen, darum habe ich den Elfmeter genommen“, klärte Demirovic auf. „Ich werde noch die Nacht über, morgen und übermorgen damit zu kämpfen haben. Es war für mich sehr bitter.“

Nach kurzer Absprache mit Chris Führich und Fabian Rieder hatte sich der 21-Millionen-Euro-Neuzugang das Spielgerät geschnappt, fand aber mit seinem schwach nach links unten geschossenen Foulelfmeter in Eintracht-Keeper Kevin Trapp seinen Meister.

Es war nicht das erste Mal, dass Demirovic in dieser Saison vom Punkt gescheitert ist: Gegen Hoffenheim hatte er im ersten Anlauf gegen Nationaltorhüter Oliver Baumann das Nachsehen, traf aber damals tief in der Nachspielzeit im Nachschuss zum 1:1-Endstand – und war noch einmal davongekommen. Diesmal fehlte das Happy End für den Neuen beim VfB, bei dem von vornherein klar war, dass er nicht allein den mächtigen Schatten des Serhou Guirassy würde füllen können.

Dennoch passte der Auftritt gegen Frankfurt ins Bild, das Ermedin Demirovic bisher beim VfB gezeichnet hat. Als offener, ambitionierter und ehrgeiziger Torjäger tritt er seit Tag eins auf. Der 26-Jährige hat fünf Tore in der Bundesliga und eins im DFB-Pokal erzielt, dazu kommen vier Vorlagen, was in Summe keine schlechte Quote ist. In der Champions League allerdings, seinem großen Traum, ist Demirovic noch kein Treffer gelungen. Hier stand er nur zweimal in der Startelf, spielte nie 90 Minuten durch – und steht in der Hierarchie klar hinter dem VfB-Fixpunkt Deniz Undav.

Nicht nur gegen Frankfurt fiel dem Ex-Augsburger dafür die Rolle des tragischen Helden zu. Am Sonntag sorgte aber bei zwei Latten-Knallern auch Pech dafür, dass der sechste Saisontreffer nicht gelang: In der 18. Minute setzte Demirovic einen anspruchsvollen Kopfball beim Stand von 0:0 aus spitzem Winkel per Bogenlampe auf die Querstange; in der 65. Minute landete ein strammer Rechtsschuss ebenfalls am Gebälk.

„So ist das Leben eines Stürmers, es gibt Höhen und Tiefen. Ich werde hart ackern, so wie immer“, sagte Ermedin Demirovic, ehe er sich in Richtung der Nationalmannschaft verabschiedete. Dort, im Kreise des Teams aus Bosnien-Herzegowina und in einem anderen Umfeld, will der 26-Jährige den Kopf wieder frei bekommen. „Dann geht es beim VfB wieder Schlag auf Schlag“, sagte Demirovic: „Ich bin schon aus schwierigeren Situationen rausgekommen.“

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