Erste Bilanzen gibt es in der Regel nach 100 Tagen im Amt. Der Zähler des neuen Trainers Tim Walter beim VfB Stuttgart steht vor dem Pokalspiel gegen Hansa Rostock genau bei der Hälfte. Doch schon vor dem dritten Pflichtspiel lässt sich sagen: Die Richtung stimmt.

Stuttgart - Tim Walter weiß genau, was er will - und was nicht. Von einer Zwischenbilanz nach 50 Tagen beim VfB Stuttgart hält er nicht so viel. „Wenn man dann ein Jahr irgendwo ist oder ein halbes, dann kann man das eher machen“, sagt der neue VfB-Trainer vor dem dritten Pflichtspiel seiner Amtszeit im DFB-Pokal bei Hansa Rostock am Montagabend (18.30 Uhr/Sky). Doch schon nach dieser kurzen Zeit seit seinem ersten Training, nach knapp zwei Monaten, ist Walters Einfluss auf den Club augenscheinlich und auffällig.

 

Der noch immer stolze VfB Stuttgart mag durch den Abstieg aus der Bundesliga und die turbulente, am Ende peinliche und schließlich abgebrochene Mitgliederversammlung im Juli und dem daraus folgenden Rücktritt von Präsident Wolfgang Dietrich den Eindruck eines Chaos-Clubs gemacht haben. Die wichtigste Mannschaft des Vereins aber, das von Walter betreuten Profi-Team, wirkt so zielgerichtet, optimistisch und fokussiert wie seit Monaten nicht mehr.

Von einem Fluch will Walter nichts wissen

„Wir gehen davon aus, dass wir gewinnen“, sagt der 43-Jährige daher wie selbstverständlich vor der Reise nach Rostock zu einem Gegner, gegen den der VfB alle vier Duelle im DFB-Pokal bislang verloren hat. Von einem Fluch will Walter vor der fünften Partie aber überhaupt nichts wissen. „Gegen Flüche kann man immer angehen, wenn man hart arbeitet“, sagt er. „Wir spielen in der 2. Liga, wo jeder denkt, wir sind der Favorit. Jetzt im Pokal sind wir auch der Favorit. Wir wissen, was auf uns zukommt. Dementsprechend treten wir auf.“

Selbstvertrauen und Ego des Cheftrainers zusammen mit seinen Vorgaben und seiner Idee von Fußball scheinen den Spielern gut zu tun. „Diese Spielweise macht unheimlich viel Spaß“, sagte der neue Kapitän Marc Oliver Kempf schon nach dem Auftaktsieg gegen Hannover 96. Routinier Mario Gomez, der nach seinem Torerfolg und Startelfeinsatz am ersten Spieltag beim 2:2 gegen Heidenheim am vergangenen Wochenende geschont wurde, hat ebenfalls Lust auf diesen Ansatz: „Das Heft des Handelns in der Hand zu haben, Fußball zu spielen und nicht dem Ball hinterherzulaufen, macht einfach wahnsinnig Bock.“

Gomez ist gegen Rostock wieder eine Option

Gegen Rostock ist Gomez wieder eine Option, seit Mittwoch trainiert der Stürmer wieder voll mit der Mannschaft. Auch Philipp Klement sei auf dem Weg der Besserung und dabei, sagt Walter. Bis auf die beiden Knie-Patienten Marcin Kaminski und Sasa Kalajdzic hat er im Ostseestadion die volle Auswahl. Ob Nathaniel Phillips nach nicht mal einer ganzen Trainingswoche direkt einen Platz im Kader bekommt, ist offen - denn der Neuzugang vom FC Liverpool hatte bislang am wenigsten Zeit, sich mit dem System Walters vertraut zu machen.

Und das ist, gerade für Innenverteidiger, durchaus ungewöhnlich - macht aber dem Augenschein nach Spaß und hat gegen Hannover (3:1) und Heidenheim (2:2) über längere Phasen schon recht gut funktioniert. Für eine Bilanz aber ist es zwar zu früh, befindet Walter. Die Richtung unter ihm, die stimmt allerdings.