Es ist also wirklich so gekommen. Seit Wochen, wenn nicht Monaten, sprechen alle im weiß-roten Frauen-Lager davon, dass noch nichts entschieden sei. Dass alles auf ein entscheidendes Endspiel am letzten Spieltag hinauslaufe. Jetzt steht es vor der Tür. An diesem Sonntag (14 Uhr) geht es für die VfB Stuttgart Frauen beim SC Sand II um alles. Zwei Punkte Vorsprung haben die Stuttgarterinnen vor der Truppe aus der Ortenau, dazu das um 20 Tore bessere Trefferverhältnis. Ein Punkt reicht dem Team von Heiko Gerber also. Mit einem Auswärtssieg wäre an dem ersehnten Aufstieg in die Regionalliga, die dritthöchste Spielklasse Deutschlands, ohnehin nichts zu rütteln.
Doch allzu locker nimmt man die Lage im Lager der Cannstatterinnen nicht. Zu groß ist der Respekt vor Sand. Die mit weit geringeren Mitteln als der VfB das Maximale herausholen, wie es hinter vorgehaltener Hand beim VfB heißt – und sich seit Wochen keine Blöße geben. Beispiel gefällig? Die letzte Niederlage der Damen aus dem Ortenaukreis datiert vom 26. November (0:1 gegen den VfB), seither reiht die Truppe Sieg an Sieg. Bei den vergangenen fünf Siegen (Torverhältnis 14:0) ließ man nicht einmal mehr einen Treffer zu.
„Sand ist gut, sie machen einen ordentlichen Job. Wir werden eine gute Tagesform brauchen, das ist uns allen klar“, blickt Erfolgstrainer Heiko Gerber auf die Partie voraus. Allerdings nicht ohne mit einer gewissen Portion Selbstbewusstsein nachzuschieben: „Wenn wir unsere Qualitäten auf den Platz bringen und an unsere eigenen Stärken glauben, sehe ich die Favoritenrolle klar verteilt.“ Ohnehin versucht man beim VfB, ganz bei sich zu bleiben. Den Rummel um das Saisonfinale – es wird eine Rekordkulisse erwartet, das Spiel wird live im Stream zu sehen sein – so gut es geht von sich fernzuhalten. Konzentration auf das Wesentliche lautet die Devise, wenngleich alles auf das große Saisonfinale hin fiebert.
„Wir sind sehr klar in den Köpfen, das ist schon die ganze Spielzeit über zu bemerken“, bilanziert Gerber. „Druck verspüren wir nicht allzu sehr, versuchen eher, ihn von uns fernzuhalten. Natürlich wissen wir aber auch, um was es geht, und wollen diese bislang perfekte Saison gut zu Ende bringen.“ Eine Unkonzentriertheit – und der große Traum könnte platzen. Zumal man nicht weiß, ob Sand nicht noch kurzfristig Verstärkung von oben dazu holt, schließlich spielt die erste Mannschaft von Sand da, wo der VfB perspektivisch hinmöchte – in Liga zwei. Dort ist die Saison beendet. Am vergangenen Sonntag feierte Sand einen 5:4-Sieg gegen Weinberg, schloss so auf Tabellenplatz sechs ab.
Die VfB-Frauen und der Faktor Islacker
Doch wie es auch kommt, Gerber sieht seine Mannschaft gerüstet. „Wir sind sehr stabil. Alle haben verstanden, um was es hier geht“, sagt er und berichtet von „einem Schritt nach vorn“, den man gemeinsam in den vergangenen Monaten gemacht habe. Und Gerber weiß auch, dass er einen X-Faktor in seiner Truppe hat. Wobei man besser wohl von einem I-Faktor sprechen sollte. Mandy Islacker. Olympia-Siegerin. Champions-League-Siegerin. Bundesliga-Torschützenkönigin 2016 und 207. Mit 35 Jahren die Routinierte im Kader, aber immer noch treffsicher. Seit dem Winter beim VfB, legte sie bisher in zehn Liga-Auftritten zwölf Treffer und drei Vorlagen auf. Genau deswegen hat man sie geholt.
„Sie hat uns noch einmal auf eine andere Stufe gehoben und ist immer in der Lage, das Spiel für uns in die richtige Richtung zu lenken“, lobt Gerber und hebt insbesondere den Charakter der Angreiferin hervor. „Völlig frei von Allüren, eine echte Teamplayerin“ sei Islacker, so der Coach. Allein ihre schiere Präsenz schüre Vertrauen in die eigene Leistungsfähigkeit. „Das Wissen um ihre Qualität lässt uns als Team beruhigter in die Spiele gehen“, sagt Gerber.
Noch einmal müssen nun alle ihr Bestes geben, dann ist der Titel und damit verbunden die Rückkehr in die Regionalliga perfekt. Zur Belohnung steht ein Ballermann-Kurztrip an, ehe man sich in den Urlaub verabschieden und sich dann dem Kader widmen wird. Klar ist, dass sich der „verändern wird, aber es wird kein Komplettumbau geben“, so Gerber. Man habe „genügend Potenzial in der Truppe, das hat man zuletzt im WFV-Pokalfinale gesehen.“ Klare Voraussetzung für potenzielle Zugänge sei daher, „dass wenn jemand zu uns kommt, uns auch als Team verbessern muss.“